TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/27 L525 2194135-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L525 2194135-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein pakistanischer Staatsangehöriger - stellte nach Einreise in das Bundesgebiet am 29.7.2914 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 11.4.2018 wies das Bundesamt für Fremdenweisen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Der Beschwerde wurde in Spruchpunkt V. gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welches mit Erkenntnis vom 22.6.2018, Zl. W235 2194135-1/3E die Beschwerde als unbegründet abwies. Soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Pakistan, gehöre der Volksgruppe der Punjabi an und bekenne sich zum sunnitischen Islam. Der Beschwerdeführer habe Pakistan am 3.7.2014 legal verlassen und sei mit einem österreichischen Visum legal in das Bundesgebiet eingereist, wo er am 29.7.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Die Eltern des Beschwerdeführers, zwei Brüder und zwei Schwestern würden in Pakistan laben. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer sowohl mütterlicherseits als auf väterlicherseits Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen im Herkunftsstaat. Mit allen seinen genannten Angehörigen stehe der Beschwerdeführer in Kontakt. Beim Beschwerdeführer würden aktuell keine Erkrankungen in körperlicher oder psychischer Hinsicht sowie Hinweise auf einen längerfristigen Pflege- oder Rehabilitationsbedarf vorliegen. Eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit habe ebenfalls nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer verfüge über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine Familienangehörigen und lebe auch mit niemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Am 11.2.2016 habe der Beschwerdeführer das freie Gewerbe "Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent" beim Gewerbeamt der Stadt Wels angemeldet und betreibe seither gemeinsam mit einem Schulfreund, den er zufällig in Österreich kennengelernt habe, ein Handyreparaturgeschäft. Trotzdem habe der Beschwerdeführer bis zum 30.6.2017 Leistungen aus der Grundversorgung bezogen. Nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer zur Gänze selbsterhaltungsfähig sei. Der Beschwerdeführer habe mehrere Deutschkurse absolviert und jedenfalls die Niveaustufe A2 erlangt. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer lebe seit Antragstellung auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Der Beschwerdeführer verfüge über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Darüber hinaus würden keine sonstigen Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens vorliegen. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht hervorgekommen. Es hätten keine Umstände festgestellt werden können, die eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig erscheinen lassen würden.

Zur Rückkehrentscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht in seiner rechtlichen Würdigung aus, der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos und verfüge er im Staatsgebiet weder über familiäre noch verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und lebe er auch nicht in einer (eheähnlichen) Lebensgemeinschaft, sodass durch die Rückkehrentscheidung jedenfalls kein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers vorliege. Zum Privatleben würdigte das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer zwar legal eingereist sei, jedoch er sich seit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz lediglich aufgrund seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhalte, wobei sich dieser als unbegründet erwiesen habe, weswegen nicht von einem gesicherten Aufenthaltsstatus ausgegangen werden könne. Zugunsten des Beschwerdeführers erweise sich, dass der Beschwerdeführer zumindest versucht sei selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, was sich durch die Gewerbeanmeldung und dem Betreiben eines Handyreparaturgeschäftes zeige. Demgegenüber sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer zwar am 11.2.2016 sein Gewerbe angemeldet habe, jedoch weiterhin die Leistungen aus der Grundversorgung durch den österreichischen Staat bezogen habe und erst am 30.6.2017 aus der Grundversorgung entlassen worden sei, was im Übrigen nicht auf Betreiben des Beschwerdeführers zurückzuführen gewesen sei, sondern auf Initiative des BFA beruht sei. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer ohnehin von seiner Familie und einem Freund aus Frankreich finanziell unterstützt werde, was er selbst ausführte, womit von einer Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gesprochen werden könne. Soweit die Beschwerde darauf verweise, dass die Europäische Datenschutzverordnung einen Bedarf an einer enorm hohen Zahl an IT-Technikern benötige, so sei nicht zu erblicken, inwiefern der Beschwerdeführer als Inhaber eines Handyreparaturgeschäftes diesen Bedarf decken könnte. Abgesehen vom Versuch eine gewisse Selbsterhaltungsfähigkeit zu erlangen, habe der Beschwerdeführer auch Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 erlangt und verfüge er im Bundesgebiet über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Das Gewicht des Aufenthaltes sei dadurch gemindert, als dass sich der Beschwerdeführer nur aufgrund seines Asylantrages im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Die bisherige Aufenthaltsdauer von nicht ganz vier Jahren erweise sich als zu kurz um bereits von einer außergewöhnlichen Integration sprechen zu können. Dass der Beschwerdeführer unbescholten sei, führe zu keinem Unterschied.

Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte am 3.8.2018 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK und führte weiters aus, er halte sich seit gut vier Jahren im Bundesgebiet auf und sei ihm eine sehr gute Integration gelungen. Hervorzuheben sei, dass der Beschwerdeführer seit Februar 2016 selbstständig sei und für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne. Er führe ein Handygeschäft. Der Antragsteller sei mit einer bosnischen Staatsangehörigen kirchlich verheiratet und würden sie gemeinsam mit der Tochter der Frau leben. Der Beschwerdeführer habe sich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen können. Der Beschwerdeführer habe einen A2 Deutschkurs im Jahr 2016 erfolgreich abschließen können.

Der Beschwerdeführer legte folgende Unterlagen seinem Antrag bei:

* Kopie einer ungültigen Asylkarte

* Giro Account Ausdruck vom 8.3.2018

* Meldebestätigung vom 31.3.2016

* Meldebestätigung der kirchlich angetrauten Gattin vom 6.9.2016

* Gewerbeanmeldung der Stadt Wels vom 11.2.2016

* Auszug der Daten zur Gewerbeberechtigung-Entstehung 11.2.2016

* Bestätigung über eine steuerliche Beratung vom 29.3.2018

* Kaufvertrag von Firmengegenständen vom 30.3.2018

* Mietvertrag vom 1.12.2015 und Änderung zum Mietvertrag vom 20.4.2018

* Ergänzung zum Mietvertrag vom 1.12.2015, vom 16.3.2016

* Mietvereinbarung vom 1.3.2016

* Meldezettel der Stieftochter vom 16.3.2016

* Unterstützungsschreiben vom 6.7.2018

* Unterstützende Unterschriftenliste

* Gewinn-Verlustrechnung - Jahresabschluss 2017

* Elektronisches Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger vom 3.10.2017, vom 2.5.2017 und 2.10.2017 über einen XXXX

* Verdienstnachweise 2017

* Deutsch-Sprachprüfung A2 vom 16.1.2016

* Prüfungszeugnis A2 vom 16.1.2016

* Deutschkurs-Teilnahmebescheinigungen 2014

* Zeugnis-Deutsch-Grundkurs-teilgenommen 2014

* Zeugnis-Deutsch-Grundkurs-teilgenommen 2015

* Diplom des Trade Testing Professional Council, undatiert, ausgestellt in Islamabad

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.12.2018 wies das BFA den Antrag gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe weder eine körperliche noch geistige Beeinträchtigung geltend gemacht. Er verfüge über starke familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Pakistan. Er sei in der Lage sich wirtschaftlich als auch sozial wieder in Pakistan zu integrieren. Zum Privat- und Familienleben hätten sich im Vergleich zum Asylverfahren keine relevanten Änderungen ergeben und sei kein maßgeblich geänderter Sachverhalt iSv nova producta feststellbar. So liege zwischen dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung und der seinerzeitigen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nur ein sehr kurzer Zeitraum, sodass sich der Inlandsaufenthalt nicht wesentlich verlängert habe. Es sei kein maßgeblich geänderter Sachverhalt feststellbar. Ein Familienleben sei nicht ersichtlich. Auch wenn die Rechtsvertretung in der Antragsbegründung eine kirchliche Verehelichung mit einer bosnischen Staatsangehörigen und einem gemeinsamen Wohnsitz mit ihr und deren Tochter anführt, so sei diesen Angaben entgegenzusetzen, dass laut ZMR-Abfrage eben kein gemeinsamer Wohnsitz bestehe und die Verehelichung auch nicht nachgewiesen worden sei. Dagegen würden familiäre Bindungen nach Pakistan bestehen. Sämtliche nunmehr eingebrachten Integrationsunterlagen seien bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Zl. W235 2194135-1/3E berücksichtigt worden.

