TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 I412 2213904-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §57 Abs1 Z1
AsylG 2005 §58 Abs13
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §46a Abs1 Z1
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
NAG §2 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I412 2213904-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RAe Dr. LECHENAUER & Dr. SWOZIL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 16.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, den die belangte Behörde am 21.07.2014 abwies, keinen Aufenthaltstitel erteilte, eine Rückkehrentscheidung erließ und feststellte, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2016, GZ I406 2010365-1/9E, als unbegründet abgewiesen wurde.

Dem Beschwerdeführer wurde für die Zeit von 02.12.2016 bis zum 01.12.2017 eine Duldungskarte ausgestellt.

Am 13.02.2018 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 Z 1 AsylG. Dem Antrag schloss er eine Kopie seiner Geburtsurkunde, ein ÖSD Zertifikat A2 und die Vollmachtsbekanntgabe an.

Am 16.02.2018 wurde der Beschwerdeführer von der nigerianischen Delegation als Staatsangehöriger Nigerias identifiziert und ein Heimreisezertifikat, gültig von 04.04.2018 bis 03.06.2018, ausgestellt.

Dem ausgewiesenen Rechtsvertreter wurde am 19.03.2018 eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Mit Eingabe vom 05.04.2018 wurde eine Stellungnahme eingebracht und angekündigt, dass ein Mietvertrag und eine Liste von österreichischen Freunden nachgereicht werden, was bis zur Bescheiderlassung aber unterblieb.

Der Beschwerdeführer ist seit 28.02.2018 unsteten Aufenthaltes und wurde er mit 19.06.2018 von seiner Wohnadresse im Flüchtlingsquartier abgemeldet.

Mit Bescheid vom 18.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ab (Spruchpunkt I.) erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Dagegen wurde durch den Rechtsvertreter rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben. Moniert wurden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen wesentlicher Ermittlungsmängel und inhaltliche Rechtswidrigkeit. Im Wesentlichen ist das Beschwerdevorbringen auf die Integration des Beschwerdeführers gestützt, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig mache. Der Beschwerdeführer sei äußerst integrationswillig, habe eine mündliche Jobzusage, die Sprachprüfung Deutsch auf Niveau A2 bestanden, sei Mitglied in einem Verein, verkaufe eine Straßenzeitung und habe an der afrikanischen Rodelmeisterschaft in Österreich teilgenommen. Seine Aufenthaltsverfestigung in Österreich überwiege und könne er sich ein Leben in Nigeria nicht mehr vorstellen. Unrichtig festgestellt sei, dass ein Heimreisezertifikat jederzeit ausgestellt werden könne. Dies stehe im Widerspruch mit der Duldung für den Zeitraum Dezember 2016 bis Dezember 2017.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 31.01.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er wurde von der nigerianischen Delegation am 16.02.2018 identifiziert und konnte für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden. Der Beschwerdeführer besitzt keinen Reisepass und hat sich nicht um die Ausstellung eines solchen bemüht.

Der Beschwerdeführer reiste nach rechtskräftiger Entscheidung über seinen Asylantrag am 14.06.2015 nicht fristgerecht aus dem Bundesgebiet aus. Ihm wurde für die Zeit von 02.12.2016 bis 01.12.2017 eine Duldungskarte ausgestellt.

Am 13.02.2018 stellte er gegenständlichen Antrag.

Ein Heimreisezertifikat konnte für den Geltungszeitraum 04.04.2018 bis 03.06.2018 erwirkt werden. Der Beschwerdeführer hält sich seit 28.02.2018 nicht mehr in seiner Unterkunft auf und wurde er am 19.06.2018 dort abgemeldet. Eine Abschiebung konnte nicht durchgeführt werden.

Überdies verabsäumte er es bislang, die Ausstellung eines Reisepasses bei der nigerianischen Botschaft in Wien zu beantragen bzw. die Heimreise mit dem ausgestellten Zertifikat anzutreten.

Zur Person ist überdies festzustellen:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und arbeitsfähig und in Österreich unbescholten. Hinsichtlich seiner Integrationsschritte in Österreich hat sich im Vergleich zum am 14.06.2015 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren lediglich geändert, dass er nunmehr die Prüfung Deutsch A2 absolviert hat, keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, aber auch über keinen Wohnsitz mehr verfügt und sein Aufenthaltsort unbekannt ist.

Ob der Beschwerdeführer nach wie vor eine Straßenzeitung verkauft und Mitglied in einem Verein ist, kann nicht festgestellt werden.

Er verfügt über keine maßgeblichen familiären oder privaten Beziehungen in Österreich. In Nigeria leben seine Geschwister, zu denen er gelegentlich telefonischen Kontakt pflegt.

