TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/13 L507 2122901-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §9
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L507 2122901-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. 1044654208 - 180491980/BMI-BFA_BGLD_RD, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 06.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.02.2016,

Zl. 1044654208 - 140146698/BMI-BFA_BGLD_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.02.2017 erteilt.

Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018, Zl. L504 2122901-1/22E, gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen.

3. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde zuletzt mit Bescheid des BFA vom 27.01.2017, Zl. 1044654208 - 140146698/BMI-BFA-BGLD-RD, gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 17.02.2019 verlängert.

4. Infolge einer Mitteilung der Landespolizeidirektion Salzburg vom 05.09.2016, aus der hervorgeht, dass sich der Beschwerdeführer offensichtlich im August 2016 im Irak aufgehalten habe und ihm in XXXX ein irakischer Reisepass mit der Nummer XXXX mit Gültigkeit bis zum XXXX ausgestellt wurde, wurde vom BFA mit Aktenvermerk vom 25.05.2018 ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten amtswegig eingeleitet.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor einem Organ des BFA am 09.07.2018 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er sich während seines Asylverfahrens bzw. seines Aufenthaltes in Österreich dreimal im Irak aufgehalten habe. Das erste Mal sei er im August 2016 für 20 Tage, dann im März 2017 für fünf Monate und zuletzt im März 2018 für eineinhalb Monate im Irak aufhältig gewesen. Während seiner Aufenthalte im Irak habe der Beschwerdeführer in einem Dorf in der Nähe von XXXX bei seiner Frau und seinen Kindern gelebt. Der Beschwerdeführer sei wegen seiner Kinder, die er schon lange nicht gesehen habe, in den Irak zurückgekehrt. Ständig könne der Beschwerdeführer im Irak nicht leben, da es dort wegen schiitischer Milizen sehr gefährlich sei. Als Kurde könne er auch nicht in Bagdad leben. Für ihn bestehe nur die Möglichkeit in einer kurdischen Provinz zu leben, weil er ein Kurde sei, der aus XXXX stammt. In XXXX könne auch nicht leben, weil er dort Probleme habe.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. 1044654208 - 180491980/BMI-BFA_BGLD_RD, wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt und die mit Bescheid vom 17.02.2016 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß

§ 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.

Im angefochtenen Bescheid wurden folgende vom Beschwerdeführer vorgelegte Beweismittel genannt:

-

Kopie Ihres irakischen Reisepasses mit der XXXX, ausgestellt am

XXXX in XXXX mit diversen irakischen Einreisestempeln;

-

Auszug Sozialversicherung, angefordert am 20.09.2018;

-

Beweis wurde seitens der Behörde weiters erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt unter besonderer Berücksichtigung Ihrer Angaben, der Ausführungen des Bundesamtes zugrundliegenden Bescheid sowie den Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung 29.06.2018, sowie durch Auswertung der Feststellungen zur aktuellen asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsland.

Das BFA traf im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:

"-

Zu ihrer Person:

Ihre Identität steht fest.

Sie sind irakischer Staatsbürger, heißen XXXX und sind am XXXX geboren.

-

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, liegen nicht mehr vor.

Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat von solchen Verhältnissen betroffen sind, die dazu führen, dass Sie wenn Sie sich dort aufhalten, einem realem Risiko unterworfen wäre, einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Gefahr ausgesetzt zu sein oder einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen sind.

Ihre Niederlassung im, sowie Ihre Einreise und Hinreise in den Herkunftsstaat (somit auch in jedem Teil des Gesamtstaates) ist reell möglich, ebenso wie eine Existenzgründung.

Sie reisten nachweislich im Jahr 2016, im Jahr 2017 und im Jahr 2018 zu Ihrer Familie in den Irak. Sie ließen sich am XXXX während eines Besuches im Irak einen irakischen Reisepass ausstellen.

Sie verfügen über enge familiäre Beziehungen im Herkunftsstaat.

Sie verfügen über eine Grundschulbildung und Berufserfahrung, Sie arbeiten auch derzeit in Österreich.

Sie sind gesund und arbeitsfähig.

Sie sind verheiratet und haben drei Kinder. Ihre Gattin und Ihre Kinder leben in XXXX in der Nähe von XXXX im Nordirak.

Sie verfügen in Ihrem Herkunftsstaat über eine Unterkunftsmöglichkeit.

Nicht festgestellt wird, dass Ihnen im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat die notwendige Lebensgrundlage entzogen wäre.

Nicht festgestellt wird, dass Sie an einer akuten ernsthaften oder lebensbedrohlichen Krankheit leiden, die im Herkunftsstaat nicht behandelbar wäre.