Mit Schriftsatz vom 17.1.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, unzutreffend sei, dass der Erstantrag erst am 8.11.2018 gestellt worden sei, sondern bereits am 3.8.2018, womit der gesamte Zeitraum bis zur Bescheiderlassung zu berücksichtigen sei. Die erstinstanzliche Behörde argumentiere damit, dass die vorgelegte Integrationsmappe keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt darstelle, da gewisse Integrationsschritte erst nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung gesetzt worden seien. Diese Umstände würden die Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht wesentlich vertiefen. Diese Argumentation würde jedoch umgekehrt gerade den Schluss nahelegen, dass nach Ansicht der Erstbehörde sehr wohl eine Änderung des Sachverhaltes vorliege. Es hätte daher einer inhaltlichen Auseinandersetzung bedurft. Zugunsten des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, dass er seit nun bald drei Jahren selbständig tätig sei und keinerlei staatliche Unterstützung in Anspruch nehme. Grundsätzlich sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer sich seit rund viereinhalb Jahren in Österreich aufhalte, mehrere Deutschkurse besucht habe und das A2 Zertifikat erfolgreich abgelegt habe. Er sei mit einer bosnischen Staatsangehörigen verheiratet und lebe mit seiner Ehegattin und der Stieftochter im gemeinsamen Haushalt, dies seit dem dritten Jahr. Selbst wenn der Beschwerdeführer nur kirchlich und nicht standesamtlich verheiratet sei, so liege trotzdem ein Familienleben vor.

Über Aufforderung des erkennenden Gerichtes legte die belangte Behörde nach der Beschwerdevorlage und der Vorlage des Verwaltungsaktes die Mappe mit Integrationsunterlagen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsbürger und befindet sich seit 2014 im Bundesgebiet. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit dem hg Erkenntnis vom 22.6.2018, W235 2194135-1/3E als unbegründet abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung getroffen, die immer noch aufrecht ist. Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet nicht und befindet sich seitdem rechtswidrig in Österreich. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer ist gesund und betreibt einen Handyshop in Wels. Er hat Freunde in Österreich. Während seines Aufenthaltes in Österreich bezog der Beschwerdeführer auch während seiner selbständigen Tätigkeit Sozialleistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes im Vergleich zur Rückkehrentscheidung vom 22.6.2018 konnte nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer ein Familienleben in Österreich begründet hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem hg Verfahrensakt zu W235 21974135-1, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer in Österreich ein Familienleben begründet hat, so schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde an, wonach laut dem eingeholten ZMR-Auszug keine aufrechte Meldung mit der angeblichen Ehefrau und deren Tochter besteht. Diesen Ausführungen tritt die Beschwerde in keiner Weise entgegen. Ebenso unterlies der Beschwerdeführer sowohl im Antrag als auch in der Beschwerde irgendwelche Beweismittel über die angebliche Hochzeit vorzulegen. Soweit die Beschwerde vorbringt, das gemeinsame Familienleben bestünde bereits seit drei Jahren, so wird auf das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 22.6.2018 verwiesen, wonach der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Entscheidung ledig ist und kein Familienleben führte. Zur rechtlichen Auswirkung dieses Vorbringens sei auf die Ausführungen unter Punkt 3. verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 lauten auszugsweise:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. Ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Die Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG entspricht im Wesentlichen dem § 44b NAG idF BGBl. I Nr. 38/2011 (vgl. Schrefler-König in Schrefler-König/Szymansky, Fremdenpolizei- und Asylrecht (2014) § 58 Abs. 10, S 4 und Anm. 5), weshalb das erkennende Gericht davon ausgeht, dass die in Bezug auf § 44b NAG ergangene höchstgerichtliche Judikatur auch auf die gegenständlichen Fälle anwendbar ist.

Über die Rückkehrentscheidung wurde rechtsverbindlich abgesprochen.

Der Sache nach ist der Zurückweisungsgrund des § 58 Abs. 10 AsylG der Zurückweisung wegen entschiedener Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG nachgebildet. Die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes zu erblicken ist, können daher auch auf die hier vorliegende Frage, ob seit der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, übernommen werden (vgl. das Erk. des VwGH vom 17.4.2013, Zl. 2013/22/0006 zu § 44b NAG).

Die maßgebliche Rechtsfrage ist jene, ob nach der rechtskräftigen erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem begründeten Antragsvorbringen des BF im Hinblick auf das Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht. Die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung ist nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf frühere maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Rechte nach Art. 8 EMRK muss zumindest möglich sein (vgl. VwGH vom 3.10.2013, Zl. 2012/22/0068, mwN). Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt liegt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein solcher, maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten hätte. Nur in solch einem Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101). Es hat somit im Rahmen des Verfahrens nach § 55 AsylG eine Neubewertung einer Rückkehrentscheidung nur bei einem geänderten Sachverhalt zu erfolgen, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, wobei sich die inhaltliche Neubewertung des Sachverhalts lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 3.10.2013, Zl. 2012/22/0068).

