TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 I403 2214206-2

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Veröffentlicht am 13.03.2019
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Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

ABGB §1332
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs4

Spruch

I403 2214206-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, stellte am 16.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (fortan: BFA; belangte Behörde) vom 22.10.2018 wurde dieser Antrag gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Ägypten wurde für zulässig erklärt und eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt. In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde sowohl in deutscher wie auch in arabischer Sprache auf eine vierwöchige Rechtsmittelfrist hingewiesen.

Der Bescheid des BFA vom 22.10.2018 wurde dem zu diesem Zeitpunkt unvertretenen, aufrecht im Bundesgebiet gemeldeten Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 25.10.2018 in der Postfiliale XXXX zugestellt. Zugleich wurden ihm eine Verfahrensanordnung vom 23.10.2018, mit welcher ihm die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung) als Rechtsberatung zur Seite gestellt wurde, und eine Verfahrensanordnung vom 23.10.2018, welche ihm die Verpflichtung auferlegte, bis zum 21.11.2018 ein Rückkehrberatungsgespräch bei der "Caritas Rückkehrhilfe" in Anspruch zu nehmen, zugestellt. Als Beginn der Abholfrist wurde der 29.10.2018 (aufgrund des gesetzlichen Feiertages am 26.10.2018) am Zustellschein vermerkt.

Am 12.12.2018 langte der Beschwerdeschriftsatz des Beschwerdeführers gegen den Asylbescheid vom 22.10.2018, nunmehr vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung), samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim BFA ein. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den Bescheid zwar am 12.11.2018 behoben, jedoch sei ihm aufgrund seiner mangelnden Kenntnisse des österreichischen Rechtssystems nicht bekannt gewesen, dass zur Erhebung einer Beschwerde nur noch "eine kurze Frist" bestanden habe. Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, dass er sich an eine Rechtsberatungsorganisation wenden hätte können, um sich rechtlich beraten und im Beschwerdeverfahren vertreten zu lassen. Da der Beschwerdeführer keine ausreichenden finanziellen Mittel für einen Anwalt gehabt habe, habe er sich zunächst am 28.11.2018 an seinen per Verfahrensanordnung zugeteilten Rückkehrberater "Caritas Rückkehrhilfe" gewandt, welcher ihn über die vierwöchige Rechtsmittelfrist in Kenntnis gesetzt und ihm mitgeteilt habe, dass er sich an die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung) bezüglich eines Rechtsberatungsgespräches wenden könne. Am 03.12.2018 sei der Beschwerdeführer schließlich im Zuge eines Rechtsberatungsgespräches bei der ARGE Rechtsberatung ausführlich über die Beschwerdefristen sowie die Möglichkeit einer kostenlosen Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren aufgeklärt worden.

Mit im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 20.12.2018, zugestellt am 10.01.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Zudem wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.).

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht am 06.02.2019 Beschwerde erhoben. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.02.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Asylbescheid vom 22.10.2018 wurde dem zu diesem Zeitpunkt unvertretenen, aufrecht im Bundesgebiet gemeldeten Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 25.10.2018 in der Postfiliale XXXX zugestellt. Als Beginn der Abholfrist wurde der 29.10.2018 (aufgrund des gesetzlichen Feiertages am 26.10.2018) am Zustellschein vermerkt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete mit Ablauf des 26.11.2018.

Die Beschwerdeführer behob seinen Asylbescheid am 12.11.2018, ehe er sich am 28.11.2018, nach Ablauf der Beschwerdefrist, an seinen per (zugleich mit seinem Asylbescheid zugestellter) Verfahrensanordnung zur Seite gestellten Rückkehrberater, die "Caritas Rückkehrhilfe", gewandt hatte, welcher ihn auf die vierwöchige Beschwerdefrist aufmerksam gemacht hatte. Allerdings war er laut Verfahrensanordnung, welche auch ins Arabische übersetzt worden war, verpflichtet, das Rückkehrberatungsgespräch bis zum 21.11.2018 in Anspruch zu nehmen.

