Entscheidungsdatum
28.02.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L506 1431439-2/11E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.02.2019, beschlossen:
A)
I. Hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und Spruchpunkt III. gemäß § 52 Abs. 2 FPG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) brachte erstmals am 05.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Das Verlassen seines Herkunftsstaates begründete er mit der Beteiligung in einen Streit, in welchem ein anderer Beteiligter ums Leben gekommen sei. Er und sein Freund seien diesbezüglich vorerst beschuldigt worden, später nicht mehr. Einige Wochen später seien sie angegriffen worden, sie hätten sich gewehrt und sein Freund habe zwei Gegner erschossen. Es habe sich dann herausgestellt, dass es sich dabei um Kriminelle bzw. Terroristen gehandelt habe und sie hätten sogar eine Belohnung dafür erhalten. Sein
Freund und er hätten danach zwar keine Probleme mit der Polizei gehabt, aber mit den Terroristen.
2. Mit Bescheid des (damals zuständigen) Bundesamtes für Asyl (nachfolgend BAA) vom 11.12.2012 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt.
Für das BAA habe sich der Eindruck aufgedrängt, der BF habe aus wirtschaftlichen Gründen das Land verlassen, da er im Rahmen der Einvernahme vor dem BAA wirtschaftliche Gründe vorrangig geschildert habe. Erst auf Nachfrage, was der BF im Rahmen der Erstbefragung angegeben habe, habe er eine Geschichte zum Besten gegeben, in welcher er und sein Freund in die Schusslinie von Kriminellen gekommen wären. Dieses für das BAA nicht glaubwürdige Vorbringen sei selbst bei Wahrunterstellung nicht geeignet, zur Gewährung von internationalem Schutz zu führen, da der BF von einer innerstaatlichen Fluchtalternative Gebrauch machen hätte können.
Rechtlich führte das BAA aus, dass dem Vorbringen des BF zu den von ihm behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes ausgeschlossen werden habe können.
3. Die gegen den Bescheid des BAA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des
Asylgerichtshofes vom 11.02.2013 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen und traten die erkennenden Richter der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung des BAA bei. Festgehalten wurde, dass keine asylrelevante Verfolgung des BF in Pakistan erkannt werden haben können und vertrete auch der erkennende Senat die Ansicht, dass die Vorbringen des BF, da erheblich voneinander abweichend, als völlig unglaubwürdig zu qualifizieren seien. Die Glaubhaftmachung des behaupteten ausreisekausalen Sachverhaltes sei dem BF nicht gelungen, da die Aussagen des BF nicht kohärent, nicht plausibel sowie widersprüchlich gewesen seien und er somit den geforderten Nachweis hinsichtlich der Asylgewährung nicht erbringen habe können.
Auch in der Beschwerde sei es dem BF nicht gelungen, auf eine Asylgewährung hinzuwirken, da weitere Widersprüche zum bisherigen Verfahrensinhalt dargetan worden seien und zudem das Fluchtvorbringen gesteigert worden sei. Die völlige Unglaubwürdigkeit des Vorbringens sei damit bestätigt worden.
4. Mit 11.02.2013 wurde die Zustellung dieses Erkenntnisses durch Hinterlegung ohne vorherigen Zustellversuch beurkundet. Dieses Vorgehen war erforderlich, da der konkrete Aufenthaltsort bzw. die Abgabestellt des BF nicht bekannt war und nicht ohne Schwierigkeiten ermittelt werden habe können. Der BF habe es unterlassen, dem Asylgerichtshof unverzüglich die Änderung seiner bisherigen Abgabestelle mitzuteilen, obwohl er vom gegenständlichen Verfahren Kenntnis gehabt habe.
Dieses Erkenntnis wurde nicht weiter bekämpft und erwuchs somit in Rechtskraft.
5. Am 18.02.2014 stellte der BF den zweiten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
6. In der Erstbefragung am 20.02.2014 erklärte der BF über Befragen, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, er halte seine Fluchtgründe aus dem ersten Asylverfahren aufrecht, die Situation habe sich verschlechtert und möge er überhaupt in Österreich bleiben. Auf die Frage, ob er neue Gründe, die zwischen der Rechtskraft der Vorentscheidung und dem Tag der nunmehrigen Erstbefragung entstanden seien, vorzubringen habe, erklärte der BF, es habe ca. fünf oder sechs Jahre nach seiner Flucht aus dem Herkunftsstaat Grundstücksstreitigkeiten zwischen seinem Vater und dessen Brüdern gegeben. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben, da der Onkel dem Vater gedroht habe, dass der BF oder dessen Bruder (welcher in Wien lebe) umgebracht würden, sollten sie zurückkommen. Seit etwa sieben Monaten wisse der BF um diese Bedrohung, da er mit seinem Vater telefoniert habe. Er habe deswegen nicht früher einen neuerlichen Asylantrag gestellt, da er Angst gehabt habe, abgeschoben zu werden.