Der Beschwerdeführer brachte weder vor der belangten Behörde noch vor dem erkennenden Gericht neue, berücksichtigungswürdige Sachverhaltsaspekte vor, die eine Neubewertung notwendigen machen würden. Soweit die Beschwerde zunächst zumindest implizit den Vorwurf erhebt, der Beschwerdeführer sei nicht einvernommen worden, so ist dem entgegenzuhalten, dass weder das AVG noch das BFA-VG eine derartige Regelung kennen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung grundsätzlich im Ermessen der Behörde steht. Soweit die Beschwerde ausführt, es sei nicht zutreffend, dass der Erstantrag erst am 8.11.2018 gestellt worden sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich für das erkennende Gericht nicht ergibt, dass die belangte Behörde den Zeitraum der Neubewertung falsch angenommen hätte, sondern geht die belangte Behörde eindeutig von einer Antragstellung am 3.8.2018 aus, was sich bereits aus dem Spruch ergibt.

Die belangte Behörde stellte im Wesentlichen fest, dass die Unterlagen, die nunmehr im Verfahren vorgelegt wurden, bereits durch das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt wurden. Dem ist nicht entgegenzutreten, da das Bundesverwaltungsgericht die selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers, seinen Freundes- und Bekanntenkreis und seine Deutschkenntnisse bereits im Erkenntnis vom 22.6.2018 würdigte und zum Ergebnis kam, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht so hoch einzustufen sind, wie das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr erstmals sein angebliches Familienleben mit einer bosnischen Staatsangehörigen ins Spiel brachte, so ist darauf zu verweise, dass nach dem Vorbringen der Beschwerde dieses bereits seit dem Jahr 2016 besteht, also weit vor der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, womit das Vorbringen ebenfalls zu keinem neuen Sachverhalt führen kann, zumal es die Pflicht des Asylwerbers darstellt, an der Feststellung des Privat- und Familienlebens mitzuwirken. Gründe, warum der Beschwerdeführer dies nicht bereits im inhaltlichen Verfahren vorbrachte, wurden keine genannt. Das nunmehr - ohnehin unsubstantiiert behauptete - Familienleben ist somit von der Rechtskraft des inhaltlichen Verfahrens mitumfasst und kann bereits aus diesem Grund zu keinem neuen Sachverhalt führen.

Soweit die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde gehe selbst davon aus, dass neue Schritte zur Integration gesetzt worden seien, so ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Beschwerde in keiner Weise vorbringt, welche Schritte dies nun konkret seien sollen.

Bereits in Bezug auf die Vorgängerbestimmung des § 44b NAG in der genannten Fassung ging der VwGH davon aus, dass beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 abs. 2 EMRK nicht durchzuführen ist (Erk. vom 10.12.2013, 2013/22/0362).

Bei folgenden Konstellationen ging der VwGH von keiner wesentlichen Änderung des Sachverhalts im Sinne der oa. Erwägungen aus (exemplarische und auszugsweise Zitierung der Judikatur ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

-

Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0094: Weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren [Anm.: in einem anderen Erk. 2, 5 Jahre] zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen stellen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/1/0087 dar (Hinweis E 22. Juli 2011, 2011/22/0138; E 9. September 2013, 2013/22/0215).

-

Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0108: Ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (dem im Hinblick darauf, dass der Fremde mangels entsprechender Deutschkenntnisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat, die Relevanz abgesprochen wurde) und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses durch die Fremde können keine umfassende Neubeurteilung iSd Art 8 MRK nach sich ziehen (vgl. E 10. Dezember 2013, 2013/22/0362; E 29. Mai 2013, 2011/22/0013).

-

Erk. vom 19.11.2014, 2012/22/0056: Die Behörde hat die Sprachkenntnisse des Fremden und die Einstellungszusage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts sah, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. E 13. Oktober 2011, 2011/22/0065).

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Erk. vom 19.11.2014, 2013/22/0017: Mit Patenschaftserklärungen wird letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine iSd Art. 8 MRK relevante Integration dargelegt (vgl. E 22. Juli 2011, 2011/22/0112).

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Erk. vom 30.7.2014: 2013/22/0205: Aus den vom Fremden neu vorgebrachten Umständen - den vorgelegten Empfehlungsschreiben und seinem sozialen Engagement beim Roten Kreuz - allein musste die Behörde nicht auf eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes schließen (vgl. E 11. November 2013, 2013/22/0250, und 2013/22/0217).