-

Zum Vorliegen von besonderen Schutz gem. 57 Asylgesetz:

Sie erfüllen die erforderlichen speziellen Kriterien zur Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen Vorliegens eines besonderen Schutzes nicht noch haben Sie einen dahingehenden Antrag gestellt.

-

Zu Ihrem Privat- und Familienleben und Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Ihre zwingende Rückkehr in den Herkunftsstaat stellt keine unzulässige Verletzung des

Art 8 EMRK dar.

Sie verfügen über keine Familienangehörigen in Österreich.

Weiters verfügen Sie nicht über besonders enge private Bindungen in Österreich.

Sie reisten erstmalig am 06.11.2014 in Österreich ein, reisten jedoch im Jahr 2016 für 20 Tage, im Jahr 2017 für 5 Monate und im Jahr 2018 für 1,5 Monate in den Irak und lebten dort bei Ihrer Familie.

Sie sprechen kaum Deutsch und haben keinen Deutschkurs absolviert, eine Deutschprüfung haben Sie ebenfalls nicht absolviert.

Sie gehen derzeit keiner beruflichen Beschäftigung nach.

Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Sie leben in einer Mietwohnung und bezahlen 423 Euro monatliche Miete.

-

Zur Abschiebung:

Ihre Abschiebung in den festgestellten Herkunftsstaat ist zulässig, möglich und realistisch.

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Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

Eine gewährte Frist von 14 Tagen wird als ausreichend angesehen. Sie stellten keinen Antrag auf Gewährung einer anderen Frist.

-

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Sicherheitsbehörden und die wichtigsten im Irak operierenden militärischen Akteure und Milizen

Die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF)

Die ISF bestehen aus den Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, aus jenen, die vom Verteidigungsministerium verwaltet werden, aus den [vorrangig schiitischen] Milizen, die unter der Dachorganisation der Volksmobilisierung (PMF) zusammengefasst wurden (Anm.: diese werden auf Grund ihrer besonderen Rolle und Stellung in einem gesonderten Abschnitt behandelt) und dem Counterterrorism Service (CTS). Die Aufgaben des Innenministeriums umfassen nationale Gesetzesvollstreckung und Aufrechterhaltung der Ordnung, gestützt auf die staatliche Polizei, die regionale Polizei, die Abteilung zum Schutz von Gebäuden/Einrichtungen, die Bürgerwehr sowie die Abteilung für Grenzschutz. Die dem Ölministerium unterstehende Energie-Polizei ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur verantwortlich. Herkömmliche, dem Verteidigungsministerium unterstehende Militärkräfte sind für die Verteidigung des Landes verantwortlich, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch häufig Anti-Terror-Einsätze sowie interne Sicherheits-Einsätze durch (USDOS 3.3.2017). Anm.: Zum Counterterrorism Service siehe weiter unten.

Die irakischen Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige und über 100.000 Polizisten umfassen. Die ISF sind nicht in der Lage, landesweit den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert, darüber hinaus existiert kein Polizeigesetz. Personelle Unterbesetzung, mangelnde Ausbildung, mangelndes rechtsstaatliches Bewusstsein vor dem Hintergrund einer über Jahrzehnte gewachsenen Tradition von Unrecht und Korruption auf allen Ebenen sind hierfür die Hauptursachen. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung. In einem Urteil des EGMR (EGMR 264 (2016) vom 23.08.2016) hinsichtlich der Rückführung in den Irak wird bemerkt, dass weite Gebiete des Landes sich außerhalb der effektiven Kontrolle der Regierung befinden und die Schutzfunktion des Staates als vermindert anzusehen ist. Die Menschenrechtslage ist, vor allem in Hinblick auf die mangelhafte staatliche Kontrolle und des wenig ausgeprägten Gewaltmonopols samt verbreiteter Straflosigkeit desolat, in der KRI vergleichsweise etwas besser (ÖB 12.2017).

Die irakische Armee verfügt nicht über ausreichende Fähigkeiten oder Ausrüstung, um ihrem Auftrag gerecht zu werden. Die Schmach des weitgehend kampflosen Rückzugs gegenüber den IS-Kräften bei deren Vormarsch 2014 sitzt jedoch tief und führte in der Zwischenzeit in Teilen der Truppe zu einer hohen Motivation bei der Rückeroberung besetzter Gebiete. [Zehntausende irakische Soldaten verließen im Juni 2014 ihre Posten und flüchteten; viele aus Angst vor dem IS, viele meinten, sie hätten den Befehl dazu bekommen - Global Security

o. D] Die Professionalisierung der Armee und vor allem auch der Bundes- und lokalen Polizei wird im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition mit Hilfe internationaler Militär- und Polizeiausbildung unterstützt (AA 7.2.2017).

