Entscheidungsdatum
16.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G314 2209687-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina Baumgartner über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 20.09.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung einvernommen, nachdem er bereits am 01.02.2016 auftragsgemäß eine Stellungnahme dazu erstattet hatte. Er gab zusammengefasst an, dass er 2012 nach Ablauf des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots wieder in das Bundesgebiet eingereist sei, um sich um seine kranke Mutter zu kümmern.
Mit dem oben angeführten Bescheid sprach das BFA aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.). Es erließ gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und legte gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.). Der Bescheid wurde im Wesentlichen mit dem jahrelangen unrechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet, seinen strafgerichtlichen Verurteilungen und seiner Mittellosigkeit begründet. Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder würden in Serbien leben. Die Pflege seiner Mutter könne auch durch seinen Vater oder (wie schon bisher) die Nachbarn erfolgen, zumal die vom BF angestrebte Vollzeitbeschäftigung nicht mit umfassenden Pflegeleistungen vereinbart werden könne. Aufgrund seiner familiären Bindungen im Bundesgebiet und des erfolgreichen Abschlusses einer gesundheitsbezogenen Maßnahme nach der letzten Verurteilung könne von der Erlassung eines Einreiseverbots Abstand genommen werden.
Dagegen richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen auf Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und auf Einvernahme der Mutter des BF als Zeugin. Das Beschwerdebegehren ist primär auf die Behebung des angefochtenen Bescheids, die Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichtet. Hilfsweise beantragt der BF, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem BFA aufzutragen, der Niederlassungsbehörde mitzuteilen, dass ihm ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" erteilt werden könne. Er begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, er in Österreich mit seiner Mutter, die pflegebedürftig und von ihm abhängig sei, zusammenlebe. Die Ehe seiner Eltern sei 2006 geschieden worden, sodass sein Vater, der eine neue Beziehung habe und sich meist in Serbien aufhalte, die Pflege nicht übernehmen könne. Die Nachbarn hätten nur kleine Hilfsdienste geleistet hätten. Eine Besserung des Zustands seiner Mutter sei nicht zu erwarten. Nach Erteilung eines Aufenthaltstitels an den BF könnten seine Ehefrau und seine Kinder im Rahmen des Familiennachzugs nach Österreich kommen und ihn bei der Pflege unterstützen, sodass er der in Aussicht stehenden Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Er leide an Hepatitis C, Leberzirrhose und Depressionen und benötige regelmäßige Bluttransfusionen. Er könne sich die benötigte medizinische Behandlung XXXX in Serbien, wo er keine Krankenversicherung habe, nicht leisten, zumal seine Familie dort auf dem Land lebe und Belgrad, die nächste Stadt, wo er behandelt werden könnte, 120 km weit weg sei. Seine Verurteilungen lägen zum Großteil schon lange zurück; er habe seine Drogensucht erfolgreich therapiert. Er habe die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht. Die Rückkehrentscheidung greife unverhältnismäßig in seine Rechte gemäß Art 8 EMRK ein. Bei der Niederlassungsbehörde sei ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" seit 2012 anhängig.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 19.11.2018 einlangten.
Feststellungen:
Der BF ist serbischer Staatsangehöriger. Er kam am XXXX in XXXX im heutigen Serbien als Sohn der Ehegatten XXXX und XXXX zur Welt. Er spricht Serbisch und besuchte in seiner Heimat die Pflichtschule. 1986 und 1987 hielt er sich in den Sommerferien bei seinen Eltern, die seit mehreren Jahren in XXXX lebten, auf. 1988 übersiedelte er nach Österreich, wo er zunächst eine Fremdenverkehrsschule besuchte. Im Dezember 1989 wurde ihm ein unbefristeter Sichtvermerk erteilt.