Den exemplarisch zitierten Einzelfallentscheidungen ist zu entnehmen, dass nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrages führt, sondern dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Änderung eine nicht nur bloße untergeordnete Tatbestandsrelevanz zukommt (vgl. zur erforderlichen Tatbestandsrelevanz auch Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344, wo dieser sichtlich von vergleichbaren Überlegungen in Bezug auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Lichte des Art. 3 EMRK und § 68 (1) AVG ausging). Dem sich auf Vorgängerbestimmungen beziehenden Erk. des VwGH vom 15.2.2010, 2009/21/0367 mwN ist auch zu entnehmen, dass durch den nunmehrigen § 58 Abs. 10 AsylG hintangehalten werden soll, dass durch gestellte "Kettenanträge" in der Absicht, die Durchsetzung bestehender Rückkehrentscheidungen zu unterlaufen, die Behörde gehindert wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu effektuieren.

Im gegenständlichen Verfahren wird durch das erkennende Gericht kein maßgeblich geänderter Sachverhalt gesehen. Die Beschwerde bzw. der Antrag bringen nochmals sämtliche Aspekte wie die Selbsterhaltungsfähigkeit, die Deutschkenntnisse und den Freundeskreis vor, wobei aber darauf zu verweisen ist, dass dieses Vorbringen bereits im zitierten hg Erkenntnis vom 22.6.2018 berücksichtigt wurden. Nochmals sei der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass - wie auch die belangte Behörde feststellte - selbst perfektes Deutsch und eine vielfältige soziale Vernetzung kein über das übliche Maß hinausgehende Integration aufzeigt (vgl. VwGH vom 25.2.2010, Zl. 2010/18/0029, mwN) und auch die Deutschkenntnisse und die soziale Vernetzung des Beschwerdeführers bereits in der Rückkehrentscheidung Eingang fanden. Ebenso kann der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht vorbestraft ist, keine Berücksichtigung finden. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete im Erkenntnis vom 21.9.2016 insbesondere auch die relativ kurze Zeit, die der Beschwerdeführer in Österreich aufhältig ist, in Ansehung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer berufstätig ist, als für die Interessensabwägung nicht ausschlaggebend. Da zwischen der Rückkehrentscheidung und der verfahrensgegenständlichen Antragstellung weniger als zwei Monate vergingen, konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass sich kein maßgeblich geänderter Sachverhalt ergeben hat. Die Beschwerde tritt der Annahme, dass keine maßgebliche Änderung eingetreten ist, im Ergebnis nicht substantiiert entgegen, zumal - wie bereits ausgeführt - keine neuen Aspekte, die sich zwischen der rechtskräftigen Entscheidung und der Antragstellung ergeben haben, vorgebracht wurden.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet:

"Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Aus dieser Regelung, die im Übrigen im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, ergibt sich, dass die Unterlassung einer Verhandlung nur dann einen relevanten, zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel begründet, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich unter Bezugnahme auf in diesem Sinn ergangene Vorjudikatur dargelegt, dass in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben kann (vgl. den Beschluss des VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0316, mwN).

Eine mündliche Beschwerdeverhandlung kann trotz Beantragung unterbleiben, wenn das Bundesverwaltungsgericht ohnehin alle für den Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigte (vgl. bereits den Beschluss des VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0219, mwN). Die Beschwerde trat der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht substantiiert entgegen und zeigte nicht auf, warum die vorgenommene - und von hg Seite geteilte - Beweiswürdigung falsch oder unschlüssig sein sollte, vielmehr wiederholte die Beschwerde das Vorbringen des Beschwerdeführer vor der belangten Behörde nur nochmals, wobei darauf zu verweisen ist, dass die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde weder ein substantiiertes Bestreiten der erstinstanzlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung darstellt (vgl. dazu zuletzt den Beschuss des VwGH vom 31.01.2018, Zl. Ra 2018/19/0029, mwN).

Aufgrund der oa. Ausführungen von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK,
geänderte Verhältnisse, gemeinsamer Hauptwohnsitz, gemeinsamer
Haushalt, Integration, Interessenabwägung, Nachweismangel,
öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Prognose, Rechtskraft der Entscheidung,
Rückkehrentscheidung, wesentliche Sachverhaltsänderung,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2194135.2.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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