Bei militärischen Einsätzen (insb. gegen den IS) spielt auch die Polizei eine wichtige Rolle. Die Bundespolizei ist diesbezüglich einer der Hauptakteure, die lokale Polizei - sofern noch vorhanden - nimmt ebenfalls an den Operationen Teil (IISS 15.5.2017).

Durch die staatliche Akzeptanz, teilweise Führung und Bezahlung der Milizen (s. PMF) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren. In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur organisierten Kriminalität durchsetzen (AA 7.2.2017). Insgesamt konnten zivile Behörden nicht immer die Kontrolle über alle Sicherheitskräfte bewahren. Dies betrifft neben den PMF auch die regulären bewaffneten Kräfte, sowie heimische Sicherheitsdienste (USDOS 3.3.2017).

Counterterrorism Service

Der Counterterrorism Service (CTS) (auch Counterterrorism Bureau / Jihaz Mukafahah al-Irhab) ist eine auf Terrorbekämpfung spezialisierte Eliteeinheit, die direkt dem Premierminister unterstellt ist. Der CTS ist somit neben den anderen Standbeinen der irakischen Sicherheitskräfte auf gleicher (quasi-ministerieller) Ebene eine Organisation mit weitreichenden Kompetenzen in Bezug auf Terrorbekämpfung (AI 2016; vgl. Witty 2014). Der CTS hat die Aufsicht über den Counterterrorism Command (CTC), der wiederum die Kontrolle über die Iraqi Special Operation Forces (ISOF) hat. Diese bestehen aus drei Brigaden (ISOF-Brigaden), deren bekannteste die 1st ISOF-Brigade ist, auch "Golden Brigade / Golden Division" genannt (ISW 19.12.2016). Der CTS erhält seit seiner von den USA unterstützen und finanzierten Gründung (Witty 2014) direkte Unterstützung und Trainings von Seiten der Vereinigten Staaten und anderen Mitgliedern der Koalition [gegen den IS], u.a. von Frankreich (Al-Monitor 21.2.2017). Zum Teil wird der CTS auf Grund seiner Nähe zu US-amerikanischen Beratern in der irakischen Bevölkerung kontrovers gesehen (Witty 2014). Andererseits kommt dem CTS eine besonders entscheidende Rolle im Kampf gegen den IS zu (Global Security o.D.; vgl. Al-Jazeera 1.4.2015). Er trug die Hauptbürde bei der Mossul-Offensive und hatte dabei enorme Verlustraten zu beklagen - über 50 Prozent (ISW 19.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

-

Al-Monitor (21.2.2017): Iraqi special forces stand to gain stature with victory over IS,

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/02/counterterrorism-bureau-iraq-us-mosul.html#ixzz4ZW3hDeU5, Zugriff 23.8.2017

-

Al-Jazeera (1.4.2015): ISIL's fall in Tikrit may show the way for Iraqi army ,

http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2015/04/isil-fall-tikrit-show-iraqi-army-150401085105863.html, Zugriff 23.8.2017

-

AI - Amnesty International (2016): 'PUNISHED FOR DAESH'S CRIMES'

DISPLACED IRAQIS ABUSED BY MILITIAS AND GOVERNMENT FORCES,

https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1476859165_mde1449622016english.pdf , Zugriff 23.8.2017

-

Global Security (o.D.): Iraqi Army (IA) - June 2014 Collapse, http://www.globalsecurity.org/military/world/iraq/nia-collapse.htm, Zugriff 10.8.2017

-

Global Security (o.D.): Golden Division / Golden Brigade / Iraqi National Counter-Terrorism Force (INCTF) Counter-Terrorism Service

[CTS],

http://www.globalsecurity.org/military/world/iraq/counter-terrorism.htm, Zugriff 23.8.2017

-

IISS - Iraqi Institute for Strategic Studies (15.5.2017): Per Email

-

ISW (19.12.2016): The campaign for Mosul: December 13-19, 2016, http://understandingwar.org/backgrounder/campaign-mosul-december-13-19-2016, Zugriff 23.2.2017

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ÖB - Österreichische Botschaft Amman (12.2016): Asylländerbericht

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Irak, per Email

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Iraq,

http://www.ecoi.net/local_link/337187/479950_de.html, Zugriff 6.8.2017

-

Witty, David (2014): The Iraqi Counter Terrorism Service, https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2016/06/David-Witty-Paper_Final_Web.pdf, Zugriff 23.8.2017

Schiitische Milizen - Popular Mobilization Forces

Genese und Entwicklung seit 2014

Der Name "Volksmobilisierungseinheiten" bzw. Al-Hashd al-Shaabi, englisch: Popular Mobilization Units (PMU) oder Popular Mobilization Forces bzw. Front (PMF)) bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig fast ausschließlich schiitische Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Schätzungen zufolge haben die Volksmobilisierungseinheiten zwischen 60.000 und 140.000 Mann unter Waffen. Die Entstehung des Milizenbündnisses kann als Reaktion auf die irakische Offensive des sog. "Islamischen Staates" (IS) verstanden werden und ist somit eng mit dessen militärischen Erfolgen und territorialen Gewinnen verquickt: Im Sommer 2014 drang die Terrororganisation in den Irak ein und nahm am 10. Juni erst Mossul und danach weite Teile der Provinzen Ninewah, Salahuddin, Anbar, Diyala und Kirkuk ein; wenig später waren auch die Städte Erbil und Bagdad in Gefahr (Süß 21.8.2017).

Die reguläre irakische Armee war dem IS nicht gewachsen, weshalb der damalige Ministerpräsident Nuri al-Maliki am 11. Juni zur Mobilisierung einer "Reservearmee" aufrief. Außerdem ließ der führende irakische schiitische Gelehrte Ayatollah Ali Sistani am 13. Juni ein islamisches Rechtsgutachten (fatwa) verlautbaren, in dem er alle jungen Männer dazu aufrief, sich den Sicherheitskräften zum Schutz von Land, Volk und heiligen Stätten des Irak anzuschließen. Infolge der Fatwa schrieben sich tausende junge schiitische Männer auf Freiwilligenlisten ein, schlossen sich jedoch nicht Armee oder Polizei, sondern bereits existierenden oder neu formierten schiitischen Milizen an. Zwei Tage später bildete die irakische Regierung ein Komitee der Volksmobilisierung, das dem Ministerpräsident Haidar al-Abadi untersteht und vom Nationalen Sicherheitsberater Falih al-Fayyad geleitet wird. Die wahren Kräfteverhältnisse sind allerdings schon daran abzusehen, dass die Gründung durch das irakische Innenministerium verkündet wurde:

Dieses unterstand bis Juli 2016 der Führung des "Badr-Politikers" Muhammad al-Ghabban, die dominante Kraft im Innenministerium und damit der eigentliche irakische Führer des Milizenbündnisses ist jedoch Hadi al-Amiri. Mehrere Milizen stehen außerdem politischen Parteien nahe.

Innerhalb der zahlreichen, meist lokal organisierten Gruppen innerhalb der Volksmobilisierungseinheiten können im Wesentlichen drei Gruppen ausgemacht werden: Erstens schon länger aktive Milizen, die infolge der Fatwa tausende neue Rekruten hinzugewannen (Badr-Organisation, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Hizbullah und Saraya as-Salam). Zweitens gibt es solche schiitischen Formationen, die ab Juni 2014 entstanden (bspw. Kata'ib al-Imam Ali) und drittens einige kleinere sunnitische Milizen (Süß 21.8.2017).

Die wichtigsten Milizen innerhalb der PMF

Die Badr-Organisation ist die älteste schiitische Miliz im Irak und gleichermaßen die mit den längsten und engsten Beziehungen zum Iran. Sie orientiert sich an der Tradition Khomeinis und der Staatsdoktrin Irans. Hervorgegangen ist sie aus dem Badr-Korps, das 1983/84 als bewaffneter Arm des "Hohen Rates für die Islamische Revolution im Irak" gegründet wurde und von Beginn an den iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) unterstellt war. Mit der Namensänderung in Badr-Organisation wurde das Korps zum politischen Akteur. Als sich der Rat in "Irakischer Islamischer Hoher Rat" umbenannte und sich gleichzeitig vom Iran distanzierte, gelang es Badr, sich als wichtigster Verbündeter Irans im Irak zu etablieren und trennte sich 2009 schließlich vom Hohen Rat. Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt und gilt heute als die bedeutendste Teilorganisation und dominierende Kraft des Milizenbündnisses. Sie ist besonders mächtig, weil sie Kontrolle über das irakische Innenministerium und damit auch über die Polizeikräfte besitzt; ein Großteil der bewaffneten Kräfte der Organisation wurde ab 2005 in die irakische Polizei aufgenommen. Sie soll über etwa 20.000 bis 50.000 Mann verfügen und arbeitet mit Kata'ib Hizbullah zusammen. Unklar ist jedoch, ob die genannten Zahlen ausschließlich Kämpfer oder auch sonstiges Personal umfassen, denn die Badr-Organisation ist Miliz und politische Partei in einem. Badr war bisher an allen wichtigen militärischen Auseinandersetzungen in den Provinzen Diyala, Salah ad-Din, Anbar und Ninewah beteiligt; ihr militärisches Hauptquartier befindet sich im Militärlager Camp Ashraf nördlich von Bagdad. In Diyala verfügt Badr außerdem über ein Territorium, das sich zu einer eigenständigen Machtbasis im Sinne eines "Staates im Staate" ausbauen lässt (Süß 21.8.2017).