Der BF wurde in Österreich bislang acht Mal strafgerichtlich verurteilt. Erstmals wurde er am XXXX1992 durch den Jugendgerichtshof XXXX wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls (§§ 127, 129 Abs 1 StGB) und der Vergehen der Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs 1 StGB) sowie nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG als Jugendstraftaten zu einer einmonatigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX1991 mit Mittätern in Transportmittel eingebrochen und daraus Bargeld und diverse Gegenstände gestohlen hatte. Die dabei erbeuteten Urkunden hatte er gemeinsam mit seinen Komplizen weggeworden. Zudem hatte er eine verbotene Waffe (Stahlrute) besessen.
Am 26.03.1992 wurde der BF vom Jugendgerichtshof XXXX wegen Jugendstraftaten (Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Abs 1StGB) zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX1992 gemeinsam mit Mittätern im Zuge eines Einbruchs Musikinstrumente im Gesamtwert von über EUR 5.000 gestohlen hatte. Gleichzeitig wurde die Probezeit der vorangegangenen Verurteilung auf fünf Jahre verlängert. Der BF wurde am XXXX1992 bedingt aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe entlassen.
Die dritte Verurteilung erfolgte am XXXX1993, ebenfalls durch den Jugendgerichtshof XXXX. Der BF wurde wegen Diebstahls (§ 127 StGB) zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte am XXXX1992 gemeinsam mit einem Komplizen in zwei Autos eingebrochen und daraus diverse Gegenstände gestohlen. Anlässlich dieser Verurteilung wurde die zuvor gewährte bedingte Entlassung widerrufen.
Nach dem Vollzug der Freiheitsstrafen war der BF bis Herbst 1993 in XXXX als Arbeiter erwerbstätig. Im Oktober 1993 kehrte er in seinen Herkunftsstaat zurück, um dort den Wehrdienst abzuleisten und die Heroinsucht, die zu den Straftaten geführt hatte, zu bekämpfen. Im Jänner 1994 erfolgte die Versagung des Sichtvermerks.
Im September 1995 kehrte der BF in das Bundesgebiet zurück und bezog bis Jänner 1996 Arbeitslosengeld.
Im Jänner 1998 wurde die im Jänner 1992 verhängte Strafe endgültig nachgesehen.
Am 13.03.1998 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 und Abs 2 SMG) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, weil er von Anfang 1993 bis Mai 1993 Heroin erworben und besessen sowie am XXXX1993 eine kleine Menge davon einer mehr als zwei Jahre jüngeren Minderjährigen überlassen hatte.
Von XXXX bis XXXX 1998 war der BF als Arbeiter in XXXX vollversichert erwerbstätig, von Juni 1998 bis Februar 2002 geringfügig beschäftigt. Von Jänner 1999 bis September 2000 war er - mit Unterbrechungen - vollversichert erwerbstätig bzw. bezog Arbeitslosen- oder Krankengeld.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX2000 wurde er wegen der Vergehen des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte am XXXX1999 zwei Ladendiebstähle begangen und am XXXX2000 gegenüber der Polizei behauptet, ein unbekannter Täter habe sein Mobiltelefon geraubt. Gleichzeit wurde die Probezeit der bedingten Verurteilung aus dem Jahr 1998 auf fünf Jahre verlängert. Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe bis XXXX2001.
Am XXXX2001 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls (§§ 127, 129 Abs 3, 130, 15 StGB) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt; davon wurden 14 Monate bedingt nachgesehen. Der BF hatte vor seiner Verhaftung drei bis vier Gramm Heroin und Kokain pro Tag konsumiert und seine Drogensucht mit Einbrüchen in Autos und anderen Diebstählen im Zeitraum Ende November bis Anfang Dezember 2000 finanziert. Er verbüßte den unbedingten Strafteil bis XXXX2001. Danach bezog er bis Dezember 2001 Arbeitslosengeld und danach bis Jänner 2002 Krankengeld.
Mit dem Bescheid vom 22.10.2001 wurde gegen den BF wegen der strafgerichtlichen Verurteilungen ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot erlassen; dagegen erhob er eine Berufung.
Im April 2002 wurde der BF verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2002 wurde er wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls (§§ 127, 129 Abs 3, 130 StGB) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde die 2001 gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen. Der BF verbüßte die Strafen bis Dezember 2004 in den Justizanstalten XXXX und XXXX. Da seiner Berufung gegen das Aufenthaltsverbot mit dem Berufungsbescheid vom 13.06.2002 nicht Folge gegeben worden war, wurde er nach dem Strafvollzug in Schubhaft genommen und am 20.12.2004 nach Serbien abgeschoben.
Im November 2011 reiste der BF in der irrigen Annahme, die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots sei bereits abgelaufen, wieder in das Bundesgebiet ein. Nach einer fremdenpolizeilichen Kontrolle kehrte er im Februar 2012 freiwillig nach Serbien zurück. Bis August 2013 reiste er mit seinem am 04.06.2009 ausgestellten und bis 04.06.2019 gültigen serbischen Reisepass mehrmals in den Schengenraum ein und wieder aus. Seit 18.08.2013 hält er sich nunmehr kontinuierlich im Bundesgebiet auf. 2012 stellte er bei der Niederlassungsbehörde einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", über den noch nicht endgültig entschieden wurde.
Am XXXX2015 wurde der BF verhaftet und wieder in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2015 wurde er wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels (§§ 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, 15 StGB) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG), des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen (§ 30 Abs 1 achter Fall SMG) sowie nach § 50 Abs 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er von Sommer XXXX bis XXXX2015 Substitol (Wirkstoff: Morphin-Sulfatpentahydrat) in einer die Grenzmenge des § 28b SMG mehrfach übersteigenden Menge anderen gewinnbringend überließ bzw. zu überlassen versuchte, am XXXX2015 Kokain und Subutex in seiner Wohnung verwahrte, von Jänner bis Mai 2015 anderen psychotrope Stoffe (Somnubene und Praxiten) durch gewinnbringenden Verkauf überließ und entgegen einem Waffenverbot eine Stahlrute sowie eine Schusswaffe samt Patronen besaß. Als mildernd wurden das Geständnis, der teilweise Versuch sowie die Sicherstellung der Waffen und teilweise auch des Suchtgifts gewertet, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen sowie die einschlägigen Vorstrafen. Die strafbaren Handlungen waren seine einzige wirksame Einnahmequelle des vorangegangenen Jahres gewesen, mit der er auch die von ihm konsumierten Suchtmittel (Substitol, Kokain, Heroin, Praxiten) finanzierte.
Im September 2015 wurde die 1998 verhängte Strafe endgültig nachgesehen.
Am XXXX2015 wurde der BF enthaftet, weil ihm bis XXXX2017 ein Strafaufschub gemäß § 39 SMG für notwendige gesundheitsbezogene Maßnahmen (6-monatige stationäre und anschließend 18-monatige ambulante Therapie) gewährt worden war. Bei ihm bestand ein Abhängigkeitssyndrom durch multiplen Substanzgebrauch und durch Alkohol.
Der BF absolvierte die Therapien und schloss sie im Oktober 2017 positiv ab. Eine Weiterbehandlung wurde nicht für notwendig erachtet. Mit dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 23.10.2017 wurde daher die noch offene Freiheitsstrafe gemäß § 40 SMG für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen.
Der BF ist mit der serbischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder, die am XXXX geborene XXXX und den am XXXX geborenen XXXX, die beide ebenfalls serbische Staatsangehörige sind. Die Ehefrau des BF und die beiden gemeinsamen Kinder leben in Serbien und halten sich im Rahmen visumfreier Aufenthalte ab und zu besuchsweise in Österreich auf. Der BF hat in Serbien eine Wohnmöglichkeit im Dorf XXXX (Gemeinde XXXX) im Haus seiner Großeltern.
