TE Bvwg Beschluss 2019/4/10 L515 2199534-1

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Veröffentlicht am 10.04.2019
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Entscheidungsdatum

10.04.2019

Norm

AVG §13 Abs3
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L515 2199534-1/5E

BESCHLUSS Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter, diese vertreten durch den Verein Chronisch Krank Österreich, gegen den Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle XXXX , vom XXXX 2018, OB:

XXXX , VSNr.: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführende Partei ("bP") ist Inhaberin eines bis Ende September 2017 befristeten Behindertenpasses (GdB 90 %) und brachte am im Akt ersichtlichen Datum unter Beifügung eines Befundkonvolutes beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") einen Antrag auf Neuausstellung bzw. Verlängerung eines Behindertenpasses sowie die Vornahme der Zusatzeintragung im Behindertenpass "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" ein.

I.2. In der Folge wurde am 20.02.2018 ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners aufgrund der Aktenlage erstellt. Die "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" erachtete der medizinische Sachverständige als vorliegend.

I.3. Mit Bescheid vom XXXX 2018 stellte die belangte Behörde (bB) fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen.

1.4. Mit Schriftsatz vom 09.04.2018 brachte der mutmaßliche Vertreter der bP ohne Vorlage neuer Befunde eine Beschwerde ein, in welcher sie ihr Unverständnis über die Entscheidung äußerte. In einem wurde eine Vollmacht übermittelt, welche jedoch explizit auf Verfahren vor dem Sozialministeriumsservice eingeschränkt war.

1.5. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ein weiteres medizinisches Gutachten (Begutachtung am 09.05.2018) eingeholt, in dessen Ergebnis die "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" als vorliegend erachtet wurde.

I.6. Mit Schreiben vom 01.06.2018 wurde der bP das eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 25.06.2018 langte eine entsprechende Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters ein.

I.7. Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit von zwölf Wochen erledigt werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

I.8. Mit E-Mail vom 20.03.2019 trug das Bundesverwaltungsgericht dem mutmaßlichen Vertreter der bP auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung den Nachweis einer schriftlichen Vollmacht hinsichtlich der Vertretung seiner Mandantin in der gegenständlichen Causa vor dem BVwG zu erbringen.

I.9. Mit E-Mail vom 21.03.2019 übermittelte der mutmaßliche Vertreter der bP eine mit 31.03.2019 datierte Vollmacht, welche nunmehr auch die Vertretung vor dem Bundesverwaltungsgericht umfasste.

I.10. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am 10.4.2019 beschloss der erkennende Senat die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Senat

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens der Parteistellung zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 28 K 2).

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991) können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.

Wie festgestellt, brachte der beschwerdeführende Verein "Chronisch Krank Österreich" die Beschwerde ohne Nachweis einer schriftlichen Vollmacht für das Verfahren hinsichtlich der Vertretung der bP vor dem BVwG ein.

3.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein iSd § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093).

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014).

3.4.1. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Verbesserung ihres Anbringens legte der beschwerdeführende Verein als Nachweis seiner Vollmacht zur Vertretung der bP eine schriftliche und von der Kindesmutter der bP als Vollmachtgeberin unterschriebene Vollmachtsurkunde vom 31.03.2019 vor. Nach deren Wortlaut bevollmächtigt diese Urkunde den beschwerdeführenden Verein als Vollmachtnehmer, die Bescheidadressatin gegenüber dem Sozialministeriumsservice als auch gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht zu vertreten. Hinweise, dass ein entsprechendes Vollmachtsverhältnis ungeachtet einer etwaigen späteren Datierung der Bevollmächtigungsurkunde tatsächlich bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde bestanden hat, sind aus dem Verwaltungsakt und den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, zumal dies auch vom beschwerdeführenden Verein nicht behauptet wurde.

3.5. Mangels Vollmacht zur Erhebung der Beschwerde im Namen der Bescheidadressatin kann die Beschwerde nicht der Bescheidadressatin zugerechnet werden. Da eine Eingabe bis zum Nachweis der Bevollmächtigung dem Einschreiter zuzurechnen ist, ist diese als von der Beschwerdeführerin im eigenen Namen eingebracht zu behandeln (vgl. VwGH 22.05.2012, 2008/04/0208). Da der beschwerdeführende Verein jedoch nicht Adressat des von ihr angefochtenen Bescheides ist, fehlt diesem mangels Parteistellung im Verwaltungsverfahren die Legitimation zur Einbringung der Beschwerde im eigenen Namen.

Dem beschwerdeführenden Verein kommt im Verfahren somit weder eine eigene Beschwerdelegitimation zu, noch hat dieser seine Befugnis zur Beschwerdeerhebung im Namen der Bescheidadressatin dargelegt. Da den gesetzlichen Formvorschriften für die Erhebung eines Rechtsmittels auch nach erteiltem Verbesserungsauftrag somit nicht entsprochen wurde, war die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerde.

3.6. Eine Verhandlung konnte gem. § 24 (2) Z1 Alt 1 VwGVG unterbleiben.

3.7. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das ho. Gericht weist insbesondere im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts der Vollmacht nicht von der herrschenden höchstrichterlichen Judikatur ab.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend der Ausstellung eines Behindertenpasses und der Voraussetzungen für die Vornahme von Zusatzeintragungen erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben waren.

Schlagworte

Beschwerdelegimitation, Verbesserungsauftrag, Vollmacht,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2199534.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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