Die Kata'ib Hizbullah (Bataillone der Partei Gottes, Hizbullah Brigades) entstanden im Zuge der Umbenennung des Badr-Korps in Badr-Organisation und bekämpften im Gegensatz zu diesem die US-Truppen. Sie wurden 2007 von Abu Mahdi al-Muhandis gegründet und werden auch von diesem angeführt. Die Miliz kann als Eliteeinheit begriffen werden, die häufig die gefährlichsten Operationen übernimmt und vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv ist. Ihre Personalstärke ist umstritten, teilweise ist die Rede von bis zu 30.000 Mann. Die Ausrüstung und militärische Ausbildung ihrer Mitglieder sind besser als die der anderen Milizen innerhalb der Volksmobilisierungseinheiten. Kata'ib Hizbullah arbeiten intensiv mit Badr und der libanesischen Hizbullah zusammen und gelten als Instrument der iranischen Politik im Irak. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (Süß 21.8.2017).

Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous) wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak. Asa'ib Ahl al-Haqq unternahm den Versuch, sich als politische Kraft zu etablieren, konnte bei den Parlamentswahlen 2014 allerdings nur ein einziges Mandat gewinnen. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist wie die Badr-Oganisation und Kata'ib Hizbullah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste, weil besonders gewalttätige Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet. Ihr Befehlshaber Khaz'ali ist einer der bekanntesten Anführer der Volksmobilisierungseinheiten (Süß 21.8.2017).

Saraya as-Salam (Schwadronen des Friedens, Peace Brigades) wurden im Juni 2014 nach der Fatwa Sistanis auf Anweisung von Muqtada as-Sadr gegründet und sollten möglichst viele der Freiwilligen vereinigen. Die Gruppierung kann de facto als eine Fortführung der ehemaligen Mahdi-Armee bezeichnet werden. Diese ist zwar 2008 offiziell aufgelöst worden, viele ihrer Kader und Netzwerke blieben jedoch aktiv und konnten 2014 leicht wieder mobilisiert werden. Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann, ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert. Das Haupteinsatzgebiet der Miliz liegt im südlichen Zentrum des Irak, wo sie vorgibt, die schiitischen heiligen Stätten zu schützen. Ebenso waren Saraya as-Salam aber auch mehrfach an Kämpfen nördlich von Bagdad beteiligt (Süß 21.8.2017).

Auch Kata'ib al-Imam Ali (Bataillone des Imam Ali, Imam Ali Batallions) ist eine der Milizen, die im Juni 2014 neu gebildet wurden. Sie sticht hervor, weil sie sich rasant zu einer schlagkräftigen Gruppe entwickelte, die an den meisten wichtigen Auseinandersetzungen im Kampf gegen den IS beteiligt war. Dies lässt auf eine beträchtliche Kämpferzahl schließen. Die Funktion des Generalsekretärs hat Shibl az-Zaidi inne, ein früherer Angehöriger der Sadr-Bewegung. Zaidi steht in engem Kontakt zu Muhandis und den Pasdaran, weshalb die Miliz intensive Beziehungen zur Badr-Organisation, Kata'ib Hizbullah und den iranischen Revolutionsgarden unterhält. Die Miliz betreibt außerdem wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit, wodurch ihr Bekanntheitsgrad schnell gestiegen ist. Vor allem der Feld-kommandeur Abu Azrael erlangte durch Videos mit äußerst brutalen Inhalten zweifelhafte Berühmtheit. Die Gruppe scheint Gefangene routinemäßig zu foltern und hinzurichten (Süß 21.8.2017).