Die Eltern des BF sind österreichische Staatsbürger. Ihre Ehe wurde 2006 geschieden. Der Vater des BF hält sich häufig in Serbien auf. Die 62-jährige Mutter des BF leidet an multipler Sklerose und Depressionen. Sie bezieht eine Invaliditätspension und Pflegegeld der Stufe 2, insgesamt knapp EUR 1.400 netto pro Monat. Sie ist pflegebedürftig; ihr Gesundheitszustand zeigt eine langsame, chronisch-progrediente Verschlechterung.
Der BF lebt seit August 2013 - unterbrochen durch die Haft und die stationäre Therapie - in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter in XXXX. Er kümmert sich um sie und führt ihren Haushalt. Er ist derzeit als haushaltsführender Angehöriger mit ihr krankenversichert, nachdem zuvor bis Juni 2017 eine Selbstversicherung gemäß § 16 Abs 1 ASVG bestanden hatte. Die Mutter des BF kommt für den Lebensunterhalt ihres Sohnes, seiner Frau und seiner Kinder auf. Der BF hat weder ein Einkommen noch nennenswertes Vermögen oder Schulden.
Beim BF besteht eine seit vielen Jahren bekannte Hepatitis-C-Erkrankung, die seit Februar 2016 antiviral behandelt wird, außerdem eine Leberzirrhose und eine Depression. Er ist regelmäßig in Wien in ärztlicher Behandlung. Er ist trotzdem arbeitsfähig und hat eine Vollzeitstelle als Kurierfahrer in XXXX in Aussicht, wenn die erforderlichen Bewilligungen vorliegen. Er spricht sehr gut Deutsch.
Der BF war im Bundesgebiet seit dem Jahr 2000 nicht mehr legal erwerbstätig. Seit der Sichtvermerksversagung 1994 wurde ihm keine Aufenthaltsgenehmigung mehr erteilt. Ab 1998 wurde er wiederholt wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angezeigt, zuletzt im September 2017.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität des BF, zu seiner Staatsangehörigkeit und seinem Geburtsort folgen den Strafurteilen und dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Sie ergeben sich auch aus seinem (dem BVwG in Kopie vorliegenden) serbischen Reisepass.
Die Eltern des BF, deren Staatsbürgerschaftsnachweise aktenkundig sind, sein Schulbesuch in Serbien sowie in Österreich und die Erteilung eines Sichtvermerks gehen aus den fremdenpolizeilichen Akten der Bundespolizeidirektion Wien und den darin befindlichen Urkunden hervor. Eine Kopie des abgelaufenen Reisepasses mit dem 1989 erteilten Sichtvermerk liegt vor.
Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft und des Schulbesuchs in Serbien plausibel, zumal er zuletzt zwischen 2004 und 2013 dort lebte. Seine früheren Aufenthalte in Österreich ab 1986 werden durch entsprechende Wohnsitzmeldungen laut der vorliegenden Meldebestätigung vom 08.03.2001 belegt, aus der sich durchgehende Wohnsitzmeldungen von 21.06.1988 und 07.02.1994, von September 1995 bis Mai 1996 und (in Verbindung mit dem ZMR) von 02.02.1998 bis 20.12.2004 ergeben.
Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen, zu den Strafen und den Strafzumessungsgründen basieren auf dem Strafregister und den vorliegenden Strafurteilen und Strafanträgen. Der Strafvollzug, der Widerruf der bedingten Entlassung und der bedingten Strafnachsicht sowie die endgültigen Strafnachsichten gehen ebenfalls aus dem Strafregister in Verbindung mit den Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut ZMR und der Vollzugsinformation hervor.
Die Zeiten der Erwerbstätigkeit, des Bezugs von Arbeitslosen- oder Krankengeld und der Selbstversicherung werden anhand des Versicherungsdatenauszugs festgestellt, in dem auch die Krankenversicherung als haushaltsführender Angehöriger dokumentiert ist.
Die Rückkehr des BF nach Serbien 1993 ergibt sich aus dem Bericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 10.04.1994. Die Sichtvermerksversagung 1994 geht aus dem Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 14.03.1994 hervor.