Zum Herkunftsstaat:

Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 18.12.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Zusätzlich eingeholt wurden Auszüge aus dem Zentralen Fremdenregister, dem ZMR, dem Betreuungsinformationssystem und dem Strafregister der Republik Österreich. Durch Einblick in den Gerichtsakt GZ I406 2010365-1 konnten Feststellungen zum bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren getroffen werden.

Mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Aus der beigebrachten Geburtsurkunde, die zudem eine bloße Kopie ist und keinen amtlichen Stempel oder ein Siegel enthält, kann die Identität nicht zweifelsfrei geklärt werden. Durch die positive Identifikation durch die Delegation am 16.02.2018 konnte die Staatsangehörigkeit festgestellt werden.

Dass ein Heimreisezertifikat erwirkt wurde, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister. Daraus ergeben sich auch die Angaben zu den bisherigen Verfahren und der ausgestellten Duldungskarte für den angegebenen Zeitraum.

Mit dem durch Einsicht in das ZMR und das Betreuungsinformationssystem belegten unsteten Aufenthaltes nach positiver Identifizierung durch die nigerianische Delegation konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine, durch Heimreisezertifikat ermöglichte Abschiebung, durch Untertauchen verunmöglichte. Er hat es auch verabsäumt, sich eigenständig um die Ausstellung eines Reisepasses durch die nigerianische Botschaft zumindest zu bemühen, zumal eine positive Identifizierung vorliegt und eine Heimreise somit jederzeit möglich wäre.

Die sonstigen Feststellungen zur Person ergeben sich aus dem Antragsformular vom 13.02.2018 sowie dem vorangegangen Asylverfahren zu GZ I406 2010365-1. Dass der Beschwerdeführer Deutsch auf Niveau A2 spricht, belegt das Zertifikat des ÖSD, ausgestellt am 30.05.2017. Auch wenn in der Stellungnahme vom 05.04.2018 noch behauptet wird, dass der Beschwerdeführer eine Liste mit zahlreichen österreichischen Freunden und einen Mietvertrag vorlegen könne, wurden diese Unterlagen bis dato, auch nicht im Zuge der Beschwerde, nachgereicht. Die weiteren vorgebrachten integrativen Bemühungen decken sich mit den bereits im Jahr 2015 abgeschlossenen Asylverfahren Vorgebrachtem. Dass er nach wie vor Mitglied in einem Verein ist und eine Straßenzeitung verkauft, konnte nicht festgestellt werden, da entsprechend aktuelle Belege dafür nicht vorgelegt wurden. Weder die ehrenamtliche Tätigkeit beim Magistrat, noch die Teilnahme an der Rodelmeisterschaft oder die sportliche Freizeitgestaltung sind neu hinzugekommen, sondern wurden diese Aktivitäten bereits im Asylverfahren vorgebracht. In den inzwischen vergangenen knapp 3 1/2 Jahren hat der Beschwerdeführer lediglich eine Sprachprüfung absolviert und kann daher von einer maßgeblichen integrativen Verfestigung in Österreich keinesfalls gesprochen werden.

Von ausreichender Gesundheit und Arbeitsfähigkeit kann ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer eine mündliche Jobzusage vorbracht. Belege dafür, etwa ein Arbeitsvorvertrag, konnte er aber nicht vorlegen und bleibt es daher bei der bloßen Behauptung. Im Übrigen ist festzuhalten, dass eine solche Einstellungszusagen keine bindende Zusage ist und daraus kein Recht auf eine tatsächliche Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis abgeleitet werden kann (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.10.2011, Zl. 2011/22/0065, mwN).

In der Stellungnahme vom 05.04.2018 gab der Beschwerdeführer selbst an, keine Angehörigen oder sonstigen privaten Beziehungen in Österreich zu haben. Ein schützenswertes Familienleben konnte somit nicht festgestellt werden. Zu einem etwaigen Privatleben in Österreich kann an dieser Stelle an das soeben ausgeführte verwiesen werden, wonach der Beschwerdeführer eine Liste mit österreichischen Freunden erwähnte, eine solche aber nie in Vorlage brachte. Ansonsten sind keine weiter zu prüfenden Umstände hervorgetreten.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Der Beschwerdeführer beantragte am 13.02.2018 die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs 1 Z 1 AsylG, BGBl. I Nr. iVm § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG. Die angegebenen Gesetzesbestimmungen lauten wie folgt:

Gemäß § 46a Abs 1 Z 1 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig und gemäß Z 3 solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.

§ 57 Abs 1 Z 1 AsylG lautet: "Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

§ 8 Abs 1 AsylG-DV, BGBl. II Nr. 448/2005, idgF BGBl. II Nr. 230/2017, lautet:

"Folgende Urkunden und Nachweise sind - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde."