Führung und Rechtsstellung der PMF

Generell kann innerhalb der Volksmobilisierung eine Dominanz der älteren Milizen und ihrer Anführer Amiri, Muhandis und Khaz'ali ausgemacht werden. Die personelle Führung des Milizenbündnisses übernimmt dabei eine Trias: Anführer ist Abu Mahdi al-Muhandis, Kommandeur der Kata'ib Hizbullah und enger Verbündeter Badrs und der iranischen Revolutionsgarden. Als eigentlicher starker Mann hinter Muhandis gilt allerdings Hadi al-Amiri, Anführer der Badr-Organisation. Einfluss übt außerdem Qasim Suleimani aus, umstrittener Kommandeur der zu den iranischen Revolutionsgarden gehörigen Quds-Brigaden. Der Iran versorgt die irakischen Milizen mit Geld und Waffen und bildet ihre Kämpfer gemeinsam mit der libanesischen Hizbullah im Iran, im Irak und im Libanon aus. Viele der Milizen vertreten deshalb folgerichtig eine islamistische Ideologie, die sich an jener des Irans orientiert. Der Iran nutzte die Gründung der Volksmobilisierung 2014 auf diese Weise dafür, ihren Einfluss im Irak erheblich zu steigern. Die größten Milizen innerhalb der Volksmobilisierung hängen dabei so stark vom Iran bzw. den iranischen Revolutionsgarden ab, dass sie als Instrument des Nachbarstaates bezeichnet werden können. Auch eine personelle Verbundenheit ist vorhanden: Muhandis und Amiri haben ihre engen Beziehungen zum Iran mehrmals selbst bestätigt. Allerdings gibt es neben besonders eng an den Iran angebundenen Milizen (Badr-Organisation und Kata'ib Hizbullah) auch solche, die zwar ressourcenmäßig vom Iran abhängig sind, aber eine gewisse Distanz zum Iran aufweisen (Saraya as-Salam).

Obwohl das Milizenbündnis unter der Aufsicht des 2014 gegründeten Volksmobilisierungskomitees steht und Ende 2016 ein Gesetz in Kraft trat, das die Volksmobilisierung dem regulären irakischen Militär in allen Belangen gleichstellt und somit der Weisung des Ministerpräsidenten als Oberkommandierendem unterstellt, hat der irakische Staat nur mäßige Kontrolle über die Milizen. In diesem Zusammenhang kommt vor allem Badr eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von Badr dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann. Die einzelnen Teilorganisationen agieren größtenteils eigenständig und weisen eigene Kommandostrukturen auf, was zu Koordinationsproblemen führt und letztendlich eine institutionelle Integrität verhindert (Süß 21.8.2017).

In der Tat scheint es sich so zu verhalten, dass innerhalb der PMF die radikal-schiitischen Gruppen mit Bindungen zum Iran die dominierenden Kräfte sind (Posch 8.2017).

Konfessionelle Zusammensetzung der PMF

Der absolute Großteil der PMF- Milizen besteht aus Schiiten, es gibt jedoch durchaus auch Sunniten, Christen oder sogar Jesiden in den Reihen der schiitischen Milizen [abhängig von der jeweiligen Miliz], bzw. gibt es auch gemischte Milizen, oder auch eigene Sunniten- oder Christen-Milizen (Lattimer 26.4.2017; Al-Monitor 21.8.2017).

PMF-Milizen und organisierte Kriminalität

Neben der Finanzierung durch den irakischen, sowie den iranischen Staat bringen die Milizen einen wichtigen Teil der Finanzmittel selbst auf - mit Hilfe der organisierten Kriminalität. Ein Naheverhältnis zu dieser war den Milizen quasi von Beginn an in die Wiege gelegt. Vor allem bei Stammesmilizen waren Schmuggel und Mafiatum weit verbreitet. Die 2003/4 neu gegründeten Milizen kooperierten zwangsläufig mit den Mafiabanden ihrer Stadtviertel. Kriminelle Elemente wurden aber nicht nur kooptiert, die Milizen sind selbst in einem dermaßen hohen Ausmaß in kriminelle Aktivitäten verwickelt, dass manche Experten sie nicht mehr von der organisierten Kriminalität unterscheiden, sondern von Warlords sprechen, die in ihren Organisationen Politik und Sozialwesen für ihre Klientel und Milizentum vereinen - oft noch in Kombination mit offiziellen Positionen im irakischen Sicherheitsapparat. Die Einkünfte kommen hauptsächlich aus dem Ölschmuggel im großen Stil, Schutzgelderpressungen, Amtsmissbrauch, Entführungen, Waffen- und Menschenhandel, Antiquitäten- und Drogenschmuggel. Entführungen waren ein wichtiges Geschäft aller Gruppen, dessen hauptsächliche Opfer zahlungsfähige Iraker waren. So lassen sich politische Streitigkeiten innerhalb der schiitischen Milizen ebenso gut als Allokations- und Revierkämpfe von Mafiabanden interpretieren, die sich auch auf parlamentarischer Ebene wiederfinden (Posch 8.2017).