Der Umstand, dass der BF 1995 in das Bundesgebiet zurückkehrte, ergibt sich aus dem Bezug von Arbeitslosengeld und der Wohnsitzmeldung laut Meldebestätigung.
Der Bescheid über die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF, der Berufungsbescheid und zahlreiche Anzeigen wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts liegen vor.
Die Verhaftung des BF im April 2002 wird anhand des Schreibens vom 23.04.2002 festgestellt.
Die Schubhaft und die Abschiebung nach Serbien Ende 2004 gehen aus dem Bescheid vom 17.12.2004 und aus dem Abschiebungsbericht vom 20.12.2004 hervor. Im angeschlossenen "Laufzettel" findet sich bereits ein amtsärztlicher Hinweis auf die Hepatitis-C-Erkrankung des BF.
Die Rückkehr des BF in das Bundesgebiet im November 2011 ergibt sich aus der Wohnsitzmeldung laut ZMR ab 08.11.2011, aus der im Fremdenregister dokumentierten Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels am 17.11.2011 und aus dem Einreisestempel in seinem Reisepass vom 06.11.2011. Seine Meinung, das Aufenthaltsverbot sei abgelaufen, geht aus dem Aktenvermerk vom 25.01.2012 hervor. Dies ist plausibel, zumal nach der Aktenlage auch die Behörde zunächst von einer Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots bis 22.10.2011 ausging. Die Ausreisebestätigung vom 06.02.2012 und ein Ausreisestempel vom 04.02.2012 liegen vor; die Ausreise Anfang Februar 2012 ergibt sich auch aus dem Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 28.02.2012.
Im Juni 2012 reiste der BF laut Grenzkontrollstempel wieder in das Bundesgebiet ein; ab September 2012 bestand laut ZMR wieder eine Wohnsitzmeldung bei seiner Mutter. In seinem Reisepass befinden sich (chronologisch geordnet) folgende Grenzkontrollstempel über Ein- und Ausreisen in bzw. aus dem Schengenraum: 06.11.2011 (ein), 01.12.2011 (aus), 04.12.2011 (ein), 04.02.2012 (aus), 17.06.2012 (ein), 27.07.2012 (aus), 30.07.2012 (ein), 16.08.2012 (aus), 19.08.2012 (ein), 15.09.2012 (aus), 07.07.2013 (ein), 15.08.2013 (aus), 18.08.2013 (ein). Dies belegt multiple Ein- und Ausreisen zwischen Ende 2011 und August 2013. Seit August 2013 ist keine Ausreise mehr dokumentiert, sodass - in Verbindung mit der Wohnsitzmeldung laut ZMR und den Angaben des BF selbst - von einem durchgehenden Inlandsaufenthalt seither auszugehen ist.
Der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" ergibt sich aus den Schreiben der Wiener Magistratsabteilung 35, dem Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom XXXX2014 und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom XXXX2014.
Der Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft vom XXXX2015 liegt vor.
Die Drogensucht des BF und der Zusammenhang seiner letzten Verurteilung mit Beschaffungskriminalität gehen aus dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2015 über den Strafaufschub gemäß § 39 SMG und dem darin wiedergegebenen Sachverständigengutachten hervor. Auch in früheren Strafurteilen und in seiner Stellungnahme vom XXXX2001, in der auf gesundheitliche Probleme aufgrund einer Methadontherapie hingewiesen wird, gibt es Hinweise auf Suchtgiftabhängigkeit.
Die vom BF absolvierte Therapie ergibt sich aus dem Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX2016, der Aufenthaltsbestätigung vom XXXX2016, dem Schreiben der Therapieeinrichtung XXXX vom XXXX2017 und dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2017 über die bedingte Strafnachsicht gemäß § 40 SMG, die auch im Strafregister aufscheint.
Die Feststellungen zur Kernfamilie des BF basieren auf der Stellungnahme der Landespolizeidirektion Wien vom XXXX2013. Die Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau und seiner Kinder und deren vom BF gegenüber dem BFA angegebenen Inlandsaufenthalte werden durch das ZMR belegt.
Deutschkenntnisse des BF sind aufgrund langjähriger Inlandsaufenthalts plausibel und können insbesondere deshalb festgestellt werden, weil er zuletzt vom BFA ohne Dolmetsch vernommen wurde.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und seiner Mutter werden anhand der vorgelegten medizinischen Unterlagen des AKH XXXX, des Sozialmedizinischen Zentrums XXXX sowie anhand des Schreibens Dris. XXXX vom XXXX2018 getroffen. Der Bezug von Invaliditätspension und Pflegegeld geht aus der Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2018 hervor.
Die Feststellungen zur finanziellen Situation des BF beruhen auf seinen Angaben vor dem BFA und auf den entsprechenden Konstatierungen im Strafurteil vom 20.08.2015. Der BF bestätigte, dass er, seine Frau und seine Kinder von den Einkünften seiner Mutter leben.
Die Einstellungszusage der XXXX GmbH vom 27.09.2018 wurde vorgelegt. Da der BF trotz seiner gesundheitlichen Probleme vorhat, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, ist davon auszugehen, dass er grundsätzlich arbeitsfähig ist.
Da die Eltern des BF seit 2006 laut ZMR keinen gemeinsamen Wohnsitz mehr haben, ist von der Richtigkeit der Beschwerdebehauptung des BF, ihre Ehe sei seit damals geschieden, auszugehen; jedenfalls besteht seit Jahren kein gemeinsamer Haushalt mehr.
Aus dem Versicherungsdatenauszug des BF ergibt sich, dass er im Bundesgebiet zuletzt im Februar 2000 erwerbstätig war. Es gibt keine aktenkundigen Hinweise darauf, dass ihm nach 1994 eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde; insbesondere behauptet er selbst nichts dergleichen.
Die Wohnmöglichkeit des BF in Serbien wird anhand seiner Stellungnahme vom 01.02.2016 festgestellt, aus der auch hervorgeht, dass er sich um seine Mutter, mit der er zusammenlebt, kümmert und sie versorgt. Dies steht im Einklang mit seinen Angaben vor dem BFA am 20.09.2018 und dem gemeinsamen Wohnsitz laut ZMR.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Der BF ist als serbischer Staatsangehöriger Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl Nr. L 81 vom 21.3.2001, S 1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tage nicht überschreitet, befreit. Der diesen Zeitraum übersteigende Aufenthalt des BF in Österreich war nicht rechtmäßig gemäß § 31 Abs 1a FPG, zumal keine der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 FPG für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet vorlag. Dem BF war kein Aufenthaltstitel erteilt worden; der Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels berechtigt für sich genommen nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet.
Da sich der BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist zunächst gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung sind hier nicht erfüllt, weil der Aufenthalt des BF nie geduldet iSd § 46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids:
Da BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 bis 45c FPG) fällt, ist die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nach § 10 Abs 2 AsylG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.
Da die Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben des BF eingreift, ist sie gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen der BF, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (siehe VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).
Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs laut Art 8 Abs 1 EMRK nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist hier gemäß § 9 Abs 2 Z 1 BFA-VG zu berücksichtigen, dass sich der BF seit Mitte 2013 wieder kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, sein Aufenthalt aber überwiegend rechtswidrig war. Die Aufenthaltsdauer ist einerseits auf die neuerliche Straffälligkeit des BF, andererseits aber auch auf den Behörden zurechenbare überlange Verzögerungen iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG zurückzuführen, zumal über seinen 2012 gestellten Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch nicht endgültig entschieden wurde, obwohl das Strafverfahren seit August 2015 abgeschlossen war.