Zugleich mit dem Bescheid war dem Beschwerdeführer auch mit einer Verfahrensanordnung mitgeteilt worden, dass er sich an die Rechtsberatung der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung) wenden könnte; auch dies war in seiner Muttersprache übersetzt.

Die Rechtsmittelbelehrung im Asylbescheid vom 22.10.2018 ist (auch) in der Muttersprache des Beschwerdeführers, Arabisch, enthalten.

Am 30.11.2018 wandte sich der Beschwerdeführer an seinen nunmehrigen Vertreter, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung), wo er im Zuge eines Beratungstermins am 03.12.2018 ausführlich über Beschwerdefristen und die Möglichkeit einer kostenlosen Rechtsberatung und -vertretung im Beschwerdeverfahren aufgeklärt wurde. Die Beschwerde gegen den Asylbescheid des BFA vom 22.10.2018 wurde am 12.12.2018 - und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist (26.11.2018) - eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrensgang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest.

Der auf der Übernahmebestätigung beruhenden Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Asylbescheid vom 22.10.2018 am 29.10.2018 ordnungsgemäß zugestellt wurde und die vierwöchige Beschwerdefrist somit mit Ablauf des 26.11.2018 endete, wurde im Verfahren nicht bestritten. Auch wurde in der Beschwerde dem Umstand, dass der Beschwerdeschriftsatz des Beschwerdeführers samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 12.12.2018 beim BFA einlangte, nicht entgegengetreten. Diese Punkte sind daher nicht strittig und werden auch gegenständlicher Entscheidung zugrunde gelegt.

Im Antrag auf Wiedereinsetzung vom 12.12.2018 wurde erklärt, dass der Beschwerdeführer seinen Asylbescheid am 12.11.2018 behoben hatte, ihm jedoch mangels ausreichender Kenntnis des österreichischen Rechtssystems nicht bekannt gewesen sei, dass für die Erhebung einer Beschwerde nur mehr "eine relativ kurze Frist bestand". Ebenso ergibt sich aus dem Antrag, dass sich der Beschwerdeführer erst am 28.11.2018 an den ihm zur Seite gestellten Rückkehrberater, die "Caritas Rückkehrhilfe", gewandt hatte und hierbei erfahren habe, dass zur Erhebung einer Beschwerde eine vierwöchige Frist besteht, welche mit der Hinterlegung des Asylbescheides zu laufen begonnen hatte.

Das BFA stellte daraufhin im angefochtenen Bescheid richtigerweise fest, dass der Beschwerdeführer selbst nach der Behebung seines Asylbescheides am 12.11.2018 noch 14 Tage lang Zeit hatte, eine Beschwerde gegen diesen einzubringen. In der Rechtsmittelbelehrung des Asylbescheides wurde sowohl in deutscher wie auch in arabischer Sprache, der Muttersprache des Beschwerdeführers, auf eine vierwöchige Rechtsmittelfrist hingewiesen, ebenso wurde dem Beschwerdeführer zugleich mit dem Asylbescheid per Verfahrensanordnung die "Caritas Rückkehrhilfe" als Rückkehrberater und die ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater zur Seite gestellt. Es ist dem BFA dahingehend zuzustimmen, dass im konkreten Fall weder ein Zustellmangel noch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegen. Das Verschulden für die Versäumung der Beschwerdefrist gründet auf der Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers, welcher sich erst nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist erstmalig an seinen zugeteilten Rückkehrberater gewandt hatte, obwohl er im Übrigen laut Verfahrensanordnung verpflichtet gewesen wäre, bis zum 21.11.2018 ein Rückkehrberatungsgespräch zu führen.

In der gegenständlichen Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde der Wiedereinsetzungsgrund im Wesentlichen wiederholt und nochmals darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer mangels ausreichender Kenntnis des österreichischen Rechtssystems nicht bekannt gewesen sei, dass für die Erhebung einer Beschwerde, nachdem er den Asylbescheid behoben habe, nur mehr eine relativ kurze Frist bestanden habe und ihm diesbezüglich kein Verschulden zuzurechnen sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Zunächst ist festzuhalten, dass - wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid richtig erkannt hat - bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung ist und nicht §§ 71, 72 AVG, insbesondere nicht § 71 Abs. 4 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH, 28.09.2016, Ro 2016/16/0013 oder auch zuletzt VwGH, 05.12.2018, Ra 2018/20/0441).

§ 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idF BGBl. I Nr. 57/2018 lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1.-nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.-nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1.-nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.-nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Im gegenständlichen Fall wurde unzweifelhaft eine Frist versäumt, da die Beschwerde gegen den Asylbescheid vom 22.10.2018 verspätet eingebracht wurde (vgl. dazu Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2018, GZ. I403 2214206-1). Die Beschwerde wurde zeitgleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebracht.

Als Wiedereinsetzungsgrund wurde vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer mangels ausreichender Kenntnis des österreichischen Rechtssystems nicht bekannt gewesen sei, dass für die Erhebung einer Beschwerde nach der Behebung des Asylbescheides nur mehr "eine relativ kurze Frist bestand".

Nach der Judikatur des VwGH kann ein Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund grundsätzlich in Betracht kommen. Wenn ein solcher Irrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht wird, ist im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen. Der Begriff des minderen Grades des Versehens im letzten Satz des § 46 Abs. 1 VwGG ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen hat (zB Beschluss des VwGH, 11.09.2013, 2013/02/0152 oder vom 10.11.2015, Ra 2015/19/0222).

Im konkreten Fall wurde der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelbelehrung des Asylbescheides sowohl in deutscher als auch in arabischer Sprache auf eine vierwöchige Rechtsmittelfrist hingewiesen. Den Asylbescheid hatte er am 12.11.2018 behoben, er war jedenfalls ab diesem Zeitpunkt über den Verlauf des Verfahrens und die Bedeutsamkeit der Fristen informiert. Selbst nach der Behebung des Asylbescheides wären dem Beschwerdeführer noch 14 Tage geblieben, um fristgerecht eine Beschwerde gegen diesen einbringen zu können. Zudem war der Beschwerdeführer mit einer zeitgleich zugestellten Verfahrensanordnung darauf hingewiesen worden, dass er sich "aufgrund der laufenden Rechtsmittelfrist unverzüglich" mit dem ihm zur Seite gestellten Rechtsberater in Verbindung setzen solle. Auch dies wurde vom Beschwerdeführer nicht getan.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist ein Ereignis dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittmenschen nicht objektiv verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und deren Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (VwGH, 17.02.1994, 93/16/0020). Im vorliegenden Fall liegt jedoch keineswegs ein unabwendbares Ereignis vor, da es durch einen Durchschnittsmenschen sehr wohl hätte objektiv verhindert werden können, indem sich dieser adäquat und zeitnah mit dem Inhalt des ihm ordnungsgemäß zugestellten Asylbescheides und der Verfahrensanordnung auseinandergesetzt hätte.

Hinsichtlich des Vorbringens im Antrag auf Wiedereinsetzung bzw. in der Beschwerde gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages, den Beschwerdeführer treffe mangels ausreichender Kenntnis des österreichischen Rechtssystems kein Verschulden, ist festzuhalten, dass es keinerlei Kenntnis des österreichischen Rechtssystems bedarf, um den Inhalt einer unmissverständlichen Rechtsmittelbelehrung in Arabisch (der Muttersprache des Beschwerdeführers), wonach gegen den Asylbescheid binnen vier Wochen schriftlich bei der belangten Behörde eine Beschwerde erhoben werden kann, verstehen zu können. Generell stellt die Rechtsunkundigkeit einer Verfahrenspartei oder deren mangelnde Sprachkenntnisse keinen Entschuldigungsgrund hinsichtlich eines Irrtums über ein Zustelldatum dar. Auch unvertretene Parteien trifft bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. VwGH, 25.06.1996, 96/11/0034 oder zuletzt VwGH, 25.09.2018, Ra 2016/05/0018).

Ein durchschnittlicher Mensch würde sich in der Situation des Beschwerdeführers zeitnah und mit der nötigen Sorgfältigkeit mit dem Inhalt eines ihm zugestellten behördlichen Schriftstückes auseinandersetzen. Der Beschwerdeführer musste sich über die Dringlichkeit der Angelegenheit im Klaren sein, wandte sich aber dennoch erst 16 Tage nach Behebung seines Asylbescheides an den ihm per Verfahrensanordnung zur Seite gestellten Rückkehrberater.

Aufgrund sämtlicher Ausführungen war im vorliegenden Fall kein Element erkennbar, welches einen durchschnittlich sorgsamen Menschen tatsächlich an der fristgerechten Einbringung einer zumindest kurz gefassten Beschwerde gehindert haben würde. Ein Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen hat. Im Rahmen der ihn als "ordentliche Prozesspartei" treffenden Sorgfaltspflicht trifft einen Antragsteller etwa die Obliegenheit, sich die notwendigen Kenntnisse hinsichtlich der für einen Antrag richtigen Einbringungsstelle zu verschaffen (am Beispiel eines Verfahrenshilfeantrages zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision; Beschluss des VwGH, 10.11.2015, Ra 2015/19/0222). Ebenso ist davon auszugehen, dass es in der den Beschwerdeführer als "ordentliche Prozesspartei" treffenden Sorgfaltspflicht beinhaltet ist, in Erfahrung zu bringen, innerhalb welcher Frist eine Beschwerde gegen eine behördliche Entscheidung erhoben werden kann. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer erst 16 Tage nach Behebung seines Asylbescheides an den ihm per Verfahrensanordnung zur Seite gestellten Rückkehrberater gewandt hatte, obwohl er laut Verfahrensanordnung bereits mindestens sieben Tage früher sein verpflichtendes Rückkehrberatungsgespräch hätte führen müssen, und dass er sich - trotz Hinweises in der Verfahrensanordnung - erst im Anschluss in Kontakt mit seinem Rechtsberater setzte, um mit diesem den Inhalt der behördlichen Entscheidung zu erörtern, zeigt deutlich, dass er sorglos gehandelt hat und dies auch nicht mit sprachlichen Barrieren oder mangelnder Kenntnis des österreichischen Rechtssystems zu erklären ist, zumal die Rechtsmittelbelehrung des Asylbescheides ebenso wie die Verfahrensanordnungen ohnedies auch in seine Muttersprache Arabisch übersetzt waren.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit eines Spruchpunktes "Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG wird Ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt" dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnommen werden kann.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und unstrittig. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Zu beurteilen war nur die Frage, ob der Beschwerdeführer auffallend sorglos gehandelt hat oder ob seine "mangelnde Kenntnis des österreichischen Rechtssystems" dazu führt, dass ihm die Versäumung der Frist nicht vorgeworfen werden kann. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber evident, dass auch unvertretene Parteien bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft (vgl. VwGH, 25.06.1996, 96/11/0034 oder zuletzt VwGH, 25.09.2018, Ra 2016/05/0018) und liegt daher auch keine strittige Rechtsfrage vor.

Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Beschwerdefrist, erhöhte Sorgfaltspflicht,
Fahrlässigkeit, Fristablauf, Fristbeginn, Fristüberschreitung,
Fristversäumung, minderer Grad eines Versehens, Rechtsirrtum,
Rechtsmittelfrist, Rückkehrentscheidung, Sorgfaltspflicht,
Sprachkenntnisse, unabwendbares Ereignis, unvorhergesehenes und
unabwendbares Ereignis, Verschulden, verspätete Beschwerde,
Wiedereinsetzungsantrag, zumutbare Sorgfalt, Zustellung, Zustellung
durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I403.2214206.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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