Quellen:

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Al-Monitor (21.8.2017):Turkey fumes as Sinjar Yazidis declare 'democratic autonomy',

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/08/independence-iraqi-kurdistan-referendum-opposition.html#ixzz4qlVEYvfy, Zugriff 25.8.2017

-

Lattimer, Mark - Director of the Ceasefire Cetre for Civilian Rights (26.4.2017): EASO COI Meeting Report Iraq, Practical Cooperation Meeting 25.- 26. April, Brussels, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/IRQ_Meeting_Report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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Posch, Walter (8.2017): Schiitische Milizen im Irak und in Syrien

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Volksmobilisierungseinheiten und andere, per Email

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Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504517740_bfa-staatendokumentation-ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31.pdf

Kurdische Sicherheitskräfte und Akteure

Peschmerga: Gemäß Art. 121 der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peschmerga und die Sicherheitspolizei Asayisch) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaymaniya, Dohuk und Halabdscha aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Ninewah. Sie unterstehen formal der kurdischen Regionalregierung und sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert. Die kurdischen Sicherheitskräfte bilden keine homogene Einheit, sondern unterstehen faktisch den beiden großen Parteien KDP und PUK in ihren jeweiligen Einflussgebieten (s. dazu den Abschnitt zur Sicherheitslage) (AA 7.2.2017). Die Peschmerga sind also nach wie vor zweigeteilt, auch wenn es eine gemischte KDP-PUK-Einheit von ungefähr 30.000 Mann gibt (Stansfield 26.4.2017). Die zivilen Behörden der KRI konnten nicht immer die Kontrolle über die Peschmerga bewahren. (USDOS 3.3.2017).

Interne Sicherheitskräfte der KRG: Die KDP hat auch ihre eigene, interne Sicherheitseinheit, die Asayisch, als auch ihren eigenen Geheimdienst, den Parastin. Die PUK betreibt ebenso ihre eigene interne Sicherheitseinheit, die gleichfalls als Asayisch bekannt ist, und ihren eigenen Geheimdienst Zanyari. Die PUK und die KDP unternahmen nur symbolische Schritte, um ihre internen und externen Geheimdienste zu vereinigen, diese blieben weiterhin getrennt, und werden quasi von Parteiführern durch ihre jeweiligen Parteikanäle kontrolliert (USDOS 3.3.2017).

Die türkisch-kurdische Arbeiterpartei PKK, die von der Türkei als terroristische Organisation bekämpft wird, ist auch im Nordirak aktiv (insb. in den Qandil-Bergen und in Sinjar), und betreibt dort Stützpunkte, die von türkischen Streitkräften attackiert werden (s. Abschnitt "Sicherheitslage im Kurdischen Autonomiegebiet").

Die syrische Partei PYD (Partei der Demokratischen Union) mit ihrem militärischen Arm YPG (Volksverteidigungseinheiten) gilt als der syrische Ableger der türkischen PKK und ist im Irak im Gebiet um Sinjar aktiv (s. Abschnitt "Sicherheitslage im Kurdischen Autonomiegebiet").

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

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Stansfield, Gareth - Professor of Middle East Politics and the Al-Qasimi Chair of Arab Gulf Studies at the University of Exeter (26.4.2017): EASO COI Meeting Report Iraq, Practical Cooperation Meeting 25.- 26. April, Brussels, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/IRQ_Meeting_Report.pdf, Zugriff 25.8.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Iraq,