Im Rahmen des Familien- und Privatlebens iSd § 9 Abs 2 Z 2 und 3 BFA-VG ergibt sich, dass die Ehefrau und die minderjährigen Kinder des BF in Serbien leben und sich nur besuchsweise ohne Erlaubnis für einen längerfristigen Aufenthalt in Österreich aufhalten. Der BF lebt hier in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner pflegebedürftigen Mutter, einer Österreicherin, die für seinen Lebensunterhalt (und den seiner Familie) aufkommt. Sein daraus resultierendes Interesse an einem Verbleib in Österreich wird gemäß § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich dadurch relativiert, dass es zu einer Zeit entstand, zu der sich die Beteiligten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal er seit langem keinen Aufenthaltstitel mehr besitzt und ihm dies (schon aufgrund der Anzeigen wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts) bekannt war. Andere Personen, zu denen eine so hohe Beziehungsintensität oder Abhängigkeit besteht, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet würde, sind nicht vorhanden. Aufgrund seiner langen Inlandsaufenthalte ist aber davon auszugehen, dass er hier soziale Anknüpfungen, insbesondere einen Freundes- oder Bekanntenkreis, hat.
Im Rahmen der gemäß § 9 Abs 2 Z 4 BFA-VG zu berücksichtigenden Integration des BF ist zu berücksichtigen, dass er Deutsch spricht und einen Arbeitsplatz in Aussicht hat. Aktuell ist er weder erwerbstätig noch selbsterhaltungsfähig, verfügt aber aufgrund der Mitversicherung mit seiner Mutter über eine Krankenversicherung.
Der BF hat starke Bindungen zu seinem Heimatstaat iSd § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG, wo er zuletzt bis 2013 lebte und wo sich seine Kernfamilie aufhält. Er spricht Serbisch und hat dort eine Wohnmöglichkeit.
Der BF ist aufgrund mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen nicht unbescholten iSd § 9 Abs 2 Z 6 BFA-VG. Abgesehen von seinem rechtswidrigen Aufenthalt liegen keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung iSd § 9 Abs 2 Z 7 BFA-VG vor.
Im Allgemeinen hat kein Fremder ein Recht, in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu bleiben, um dort medizinisch behandelt zu werden, selbst, wenn er an einer schweren Krankheit leidet (siehe z. B. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Die in Österreich vorgenommene medizinischen Behandlung des BF verstärkt seine persönlichen Interessen in einem Verbleib (vgl VwGH 23.03.2017, Ra 2017/21/0004). Die benötigte Behandlung ist aber (wie er selbst einräumt) grundsätzlich auch in Serbien möglich, wo ein Krankenversicherungssystem existiert, in das er nach seiner Rückkehr - auch bei Beschäftigungslosigkeit - wieder einbezogen werden kann (siehe z.B. SSA - US Social Security Administration: Social Security Programs Throughout the World; Europe 2018, September 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/1446987/1788_1539769664_serbia.pdf sowie IOM - International Organization for Migration, veröffentlicht von ZIRF - Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung: Serbia - Country Fact Sheet 2018, 2018
http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Serbien_DE.pdf [Zugriff jeweils am 12.04.2019]). Eine für die Fortsetzung der Behandlung allenfalls notwendige Übersiedlung nach Belgrad (oder in eine andere größere Stadt in Serbien) ist dem BF zumutbar. Vor diesem Hintergrund führen auch seine gesundheitlichen Probleme und die medizinische Behandlung in Österreich nicht zur Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung.
Dem Interesse des BF an einer Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland steht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der (durch den Handel mit Suchtgift und psychotropen Substanzen beeinträchtigten) Gesundheit gegenüber. Eine Trennung von seiner österreichischen Mutter ist gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund seiner Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (siehe etwa VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271 und 23.03.2017, Ra 2016/21/0199). Wegen der wiederholten Vermögens- und Suchtgiftdelinquenz des BF ist eine Aufenthaltsbeendigung trotz seines langen Inlandsaufenthalts verhältnismäßig (VwGH 29.06.2017, Ro 2016/21/0007), zumal er nach der Rückkehr in das Bundesgebiet nach dem Ende des zehnjährigen Aufenthaltsverbots neuerlich straffällig wurde, um seine Sucht zu finanzieren. Obwohl seit seinen letzten Straftaten und der letzten strafgerichtlichen Verurteilung mehrere Jahre vergangen sind, in denen er sich (bislang erfolgreich) bemühte, seine Drogensucht zu überwinden, ist in diesem Zusammenhang doch auch zu berücksichtigen, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an deren Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249).
