TE Vwgh Beschluss 2019/5/27 Ra 2018/14/0292

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Veröffentlicht am 27.05.2019
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E19103010
001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
AVG §69 Abs1 Z2
EURallg
VwRallg
32004L0083 IntSchutz Staatenlose Flüchtlinge RL Art2 litg

Betreff

? Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y in Z, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2018, W107 2195136-1/13E, betreffend Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 3. Juni 2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass die Cousins seiner Frau die Hochzeitsfeier gestört hätten, weil ein Cousin seiner Frau diese selbst habe heiraten wollen und der Revisionswerber dabei bedroht und geschlagen worden sei.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag mit Bescheid vom 26. Jänner 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

Mit Erkenntnis vom 18. April 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - soweit ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt wurde, ab (Spruchpunkt A.I.), erkannte dem Revisionswerber allerdings den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt A.II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt A.III.). Die Revision erklärte das BVwG nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 2017, Ra 2017/19/0190, wurden die Spruchpunkte A.II. und A.III. des Erkenntnisses aufgrund der dagegen erhobenen außerordentlichen Amtsrevision aufgehoben.

4 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Jänner 2018 wurde die Beschwerde vom 11. Februar 2016 - im zweiten Rechtsgang - gemäß §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen. 5 In weiterer Folge verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mandatsbescheid vom 28. März 2018 über den Revisionswerber die Schubhaft.

6 Am 30. April 2018 stellte der Revisionswerber aus dem Stand der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er sich für das Christentum interessiere. Seine afghanischen Mitinsassen hätten dies mitbekommen und ihn damit bedroht, dass sie ihn in Afghanistan bei den Mullahs und der Polizei verraten würden. Er wolle zum Christentum konvertieren und würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan vom Cousin seiner Frau getötet werden. Des Weiteren würde er vom IS und den Taliban verfolgt.

7 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hob mit am 14. Mai 2018 mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz auf. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass die nunmehr vorgebrachten Gründe, weshalb der Revisionswerber nicht in sein Herkunftsland zurückkehren wolle, im Wesentlichen ident mit jenen sei, die im vorangegangenen Vorverfahren behandelt worden seien. Der für die Entscheidung wesentliche und maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des ersten Verfahrens nicht geändert. Daher werde voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrages erfolgen. 8 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss vom 5. Juni 2018 erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gestützt auf § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG für rechtmäßig. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

9 Das Bundesverwaltungsgericht ging - soweit hier maßgeblich - davon aus, dass der Revisionswerber den Folgeantrag mit den bereits im ersten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen begründet habe. Im Weiteren habe er sich darauf bezogen, sich nunmehr für das Christentum zu "interessieren" und konvertieren zu wollen. Eine tatsächliche Konversion zum Christentum durch den Revisionswerber sei bisher nicht erfolgt. Daraus sei abzuleiten, dass im Zeitraum nach Erlassung der rechtskräftigen negativen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente mehr hinzugetreten sein können, zumal der Revisionswerber das Interesse am christlichen Glauben bereits vor Erlassung des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes im ersten Asylverfahren bekundet habe, aber eine tatsächliche Konversion bis dato nicht erfolgt sei. 10 Rechtlich folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass das Fluchtvorbringen, wie die angebliche Angst vor den Taliban wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seines Interesses am christlichen Glauben sowie die Angst vor seinen Cousins, im Kern gleich geblieben sei. Es liege voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG vor.

Die Erhebung einer Revision erklärte das BVwG nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

11 Mit Beschluss vom 10. Oktober 2018, E 2513/2018-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom 6. November 2018, E 2513/2018-10, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. 12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschluss der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 15 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision unter anderem vor, das Bundesverwaltungsgericht bejahe die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes mit der Begründung, dass der Revisionswerber das Interesse am christlichen Glauben bereits vor Erlassung des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts im ersten Asylverfahren bekundet habe und bis dato keine tatsächliche Konversion erfolgt sei. Hierbei verkenne das Bundesverwaltungsgericht seinen Prüfungsmaßstab. Die Frage, ob eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten sei, sei auf den Zeitraum seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Asylrelevanz des ersten vom Revisionswerber gestellten Antrages auf internationalen Schutz vom 18. April 2017 und nicht - wie offenbar erfolgt - bezogen auf den Zeitraum seit Ergehen der (nur mehr) die Zuerkennung bzw. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen behandelnden Entscheidung vom 16. Jänner 2018 zu beurteilen gewesen. Es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, auf welche Entscheidung bei der nach §12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 vorzunehmenden Beurteilung abzustellen sei, wenn die Entscheidungen über den Antrag in Bezug auf die Abweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten ergangen sind.

16 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/14/0222, mwN). 17 Mit dem durch das AsylG 2005 aus dem Gemeinschaftsrecht übernommenen "Antrag auf internationalen Schutz" erfuhr die Rechtslage insofern eine Änderung, als nun der Antrag des Asylwerbers nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Asylantrag), sondern hilfsweise für den Fall der "Nichtzuerkennung" dieses Status auch auf die Gewährung des subsidiären Schutzstatus gerichtet ist. Dem Asylwerber kommt also nach dem AsylG 2005 ein Antragsrecht in Bezug auf den subsidiären Schutz zu, das diesbezügliche Begehren ist in seinem Antrag auf internationalen Schutz mitenthalten. Ein gesonderter Antrag auf subsidiären Schutz ist im Gesetz hingegen nicht vorgesehen (vgl. VwGH 23.1.2019, Ro 2018/20/0002, mwN). 18 Gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

19 Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. zuletzt VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0066, mwN).

20 Behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010, mwN). 21 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0213, mwN).

22 Die Revision bringt vor, dass die Hinwendung zum Christentum und die Abkehr vom Islam seitens des Revisionswerbers Ende 2017 eingesetzt hätten. Da es sich um ein asylrelevantes Vorbringen handle, sei bei der Beurteilung einer entscheidungswesentlichen Änderung auf den Zeitraum seit der Entscheidung vom 18. April 2017 abzustellen und nicht auf den Zeitraum seit der Entscheidung über die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz vom 16. Jänner 2018.

23 Von der Lösung der damit aufgeworfenen Rechtsfrage, auf welchen Zeitpunkt einer Sachverhaltsänderung bei zeitlich auseinanderfallenden Entscheidungen über den Antrag auf internationalen Schutz betreffend den Status des Asylberechtigen einerseits und den Status des subsidiär Schutzberechtigten andererseits abzustellen ist, hängt das Schicksal der vorliegenden Revision jedoch im gegenständlichen Fall nicht ab.

24 Die vom Revisionswerber behauptete Sachverhaltsänderung stellt offenkundig auf Aktivitäten ab, die erst nach Rechtskraft des Erkenntnisses vom 18. April 2017, womit der Flüchtlingsstatus nicht zuerkannt wurde, gesetzt wurden.

25 Damit macht der Revisionswerber im Wesentlichen einen (subjektiven) Nachfluchtgrund im Sinn des § 3 Abs. 2 AsylG 2005 geltend.

26 Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind. 27 Eine Darlegung, aus welchen Gründen hier ein zur Gewährung von Asyl führender subjektiver Nachfluchtgrund im Hinblick auf § 3 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005 anzunehmen sei, und sich dadurch überhaupt erst die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt hinsichtlich der Sachverhaltsänderung stellt, enthält die Revision nicht. Somit kommt es fallbezogen auf den in der Revision thematisierten zu berücksichtigenden Zeitraum nicht an, so dass das Schicksal der gegenständlichen Revision von der angeführten Rechtsfrage nicht abhängt.

28 Weiters macht die Revision geltend, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, ob das zwischen dem Revisionswerber und der ihm gemäß § 52 BFA-VG zugewiesenen Rechtsberatungsorganisation eingegangene, zwischenzeitig aber aufgelöste Vollmachtsverhältnis durch die Bestimmung des § 42 Abs. 3 VwGG ohne Zutun dieser beiden Vertragsparteien wieder aufleben könne. In dem an die Rechtsberatungsorganisation gerichteten Vollmachtsformular finde sich der Passus, die Vollmacht erlösche mit der Übermittlung des das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beendenden Erkenntnisses oder Beschlusses. Trotzdem sei das Erkenntnis vom 16. Jänner 2018 dem Verein Menschenrechte Österreichs zugestellt worden. Im Fall der Verneinung der Wirksamkeit der Zustellung dieses Erkenntnis mangels aufrechtem Vollmachtsverhältnis sei dem Revisionswerber gegenüber keine Rückkehrentscheidung erlassen worden und damit die in § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 genannte Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nicht gegeben.

29 Mit diesem Vorbringen wird allerdings keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Dem Revisionswerber wurde infolge Verfahrensanordnung vom 27. Jänner 2016 gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt. Am 13. Februar 2017 erteilte der Revisionswerber diesem Verein eine Vollmacht zur Vertretung seiner Person in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG trat durch die Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung dieses Erkenntnisses befunden hatte. Das Beschwerdeverfahren war in Ansehung des aufgehobenen Abspruches über den subsidiären Schutz daher wieder anhängig; der Revisionswerber war in diesem Verfahren entsprechend der bekannt gegebenen Vollmacht nach wie vor durch den Verein Menschenrechte Österreich vertreten (vgl. dazu VwGH 16.11.2005, 2005/12/0229; 20.5.2008, 2007/12/0119). Aus dem oben erwähnten in der Vollmacht enthaltenen Passus geht demgegenüber nicht hervor, dass das Vollmachtsverhältnis für eine solche Konstellation nicht mehr hätte wirksam sein sollen.

30 Wenn sich der Revisionswerber auf ein "mittlerweile zur Auflösung gebrachtes Vollmachtsverhältnis" beruft, sind ihm die - unbekämpft gebliebenen - Ausführungen im angefochtenen Beschluss entgegenzuhalten, wonach der Revisionswerber die Caritas der Erzdiözese Wien am 17. Juli 2017 lediglich "zur Einsichtnahme in den Akt und Anfertigung von dessen Abschriften betreffend

sämtliche Verfahren vor dem BFA, sowie dem BVwG, ... und dem VwGH

als auch zur Einholung von Auskünften aller Art ..."

bevollmächtigt hat. Eine Vertretungsvollmacht ist daraus nicht ableitbar.

31 Sohin zeigt der Revisionswerber mit seinen Ausführungen nicht auf, dass die Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. August 2018 unwirksam gewesen und deshalb keine Rückkehrentscheidung erlassen worden wäre. 32 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 2019

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140292.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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