Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §45 Abs2Betreff
?
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des V in K, vertreten durch die Appiano & Kramer Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Bösendorferstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 9. April 2019, Zl. LVwG-S-165/001-2019, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der daf??r in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Der Revisionswerber wurde wegen Verweigerung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt bestraft. 5 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung deswegen ein Abweichen von der Rechtsprechung zur Frage des Vorliegens eines gültigen Messergebnisses sieht, weil beim letzten Blasversuch gar kein Messergebnis erzielt wurde, ist er auf den festgestellten Sachverhalt, von dem der Verwaltungsgerichtshof auszugehen hat (§ 41 VwGG), zu verweisen, nach dem der Revisionswerber beim letzten Blasversuch überhaupt keine Beatmung vorgenommen hat. Dass es dabei zu keinem Messergebnis kommen kann, liegt auf der Hand und steht auch in keinem Widerspruch zu der vom Revisionswerber zitierten Judikatur.
6 Mit seinen weiteren Ausführungen zur "Zweifelsregel/in dubio pro reo" wendet sich der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
7 Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, dass der in der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht unterliegt. § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012). 8 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (VwGH 21.3.2018, Ra 2018/02/0063, mwN). 9 Solche Umstände hat der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat in Abwägung der Beweisergebnisse die Feststellungen schlüssig begründet.
10 Schließlich sieht der Revisionswerber tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt, wenn - zusammengefasst - Beweisanträge unerledigt gelassen worden sind (Einholung eines Sachverständigengutachtens offenbar zur Frage der Ergebnislosigkeit des letzten Blasversuches) und den Beamten mehr Glauben geschenkt wurde.
11 Zu Ersterem ist der Revisionswerber auf die unbekämpft gebliebene Feststellung über das Unterlassen einer Beatmung beim letzten Blasversuch zu verweisen, zu Letzterem auf die Ausführungen zur Schlüssigkeit der Beweiswürdigung. 12 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020111.L00Im RIS seit
10.07.2019Zuletzt aktualisiert am
10.07.2019