7. Am 28.02.2014 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem (mittlerweile zuständigen) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA) auf Punjabi, der Muttersprache des BF. Dabei gab er an, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden und vollständig seien.
Die Frage, ob er an den im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben etwas berichtigen wolle, verneinte er. Inzwischen aber sei sein Vater nochmal von dessen Brüdern attackiert und dabei verletzt worden; es gäbe diesen Grundstücksstreit.
Auf die Frage, was er im ersten Verfahren als Fluchtgrund angeführt habe, sagte er, dass ein Freund, mit welchem er viel Kontakt gehabt habe, eine Feindschaft gehabt habe und dieser von etwa 15 Leuten attackiert worden sei. Der Freund hätte dann zwei Personen erschossen und sei auch er bedroht worden. Man habe ihm gesagt, dass er umgebracht werde, weshalb er sechs Jahre lang in Griechenland aufhältig gewesen sei. Die Angelegenheit habe sich nicht beruhigt, es sei auch ein Prozess anhängig.
Über Befragen, warum er nun einen neuerlichen Asylantrag stelle, wo doch das erste Verfahren einen negativen Ausgang genommen habe, antwortete er, dass es noch weitere Probleme gäbe, sein Vater habe mit dessen Brüdern Streit. Auch seien dies neue Gründe, da sie vor fünf Monaten zu streiten begonnen hätten. Vor fünf Tagen sei der Vater verletzt worden, was er beweisen könne. Auch gäbe es für die Angaben hinsichtlich seines Freundes, der Schießerei und der Anklage Zeitungsberichte.
Nach Vorhalt, dass er diese Gründe bereits im ersten Verfahren angegeben habe, meinte der BF, dass er nun erfahren habe, immer noch von diesen Leuten gesucht zu werden. Seine Eltern seien aufgesucht worden und man habe ihnen gesagt, dass man ihn umbringen würde, wenn man in fände. Den Streit habe grundsätzlich sein Vater, jedoch meinten dessen Brüder, auch dessen Söhne umzubringen, weshalb auch der Bruder des BF geflohen sei.
Zusammengefasst habe er im Falle seiner Rückkehr Angst getötet zu werden, von den Feinden seines Freundes bzw. von seinen Onkeln.
Seinen Lebensunterhalt verdiene er mit Gelegenheitsjobs und der Verteilung von Werbematerial, er sei nicht vorbestraft und habe keine enge Beziehung bzw. kein Abhängigkeitsverhältnis zu Verwandten in der EU, in Norwegen oder in Island.
8. Am 17.02.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF zu seiner neuerlichen Asylantragstellung statt und erklärte dieser, er sei gesund, habe seine Asylkarte verloren (Verlustbestätigung wurde vorgelegt), führe den Namen XXXX und sei am XXXX in XXXX , Pakistan, geboren. Er sei Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung und gehöre der Volksgruppe der Maher an.
Er habe am XXXX die österreichische Staatsbürgerin XXXX geheiratet, wohne mit dieser im gemeinsamen Haushalt und sei sie im vierten Monat schwanger. Seine Ehefrau trage die Kosten für die Wohnung. Anderweitige familiäre oder soziale Bindungen in Österreich würden nicht bestehen, er sei kein Mitglied in einem Verein. Er befinde sich seit November 2012 durchgehend in Österreich.
Einmal pro Woche telefoniere er mit seinen Eltern, einem Bruder und zwei Schwestern in Pakistan, denen es derzeit gut gehe.
Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse gab er an, die Prüfung über das Niveau A1 absolviert zu haben und am XXXX die A2-Prüfung stattfinden werde.