§ 4 AsylG-DV idgF lautet:

"Verfahren

§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen."

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Am 13.02.2018 brachte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag bei der belangten Behörde ein und legte er nicht alle erforderlichen Unterlagen vor. Insbesondere fehlt es an einem gültigen Reisedokument.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 NAG ist ein Reisedokument ein Reisepass, Passersatz oder ein sonstiges durch Bundesgesetz, Verordnung oder auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen für Reisen anerkanntes Dokument; ausländische Reisedokumente genießen den strafrechtlichen Schutz inländischer öffentlicher Urkunden nach §§ 224, 224a, 227 Abs. 1 und 231 des Strafgesetzbuches (StGB). Zum Zeitpunkt der Antragstellung lag ein Heimreisezertifikat noch nicht vor und wurde ein solches erst am 04.04.2018 ausgestellt. Der Beschwerdeführer brachte weder im Parteiengehör von 05.04.2018 noch in der Beschwerde vor, sich ernstlich um ein derartiges Reisedokument bemüht zu haben. Es liegen keine Gründe vor, die es dem Beschwerdeführer verunmöglicht hätten, sich um die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bei der nigerianischen Botschaft in Wien zu kümmern. Insbesondere als feststand, dass er von der Delegation als Staatsangehöriger Nigerias identifiziert worden ist, wäre es ihm möglich gewesen, die Botschaft aufzusuchen und sein Bemühen zu zeigen.

Stattdessen ist der Beschwerdeführer untergetaucht und somit deutlich gezeigt, dass er kein Interesse an der Mitwirkung am Verfahren hat. Dass die Voraussetzungen für eine Heilung nach § 4 Abs 1 Z 3 AsylG-DV wurde nicht vorgebracht, zumal auch die Beschaffung eines Ersatzreisedokuments für den Fremden weder unmöglich noch unzumutbar war.

Ein tatsächlicher, vom Fremden nicht zu vertretenen Grund nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG konnte somit nicht ins Treffen geführt werden. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer jederzeit ausgestellt werden könnte und die Voraussetzung zur Erteilung einer Duldung somit nicht weiterhin vorliegen und daher auch ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zu erteilen war.

3.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 10 Abs 3 AsylG ist eine abweisende Entscheidung nach Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Dies deckt sich mit § 52 Abs 3 FPG, wonach das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG zurück- oder abgewiesen wird.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist. Der seit dem Jahr 2014 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte zunächst bis zur Abweisung des Asylantrages am 14.06.2015 auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb er nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Danach kam er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und war sein weiterer Aufenthalt in der Zeit von Dezember 2016 bis Dezember 2017 geduldet.

Die Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht (§ 58 Abs 13 AsylG). Seit 28.02.2018 ist der Beschwerdeführer zudem unsteten Aufenthaltes bzw. hat er keinen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet seit 19.06.2018.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren bzw. unrechtmäßigem Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund 4 1/2-jährigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dazu kann auf das oben Gesagte verwiesen werden.

3.3. Zu prüfen bleibt, ob, die Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 FPG unzulässig ist. Auch dies ist gegenständlich nicht der Fall.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig und wird sich in Nigeria eine Existenz sichern können. Zudem kann er auf die Unterstützung seiner dort aufhältigen Geschwister zurückgreifen und wird nicht völlig auf sich alleine gestellt sein. Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre. Dass eine Abschiebung in einen anderen als seinen Herkunftsstaat erfolgen könnte, ergibt sich aus dem Akteninhalt ebenso nicht.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde am 14.06.2015 rechtskräftig abgewiesen.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

3.4. Die Beschwerde erweist sich daher betreffend die Spruchpunkte I. bis III. als unbegründet, sodass sie abzuweisen war. Die Beschwerde richtet sich nicht weiter gegen Spruchpunkt IV., dazu sei der Vollständigkeit halber ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs 1 bei einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen ist. Weil im gegenständlichen Fall keine besonderen Umstände hervorgetreten sind, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, war die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Abs 2 leg. cit. festzulegen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt insbesondere in dem Umstand zu sehen, dass der Beschwerdeführer sich nicht um ein entsprechendes Reisedokument bemüht hat und stattdessen untergetaucht ist. Dieser Umstand ergibt sich aus dem Auszug aus dem ZMR und ist als solcher unbestritten. Vor diesem Hintergrund wäre es auch nicht möglich gewesen, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen bzw. hätte die Befragung des Beschwerdeführers zu keinem anderen Ergebnis führen können. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher davon ausgehen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt war (VwGH, 12.11.2015, Ra 2015/21/0184).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer
Schutz, Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe,
freiwillige Ausreise, Frist, Interessenabwägung, Mitwirkungspflicht,
öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Reisedokument, Rückkehrentscheidung, Untertauchen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I412.2213904.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten