TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 W112 2211176-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §29 Abs5

Spruch

W112 2211176-4/11E

Gekürzte Ausfertigung des am 04.03.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA ALGERIEN alias MAROKKO, gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt

der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 22.08.2018 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den Beschwerdeführer zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft. Beschwerde gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer nicht. Nach der Entlassung aus der Strafhaft wurde der Beschwerdeführer am 23.08.2018 in Schubhaft genommen.

Mit Erkenntnis vom 18.12.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Mit Erkenntnis vom 10.01.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Mit Erkenntnis vom 07.02.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Am 28.02.2019 legte das Bundesamt den Akt des Beschwerdeführers vor und erstattete eine Stellungnahme.

Am 04.03.2019 fand die hg. mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt nicht teilnahm.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 04.03.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer war nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügte über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU. Seine Identität stand nicht fest. Das von ihm angegebene Geburtsdatum war laut forensischer Altersdiagnostik ausgeschlossen. Auf Grund der Mitteilung der algerischen Vertretungsbehörde vom 10.04.2017 stand fest, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Angaben nicht ALGERISCHER Staatsangehöriger war. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ein Freund des ALGERISCHEN Konsuls war und es sich bei dieser Feststellung um eine Gefälligkeit für ihn handelte. Auf Grund der Mitteilung der TUNESISCHEN Vertretungsbehörde vom 22.09.2017 stand fest, dass der Beschwerdeführer nicht TUNESIER war.

Der Beschwerdeführer machte zu seiner Einreise keine gleichbleibenden Angaben. Er stellte am 07.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wirkte an seinem Asylverfahren mit, das allerdings fast zur Gänze während seiner Anhaltung in Strafhaft geführt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem das Bundesamt seinen Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen hatte, mit Erkenntnis vom 18.05.2015 als unbegründet ab. Beschwerde oder Revision gegen dieses Erkenntnis wurde nicht erhoben.

Mit Bescheid vom 22.12.2016, dem Beschwerdeführer zugestellt am 27.12.2016, erließ das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, stellte fest, dass seine Abschiebung nach ALGERIEN zulässig war und erließ ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot gegen ihn. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 29.03.2018, dem Beschwerdeführer zugestellt am 05.04.2018, erließ das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, stellte fest, dass seine Abschiebung nach MAROKKO zulässig war und erließ ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot gegen ihn. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer war achtfach vorbestraft; alle der ersten Verurteilung nachfolgenden Taten beging der Beschwerdeführer während aufrechter Probezeit trotz Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe.

Er war in Österreich außerhalb der Grundversorgung, in der er sich während des ersten Monats seines Aufenthaltes und zwei Wochen im XXXX 2014 befand, und außerhalb von Haftanstalten nie gemeldet. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer nicht anmelden konnte; vielmehr stand fest, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthaltsort verschleiern wollte, wie er auch in der hg. mündlichen Verhandlung die Beziehung zu seiner Freundin verschleiern wollte.

Der Beschwerdeführer bestritt seinen Lebensunterhalt in Österreich außerhalb von Haftanstalten seit XXXX 2014 durch Zuwendungen von Freunden, Schwarzarbeit und war mehrfach wegen XXXX delikten und XXXX delikten vorbestraft. Er hatte ein soziales Netz in Österreich, das ihm bisher den Aufenthalt im Verborgenen ermöglichte und im Falle der Haftentlassung wieder ermöglicht hätte.

In Schubhaft trat der Beschwerdeführer einmal in den Hungerstreik; seine Einlassung, er habe nur drei Tage lang keinen Hunger gehabt, war nicht glaubhaft. Er wurde in Schubhaft XXXX Mal diszipliniert. Er war bei der Rückkehrberatung nicht rückkehrwillig und war auch im Entscheidungszeitpunkt nicht rückkehrwillig. Er suchte nie um die unterstützte freiwillige Ausreise an, brachte nie Dokumente in Vorlage, beantragte nie die Ausstellung von Dokumenten um seiner Ausreiseverpflichtung nachkommen zu können und hätte sich im Falle der Haftentlassung der Effektuierung der Rückkehrentscheidung durch Weiterreise in einen anderen Schengenstaat entzogen.

Das Bundesamt übermittelte am 28.4.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer an die Botschaft des Königreichs MAROKKO. Seitdem wurde wiederholt schriftlich und bei mehreren Treffen auch mündlich ausdrücklich urgiert. Schriftliche Urgenzen erfolgten regelmäßig - zuletzt am 08.01.2019, am 12.02.2019 und weiters am 01.03.2019. Die Botschaft des Königreichs MAROKKO sagte am 01.03.2019 telefonisch eine nochmalige Urgenz bei den Behörden in XXXX zu, um den Prozess der Übermittlung des Identifizierungsergebnisses an die Botschaft zu beschleunigen.

Mit Bescheid vom 22.08.2018 verhängte das Bundesamt die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Anschluss an die Strafhaft über den Beschwerdeführer. Nach der Entlassung aus der Strafhaft wurde er am 23.08.2018 in Schubhaft genommen. Mit Erkenntnissen vom 18.12.2018, 10.01.2019 und 07.02.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorlagen und seine weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig war.

Der Beschwerdeführer war haftfähig und abgesehen von seiner XXXX , auf Grund welcher er sich in der Schubhaft wie zuvor in der Strafhaft in einem XXXX befand, gesund.

Der Beschwerdeführer wurde seit 23.08.2018 in Schubhaft angehalten. Er befand sich im Zeitpunkt der Entscheidung auf Grund des Erkenntnisses vom 07.02.2019 in Schubhaft, die seit 10.11.2018 im Polizeianhaltezentrum XXXX vollzogen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus der hg. Verhandlung am 04.03.2019, den beigeschafften Verwaltungs- und Gerichtsakten der Schubhaftverfahren, den Verwaltungsakten und des Gerichtsaktes des Asylverfahrens, Auskünften aus dem IZR, ZMR, dem Strafregister, der Anhaltedatei und dem GVS sowie aus den amtsärztlichen Unterlagen. Die Feststellungen zum Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruhten auf der Mitteilung des Bundesamtes des Referates DUBLIN UND INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN vom 01.03.2019.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A.I.) Fortsetzungsausspruch

Der Beschwerdeführer wurde seit 23.08.2018 zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten. Der volljährige Beschwerdeführer war nicht österreichischer Staatsbürger und verfügte weiterhin über kein Aufenthaltsrecht für Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union; sein Antrag auf internationalen Schutz war mit Erkenntnis vom 18.05.2015 als unbegründet abgewiesen worden. Gegen den Beschwerdeführer bestand aufgrund der Bescheide des Bundesamtes vom 22.12.2016 bzw. 29.03.2018 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 2 FPG lagen daher im Entscheidungszeitpunkt vor.

Im Fall des Beschwerdeführers lag Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG mangels sozialer Bindungen im Bundesgebiet vor, die gegen die Annahme von Fluchtgefahr sprachen. Er vereitelte bisher iSd Z 1 die Abschiebung durch die Angabe einer falschen Identität. Die Fluchtgefahr war im Falle des Beschwerdeführers erheblich, zumal eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung iSd § 76 Abs. 3 Z 3 FPG vorlag und der Beschwerdeführer auch keine wahren Angaben zu seiner Reiseroute machte und in den Hungerstreik trat.

Auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers und seiner Einlassung, dass er im Falle der Entlassung aus der Schubhaft in einen anderen Schengenstaat weitergereist wäre, konnte mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.

Die Anhaltung in Schubhaft war auch vor dem Hintergrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und seiner erheblichen Straffälligkeit (§ 76 Abs. 2a FPG) verhältnismäßig.

Mit der Durchführung der Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer war auf Grund der vom Bundesamt mit Nachdruck betriebenen Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit hinreichender Sicherheit zu rechnen.

Auch die über sechs Monate andauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft war auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers, der erheblichen Fluchtgefahr und der effizienten Verfahrensführung sowie auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers nicht nur verhältnismäßig sondern auch gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG rechtmäßig: Der Beschwerdeführer konnte bisher deshalb nicht abgeschoben werden, weil die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bisher aus Gründen, die der Beschwerdeführer zu vertreten hatte - er brachte keine Dokumente in Vorlage, das von ihm angegebene Geburtsdatum war laut Altersdiagnostik medizinisch ausgeschlossen, die von ihm angegebene Staatsangehörigkeit laut der Mitteilung der algerischen Vertretungsbehörde vom 10.04.2017 -, nicht möglich war und das Bundesamt die drei Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits während seiner Anhaltung in Strafhaft eingeleitet hatte und konsequent führte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, die Rechtslage § 22a Abs. 4 BFA-VG und § 80 Abs. 4 FPG gemäß VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111, 11.05.2017, Ra 2016/21/0144, und 26.01.2017, Ra 2016/21/0348, geklärt.

Begründung der gekürzten Ausfertigung

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 04.03.2019 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
gekürzte Ausfertigung, Identität, Schubhaft, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W112.2211176.4.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten