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L92003 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung NiederösterreichNorm
AVG §39 Abs2Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung in 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 8. Mai 2018, Zl. LVwG-AV-621/001-2017, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt St. Pölten; mitbeteiligte Parteien: 1. E M, 2. O T und 3. T T, alle in S),
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes 1.I. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde einer von B.T. und den mitbeteiligten Parteien erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2017 stattgegeben und wurden B.T. unter Spruchpunkt 1.I. - unter Zugrundelegung der Feststellung, dass dieser am 10. Oktober 2017 verstorben sei - vom 1. Mai 2017 bis zum 10. Oktober 2017 Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zugesprochen.
2 Unter den weiteren Spruchpunkten 1.II. bis III. wurden den mitbeteiligten Parteien jeweils Mindestsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 zuerkannt. 3 Die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Verwaltungsgericht nicht zu (Spruchpunkt 2.).
4 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, gemäß § 34 NÖ Mindestsicherungsgesetz erhobene Revision der Niederösterreichischen Landesregierung, die das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.
5 Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
6 1. Die Revision bringt bereits in ihren Zulässigkeitsausführungen vor, das Verwaltungsgericht sei, indem es über den Antrag des B.T. abgesprochen habe, obwohl dieser bereits im Oktober 2017 verstorben sei, von der hg. Rechtsprechung abgewichen, wonach der Anspruch auf Sozialhilfe als höchstpersönliches Recht mit dem Tod untergehe (Hinweis auf VwGH 28.2.2005, 2002/10/0218, sowie 9.8.2006, 2006/10/0033). 7 2. Die Revision ist - mit Blick auf diese, nur Spruchpunkt 1.I. des angefochtenen Erkenntnisses betreffende Zulässigkeitsbegründung - zulässig. Sie ist auch begründet. 8 3.1. Wie sich aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ergibt, ist B.T. im Oktober 2017 - sohin vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses (im Mai 2018) - verstorben.
9 3.2. Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VwGH 27.2.2019, Ro 2017/10/0032, mwN).
10 Bei dem von B.T. mit dem verfahrenseinleitenden Antrag geltend gemachten Recht auf Gewährung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht (vgl. dazu die auf den vorliegenden Fall übertragbare, in Zusammenhang mit Sozialhilfeleistungen ergangene hg. Rechtsprechung, etwa das bereits erwähnte Erkenntnis Ro 2017/10/0032, weiters VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189 und 9.8.2006, 2006/10/0033, jeweils mwN). In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet eine Rechtsnachfolge nicht statt, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. nochmals VwGH Ro 2017/10/0032 sowie VwGH 2013/10/0189, mwN; weiters den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ro 2019/10/0012).
11 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können (vgl. VwGH 27.7.2017, Ra 2017/07/0014, mwN, sowie darauf verweisend wiederum VwGH Ro 2017/10/0032).
12 3.3. Demnach kam infolge des Todes von B.T. während des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ein Zuspruch von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung an diesen nicht mehr in Betracht. Vielmehr wäre das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einzustellen gewesen.
13 4. Spruchpunkt 1.I. des angefochtenen Erkenntnisses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
14 Hinsichtlich der weiteren - von Spruchpunkt 1.I. trennbaren - Spruchpunkte wirft die Revision, die sich gegen das angefochtene Erkenntnis "zur Gänze" richtet, keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Die Revision war daher insoweit nach § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. Mai 2019
Schlagworte
AllgemeinHandlungsfähigkeit ProzeßfähigkeitIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Rechtsfähigkeit ParteifähigkeitVerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100117.L00Im RIS seit
26.07.2019Zuletzt aktualisiert am
26.07.2019