Entscheidungsdatum
07.02.2019Norm
AVG §19Spruch
I411 2174106-1
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, gegen den Ladungsbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA bzw. die belangte Behörde) vom 21.08.2017 wurde dieser Asylantrag als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und ist dieses unter der GZ. XXXX noch anhängig.
2. Der Beschwerdeführer wurde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 13.09.2017 gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG zum Zweck der Identitätsprüfung für den 22.09.2017 vorgeladen. Als Gegenstand der Amtshandlung wurde die "notwendige Handlung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments angeführt". Einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs 2 VwGVG aberkannt. Der Bescheid wurde am 18.09.2017 zugestellt.
3. Der Beschwerdeführer leistete dem Ladungsbescheid Folge und erschien termingerecht am 22.09.2017 in den Räumlichkeiten des BFA, Regionaldirektion XXXX, XXXX. Der Beschwerdeführer wurde von der Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde als Staatsangehöriger von Nigeria identifiziert; der Konsul will das Ergebnis der Beschwerde abwarten.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 04.10.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am 06.10.2017), womit er Verfahrensfehler, unrichtige rechtliche Beurteilung und Verfassungswidrigkeit monierte. Begründend führte er an, dass der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des BFA vom 21.08.2017 die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden sei, er hiergegen mit Schriftsatz vom 30.08.2017 Beschwerde erhoben habe, weshalb sein Verfahren nach wie vor aufrecht sei und daher keine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliege und eine Abschiebung weder durchsetzbar noch durchführbar sei. Der Beschwerdeführer sei aufgrund des angefochtenen Ladungsbescheides vom 13.09.2017 am 22.09.2017 der nigerianischen Botschaft vorgeführt bzw von ihr befragt worden und bestehen massive rechtliche Bedenken gegen diese Vorgangsweise, da sich der Beschwerdeführer noch in einem offenen Asylverfahren befindet und es keine gesetzliche Grundlage für diese Vorgangsweise gebe. Die im Ladungsbescheid genannte Rechtsgrundlage, nämlich § 46 Abs 2a FPG, demnach das BFA berechtigt sei, eine Person vorzuladen, sei an das Vorliegen einer zulässigen Abschiebung gebunden. Da der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des BFA vom 21.08.2017 erhoben habe und dieser die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden sei, befinde sich der Beschwerdeführer demnach nach wie vor im offenen Asylverfahren. So stehe es außer Frage, dass die Bestimmung des § 46 Abs 2a FPG für ihn überhaupt Anwendung finden könne. Diese Bestimmung könne nur für Asylwerber gelten, deren Verfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Es werde sohin beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Ladungsbescheid aufheben; feststellen, dass die Praxis des BFA, Asylwerber im laufenden Verfahren zum Zwecke der Erlangung eines Ersatzreisedokuments vorzuführen, rechtswidrig sei und die ordentliche Revision zulassen.
4. Mit Schriftsatz vom 18.10.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.10.2017, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Mit dem hier angefochtenen - ausdrücklich als solchen betitelten - Ladungsbescheid vom 13.09.2017 wird der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG aufgefordert, am 22.09.2017 um 09:15 Uhr in die Regionaldirektion Wien, Haupteingang Hernalser Gürtel 6-12,
3. Stock, 1080 Wien, zu kommen, um an notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes persönlich mitzuwirken. Es seien der Ladungsbescheid und im Besitz Beschwerdeführers befindliche relevante Dokumente ("Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente") mitzubringen. Sollte der Beschwerdeführer diesem Auftrag "ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe)" nicht Folge leisten, wird ihr die Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angedroht. Schließlich wird die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
2. Dieser Bescheid wurde am 18.09.2017 zugestellt.
3. Der Beschwerdeführer leistete dieser Ladung Folge und fand sich am 22.09.2017 im BFA Regionaldirektion Wien, Hernalser Gürtel 6-12, 108 Wien ein.
4. Mit Schriftsatz vom 04.10.2017, welcher am 06.10.2017 beim Bundesamt per Post einlangte, erhob der durch die Diakonie rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer die hierzu erledigende Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.1.1. Rechtslage
§ 19 AVG, BGBl. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
"Ladungen
§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung."
§ 46 FPG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 145/2017, lautet auszugsweise:
"Abschiebung
§ 46
[...]
(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
[...]"
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Zu den Prozessvoraussetzungen für Parteibeschwerden gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG gehört auch das Rechtschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei (siehe Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG [Stand 15.2.2017] Rz 19 ff sowie insb VwSlg 19245 A/2015). Es besteht bei Parteibeschwerden nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG im objektiven Interesse der beschwerdeführenden Partei an einer Beseitigung des angefochtenen Bescheides. Dieses Interesse ist immer dann zu verneinen, wenn es auf Grund der (wenn auch geänderten) Umstände für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei keinen Unterschied (mehr) macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für die beschwerdeführende Partei keinen objektiven Nutzen hat, sodass die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. zu solchen Konstellationen etwa VwGH 21.12.2017, Zl. Ra 2017/21/0235 sowie 22.04.2015, Zl. Ra 2014/12/0023).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt das Rechtschutzinteresse beschwerdeführender Parteien an der Beseitigung von Ladungsbescheiden weg, sofern die für den Fall ihrer Nichtbefolgung angedrohten Zwangsfolgen nicht mehr verhängt werden können. Angedrohte Zwangsfolgen können insbesondere dann nicht mehr werden, wenn die beschwerdeführende Partei der bescheidmäßig auferlegten Ladungsverpflichtung Folge geleistet hat. Wird der Ladung Folge geleistet, entfällt daher das Rechtschutzinteresse an der Beseitigung des Bescheides (siehe etwa VwGH 20.03.2012, Zl. 2012/21/0016; 19.03.2013, Zl. 2012/21/0257).
Im gegenständlichen Fall liegt daher auch kein Rechtschutzinteresse des Beschwerdeführes an der Beseitigung des hier angefochtenen Bescheides mehr vor: Erleistete der Ladung zur am 22.09.2017 Folge, sodass es seither ausscheidet, die angedrohte Festnahme des Beschwerdeführers wegen Nichtbefolgung der Ladung zu verhängen. Folglich ist das Rechtschutzinteresse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Ladungsbescheids am 22.09.2017 weggefallen. Es war schon nicht mehr vorhanden, als die hier zu erledigende Beschwerde am 04.10.2017 erhoben wurde. Deswegen ist die Beschwerde mangels Rechtschutzinteresses des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Die Abhaltung einer - nicht beantragten - mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen ist. Zudem war der zur Zurückweisung führende Umstand, dass der Beschwerdeführer der im angefochtenen Bescheid auferlegten Ladung Folge leistete, auf Grund der Aktenlage als zweifelsfrei gegeben anzusehen, sodass auch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung insoweit keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Identitätsfeststellung, Ladungsbescheid, mangelnde Beschwer,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I411.2174106.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2019