http://www.ecoi.net/local_link/337187/479950_de.html, Zugriff 6.8.2017

Sunnitische Milizen / Stammesmilizen

Neben dem IS gibt es im Irak noch weitere regierungsfeindliche sunnitische Gruppierungen/Organisationen, darunter die "Jaysh al-Rijal al-Tariqah al-Naqshabandia" (JRTN); der "General Military Council of Iraqi Revolutionaries"; die irakische Baath-Partei; der "Fallujah Military Council"; der "Council of Revolutionaries Tribes of Anbar"; die "1920 Brigades"; die "Islamic Army of Iraq"; die "Jayish al-Mujahidin" und die "Ansar al-Islam" (ISW 10.2014). Einige der aufständischen Gruppen bestehen aus Mitarbeitern des ehemaligen Saddam-Regimes oder aus ehemaligen Mitgliedern des irakischen Militärs (CRS 3.2016). Im Zuge des Vormarsches des IS wurden viele der aufständischen und/oder baathistischen Gruppen oder Stammesgruppen vom IS vereinnahmt, manche spielten eine führende Rolle beim IS, andere wurden von ihm bekämpft; Mitglieder der oben erwähnten Organisationen und sunnitische Stämme stellten sich auch gegen ihn, bekämpften ihn oder schlossen sich den PMF im Kampf gegen den IS an (ISW 30.11.2017; Al-Jazeera 4.6.2015; BBC 17.4.2015; CRS 3.2016; Al-Monitor 14.11.2016). Sunnitische Stammesmilizen, die den IS bekämpfen, werden auch unter dem Namen Sons of the Tribes (Abna al-Asha'ir) zusammengefasst (CMEC 16.11.2015). Durch die gegenwärtige Zurückdrängung des IS kommt es jedoch (wie in Abschnitt "Sicherheitslage" erwähnt) zu einem Wiedererwachen der aufständischen sunnitischen Gruppen. Die fortgesetzte Marginalisierung der Sunniten und der konfessionelle Konflikt führen zudem dazu, dass radikale Gruppen wie Al Qaeda und ex-/neo-baathistischen Gruppen wie Jaysh al-Rijal al-Tariqa al-Naqshbandiya (JRTN) diese Missstände nutzen, um Sunniten für ihre Zwecke zu vereinnahmen (ISW 7.2.2017).

Quellen:

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Al-Monitor (14.11.2016): Should Baathists have role in post-IS Iraq?,

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/11/iraq-baathists-mosul-reconciliation.html#ixzz4pNpUSFvX, Zugriff 23.8.2017

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Al-Jazeera (4.6.2015): ISIL wins support from Iraq's Sunni tribes, http://www.aljazeera.com/news/2015/06/sunni-sheiks-pledge-allegiance-isil-iraq-anbar-150604074642668.html, Zugriff 23.8.2017

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BBC News (17.4.2015): Saddam aide Izzat Ibrahim al-Douri 'killed' in Iraq: http://www.bbc.com/news/world-middle-east-32347036#, Zugriff am 13.5.2017

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CMEC - Carnegee Middle East Center (16.11.2015): From Militia to State Force: the Transformation of al-Hashd al-Shaabi, http://carnegie-mec.org/diwan/61986, Zugriff 23.8.2017

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Congressional Research Service, Iraq (3.2016): Politics and Governance, https://www.fas.org/sgp/crs/mideast/RS21968.pdf, Zugriff 27.7.2017

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ISW - Institute for the Study of War (10.2014): Beyond The Islamic State: Iraq's Sunni Insurgency, http://www.understandingwar.org/report/beyond-islamic-state-iraqs-sunni-insurgency, Zugriff 9.8.2017

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ISW - Institute for the Study of War (7.2.2017): Warning Update:

Iraq's Sunni Insurgency Begins as ISIS Loses Ground in Mosul, http://iswresearch.blogspot.co.at/2017/02/warning-update-iraqs-sunni-insurgency.html, Zugriff 28.7.2017

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ISW - Institute for Understanding War (Emily Anagnostos) (30.11.2017): Anticipating Iraq's Next Sunni Insurgency:

http://www.understandingwar.org/backgrounder/anticipating-iraq%E2%80%99s-next-sunni-insurgency;

Zugriff am 24.8.2017

Internationale Präsenz

Derzeit befinden sich mehr als 5.000 US-Truppen im Irak. Viele von ihnen sind Berater der ISF. Die Vereinigten Staaten, sowie einige andere Mitgliedsstaaten der Koalition zur Bekämpfung des IS zeigen Ambitionen, nach einem etwaigen Sieg über den IS, weiterhin militärische Präsenz im Irak beizubehalten (Reuters 19.1.2017; vgl. MEE 11.7.2017). Die Koalition führt auch regelmäßig Luftangriffe im Irak durch (s. Abschnitt Sicherheitslage).

Im Nordirak sind - unter Protest der irakischen Regierung - auch etwa 2.000 oder sogar "mehrere tausend" türkische Truppen stationiert. In der Stadt Bashiqa in der Nähe Mosuls betreibt die Türkei einen Militärstützpunkt (K24 27.7.2017; vgl. Ekurd 20.7.2016; Al-Monitor 21.8.2017). In der KRI soll die Türkei Berichten zufolge 18 Militär- und Geheimdienst-Stützpunkte betreiben (Ekurd 20.7.2017). Diese türkischen Truppen, sowie die türkischen Luftangriffe richten sich sowohl gegen die PKK (und PKK-nahe Kräfte) als auch gegen den IS (s. Abschnitt Sicherheitslage).

Quellen:

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Al-Monitor (21.8.2017): Turkey fumes as Sinjar Yazidis declare

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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