Die Mutter des BF kann ihn und seine Familie auch in Serbien finanziell unterstützen. Obwohl der Umstand der erforderlichen Pflege eines Familienangehörigen - im vorliegenden Fall sogar einer Österreicherin - eine maßgebliche Rolle bei der vorzunehmenden Interessenabwägung spielt (vgl VwGH 11.11.2013, 2012/22/0103), kann ihre Pflege und Betreuung auch durch die in Österreich verfügbaren sozialen Dienste und Pflegedienste gewährleistet werden, zumal sie ein eigenes Einkommen hat und sich aus der Pflegestufe 2 notwendiger Hilfe- und Betreuungsbedarf von 95 bis 120 Stunden monatlich ergibt, sodass sie keiner 24-Stunden-Betreuung bedarf. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Pflege der Mutter nur durch den BF persönlich ausgeübt werden kann, zumal ihre Versorgung auch schon während der Haft und der stationären Therapiephase 2015/16 anderweitig organisiert werden musste. Der BF kann den Kontakt zu seiner Mutter über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet, E-Mail) pflegen und die benötigten Pflegedienste und Hilfeleistungen bei Besuchen im Rahmen visumfreier Aufenthalte organisieren und koordinieren.
Im Ergebnis ist daher die Rückkehrentscheidung auch bei Berücksichtigung der erheblichen Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich nicht korrekturbedürftig. Seinen privaten und familiären Interessen an (vorübergehenden) Aufenthalten im Bundesgebiet zur Aufrechterhaltung seiner Kontakte und zur Unterstützung seiner Mutter wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass trotz der Erfüllung der Tatbestände des § 53 Abs 2 Z 6 und Abs 3 Z 1 FPG zusätzlich zur Rückkehrentscheidung nicht auch ein Einreiseverbot erlassen wurde.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des BF nach Serbien zulässig. Es liegen unter Berücksichtigung der stabilen Situation dort, seiner familiären Anknüpfungen und seiner Lebensumstände keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Der BF ist ein arbeitsfähiger Erwachsener im erwerbsfähigen Alter, der in der Lage sein wird, in seiner Heimat, wo er Zugang zum Arbeitsmarkt, zu den vorhandenen (wenn auch allenfalls bescheidenen) öffentlichen Leistungen und zur Gesundheitsversorgung hat, wieder für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, ohne in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten, allenfalls mit der Unterstützung seiner dort lebenden Angehörigen und einer Fortsetzung der finanziellen Zuwendungen seiner Mutter. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien nicht vor, ebenso wenig ein mit willkürlicher Gewalt verbundener internationaler oder innerstaatlicher Konflikt. Daher ist auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 55 Abs 1 FPG ist gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Da der BF keine besonderen Umstände, die er bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, vorgebracht und keinen Ausreisetermin bekanntgegeben hat, beträgt diese gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Vor diesem Hintergrund ist auch Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids zu bestätigen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Nach § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen - trotz Vorliegens eines Antrags - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. zuletzt VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).
Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung denkbar ist, können eine Beschwerdeverhandlung und die beantragte Einvernahme der Mutter des BF als Zeugin unterbleiben, zumal ohnehin von der Richtigkeit der vom BF vorgebrachten Tatsachen, insbesondere zu seinen im Bundesgebiet bestehenden Anknüpfungen, ausgegangen wird.
Zu Spruchteil B):
Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.
Schlagworte
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2209687.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.07.2019