Gefragt, was sich in Hinblick auf den ersten Asylantrag geändert habe und warum er jetzt einen neuerlichen Asylantrag stelle, sagte der BF, dass er nach sechs Monaten von der Polizei kontrolliert und ihm gesagt worden sei, er habe eine negative Asylentscheidung erhalten. Da er aber keine Post bekommen habe, habe er keine Ahnung gehabt. Den Folgeantrag habe er aus zwei Gründen gestellt; einerseits wegen eines Streites, was derselbe Grund wie im ersten Asylverfahren war, andererseits hat sich der Grundstücksstreit weiterentwickelt und dies habe er beim zweiten Antrag auch angegeben.
Es handle sich um dasselbe Problem wie im Erstverfahren, welches sich aber weiterentwickelt habe, da jetzt sein Vater mit dessen Brüdern Probleme habe und ein Onkel des BF zu seinem Vater gesagt habe, dass dieser auch ihn und seine Brüder umbringen würde, wenn diese nach Pakistan kämen. Ein Bruder sei deshalb auch ins Ausland gegangen. Der Onkel wolle nicht, dass die Familie des BF das Land bekomme und wolle ihn deshalb umbringen. Die Eltern und die Geschwister würden verheiratet sein und keine Probleme haben; sie könnten die Angelegenheit untereinander klären. Behörden oder die Polizei habe er nicht um Hilfe gebeten.
Der Streit um das Grundstück habe vor drei Jahren begonnen und habe der Onkel dem Vater gesagt, dass er die Kinder des Vaters töten werde.
Er habe in Österreich geheiratet und würde mit seiner Frau gern in Pakistan leben, habe aber Angst vor diesen Leuten, vor allem vor seinem Onkel, aber auch vor den anderen Leuten, die ihn umbringen würden. Er sei bereits seit 12 Jahren im Ausland und wolle er nicht zurück nach Pakistan. Auf die Frage, wer diese anderen Leute seien, antwortete der BF, dass es die Personen seien, die er im ersten Antrag geschildert habe; die Freunde der getöteten Person, im Zusammenhang mit der Attacke und der Schlägerei.
Beweismittel habe er aus Pakistan kommen lassen, aber da er vor seiner Hochzeit mit anderen Personen zusammengelebt habe, seien diese verloren gegangen.
Ferner gab der BF an, im Juli oder August 2006 Pakistan verlassen zu haben und bis 2012 in Griechenland aufhältig gewesen zu sein. Griechenland habe er verlassen, da er keine Arbeit gefunden habe und es immer wieder Streitereien auf der Straße gegeben habe.
Der BF sei nie aufgrund seiner Rasse, Religion oder politisch verfolgt worden, er sei auch nie in Haft gewesen.
Im Rückkehrfall fürchte er auf dem Weg vom Flughafen in sein Dorf von seinem Onkel umgebracht zu werden.
9. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 01.03.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Das BFA führte aus, dass nicht festgestellt werden habe können, dass der BF sein Herkunftsland aufgrund einer Verfolgung oder einer Furcht vor solcher verlassen habe, da die vom BF angegebenen Ausführungen nicht glaubhaft festgestellt werden haben können. Eine Rückkehr nach Pakistan sei zumutbar, da eine Gefährdung der Person des BF infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts nicht festgestellt werden habe können. Soziale Kontakte, eine besondere Nahebeziehung oder finanzielle Anhängigkeit habe er, abgesehen von seiner Gattin, nicht; seine Familie befinde sich in Pakistan.
Beweiswürdigend wurde seitens des BFA im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schilderung des Fluchtvorbringens von abstrakter und allgemeiner Natur, weder konkret noch detailliert, gewesen sei und daher nicht als glaubwürdig gewertet werden habe können. Im Detail wurde dargelegt, dass sich das Vorbingen hinsichtlich des Grundstücksstreits ausschließlich auf Spekulationen stütze, welches weder untermauert worden noch nachvollziehbar sei. Ebenso sei das Vorbringen, nach Vorhalt, dass in Österreich nur einmal über eine Sache entschieden werden könne, gesteigert worden. Diese Steigerung sei per se als unglaubwürdig zu qualifizieren. Eine Gefahr durch den Onkel im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention existiere nicht und könne sich der BF darüber hinaus aufgrund des Fehlens eines
Meldesystems in ganz Pakistan anonym niederlassen. Dass die in Pakistan lebende Familie unbeschwert dort leben könne sowie der Umstand, dass keine Behörde oder die Polizei hinzugezogen wurden, deute darauf hin, dass eine Verfolgung nicht tatsächlich vorliege.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I wurde dargetan, warum diesem Vorbringen keine Asylrelevanz zukommen könne.
Spruchpunkt II begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.
Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass sich bei einer Gesamtabwägung der Interessen und unter Beachtung aller bekannten Umstände eine Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei, da der BF kaum Deutsch spreche, keine privaten Bindungen, außer seiner Ehefrau, in Österreich habe und sich erst seit kurzer Zeit in Österreich befinde. Die Rückkehrentscheidung greife nicht auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familien- und Privatlebens ein.
10. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 01.03.2016 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
11. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 09.03.2016 innerhalb offener Frist vollumfänglich Beschwerde. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
Moniert wurde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Es sei richtig, dass der BF, abgesehen von seiner Ehefrau, keine Verwandten in Österreich habe, jedoch stelle die Ehegattin und Kindesmutter die engste Bezugsperson dar, die ein Mensch habe könne. Die Bestimmung des Art. 8 EMRK werde durch den Bescheid mit Füßen getreten und sei die erlassende Behörde mit einer Empathielosigkeit vorgegangen, sie im diametralen Widerspruch zu den ethischen Grundwerten der österreichischen Gesellschaft stehe. Da die Gattin des BF im fünften Monat schwanger sei, entstehe die Kernfamilie des BF und habe er inzwischen das ÖSD-Zertifikat A2 absolviert.
Als Beweis wurden das Sprachzertifikat vom 01.03.2016 und eine
Schwangerschaftsbestätigung hinsichtlich der Ehefrau des BF vom 12.01.2016 beigelegt.
Einen Nachweis über die Geburt des Kindes wolle der BF im Laufe des Verfahrens vorlegen.
Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des gegenständlichen Beweises und die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 AsylG.
12. Am 18.07.2018 langte hg. ein Protokolls- und Urteilsvermerk des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX ein, wonach der BF wegen der Vergehens der Körperverletzung und der Urkundenunterdrückung zu einer Freiheitsstrafe von vier Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt wurde.
13. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
14. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde und durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.02.2019.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen
Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
2. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem
Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides des BFA zurückgezogen.
Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Vom Magistrat der Stadt XXXX , XXXX , wurde ihm am XXXX eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus mit der Gültigkeitsdauer XXXX bis XXXX für das Bundesgebiet erteilt.
3. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen resultieren aus den Angaben des BF in der hg. mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie aus der gleichzeitigen Vorlage der Rot-Weiß-Rot-Karte und einer Einsichtnahme in einen aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem
Zentrales Fremdenregister.
4. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
4.1. Zu Spruchpunkt I.:
Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd. § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Zl. Fr. 2014/20/0047).
Der Beschwerdeführer hat in der hg. mündlichen Verhandlung nach umfassender Manuduktion die Beschwerde hinsichtlich seines Antrages auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides) zurückgezogen.
Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Für einen Rechtsmittelverzicht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, daher ist auch die Zurückziehung der Beschwerde einem Beschwerdeverzicht gleichzuhalten. Eine solche Zurückziehung ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 17 iVm. § 13 Abs. 7 AVG). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, sodass die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], K 5 ff. zu § 7 VwGVG).
Da im gegenständlichen Fall eine ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung des Beschwerdeführers frei von Willensmängeln vorliegt, war das Beschwerdeverfahren spruchgemäß gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
4.2. Zu Spruchpunkt II.:
4.2.1. § 52 FPG (Rückkehrentscheidung) normieret Folgendes:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine
Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das
Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des
Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumsfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das
Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der
Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine
14
Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
4.2.2. Dem Beschwerdeführer wurde durch den Magistrat der Stadt XXXX , XXXX , am XXXX eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus mit der Gültigkeitsdauer XXXX bis XXXX für das Bundesgebiet erteilt.
§ 52 Abs. 2 FPG normiert in diesem Zusammenhang, dass eine Rückkehrentscheidung nur dann zu erlassen sei, wenn kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Die Formulierung "kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen" ist dahingehend zu verstehen, dass kein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG zukommt.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß § 41a NAG, somit ein Aufenthaltsrecht, das nicht auf dem AsylG beruht, sodass in gegenständlichem Asylverfahren jedenfalls keine Rückkehrentscheidung den Beschwerdeführer betreffend ausgesprochen werden darf bzw. in weiterer Konsequenz die erlassene
Rückkehrentscheidung zu beheben ist.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Asylantragstellung, Asylverfahren, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L506.1431439.2.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2019