TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/24 G311 2213129-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2019
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Entscheidungsdatum

24.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

G311 2213129-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Slaviša ŽEŽELJ, LL.M., gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2018, Zahl: XXXX, betreffend Einreiseverbot, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird insofern stattgegeben, als das Einreiseverbot

auf die Dauer von 18 (achtzehn) Monaten herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Burgenland, wurde dem sich im Stande der Untersuchungshaft befindenen Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß "§ 18 Abs. 2 BFA-VG" die auschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers verwiesen.

Der Beschwerdeführer reiste am 18.12.2018 freiwillig und unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet nach Serbien aus.

Mit dem am 14.01.2109 per E-Mail bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz des bevollmächtigten Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom selben Tag wurden gegen den oben angeführten Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid abändern und das Einreiseverbot aufheben; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes angemessen reduzieren, sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unstrittig in erster Instanz strafgerichtlich verurteilt worden sei. Die Verurteilung sei jedoch entgegen den Feststellungen der belangten Behörde nicht rechtskräftig. Der Beschwerdeführer sei in Serbien verheiratet, habe zwei minderjährige Kinder und sei berufstätig. Seine Ehegattin arbeite für ein österreichisches Unternehmen in Serbien. Das über den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot treffe den Beschwerdeführer unbillig hart und stehe außer Verhältnis zur Veruteilung. Der Beschwerdeführer sei bis dato nich strafgerichtlich in Erscheinung getreten und habe sich von Deutschland auf dem Rückweg nach Serbien befunden. Er sei daher nicht illegal eingereist.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und langten am 17.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 11.02.2019 wurde klargestellt, dass ausschließlich das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot bekämpft werde.

Mit Schreiben vom 25.02.2019 wurde von der Rechtsvertretung auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes das gegen den Beschwerdeführer am XXXX.2018 ergangen Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vorgelegt. Das Bundesamt führte in diesem Zusammenhang aus, dass das gegenständliche Einreiseverbot - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gestützt worden sei. Das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung sei somit nicht erforderlich.

Eine Strafregisterabfrage am 04.04.2019 ergab, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers noch keine Verurteilung aufschien.

Über Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes übermittelte das Landesgericht für Strafsachen das hinsichtlich des Beschwerdeführers ergangene Strafurteil vom XXXX.2018, mit der Anmerkung, dass es am XXXX.2019 in Rechtskraft erwachsen ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG (vgl Kopie des serbischen Reisepasses, AS 93; Kopie des serbischen Personalausweises, AS 95).

Der Beschwerdeführer und sein Mittäter reisten am 17.11.2018 von Deutschland kommend über XXXX in das Bundesgebiet ein (vgl Beschuldigtenvernehmung vom 17.11.2018, AS 16).

Am selben Tag wurden der Beschwerdeführer und sein Mittäter im Outletcenter XXXX beim Diebstahl von Kleidungsstücken betreten und angezeigt. Bei einer nachfolgenden Durchsuchung ihres Fahrzeuges wurden 44 weitere Kleidungsstücke aus 14 Geschäften sichergestellt. Von den Kleidungsstücken wurden die Etiketten mittels Schere und Seitenschneider entfernt und die Kleidungsstücke dadurch beschädigt. Der Beschwerdeführer und sein Mittäter wurden wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Diebstahls sowie Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung angezeigt (vgl Bericht der LPD XXXX vom 18.11.208, AS 5 ff).

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde über den Beschwerdeführer und seinen Mittäter wegen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt (vgl aktenkundiger Beschluss, AS 47 ff).

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2018, XXXX, rechtskräftig am XXXX.2019, erging folgender Schuldspruch gegen den Beschwerdeführer (V.I.) und seinen Mittäter:

"D.B. und V.I. sind schuldig, sie haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen nachstehenden Verfügungsberechtigten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

1. weggenonmmen, und zwar

a) am XXXX.11.2018 in P. zwei T-Shirts der Firma T.H. im Gesamtwert von EUR 34,80;

b) am XXXX.11.2018 in P. zwei T-Shirts und einen Pullover der Firma T.T. im Gesamtwert von EUR 39,97;

c) am XXXX.11.2018 in P. ein Schlauchtuch und ein T-Shirt der Firma

H. im Gesamtwert von EUR 54,98;

d) zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt an einem nicht mehr festzustellenden Ort im Bundesgebiet 37 Kleidungsstücke nicht mehr festzustellender Firmen in nicht mehr feststellbarem Gesamtweret,

indem sie die Kleidungsstücke in einem unbeobachteten Moment an sich nahmen und die Geschäfte verließen und

2. am XXXX.11.2018 in P. wegzunehmen versucht, und zwar ein T-Shirt, eine Hose, einen Nackenwärmer und eine Weste der Firma N.F.S. im Gesamtwert von EUR 196,--, wobei sie betreten wurden.

D.B. und V.I. haben hiedurch das Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall, 15 StG begangen und werden hiefür nach dem § 130 Abs. 1 StGB jeweils zu einer

Freiheitsstrafe

in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten

sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird jeweils ein Teil der über D.B. und V.I. verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 17 (siebzehn) Monaten unter Bestimmung eienr Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die jeweils erlittene Vorhaft vom XXXX.11.2018, 17.30 Uhr, bis zum XXXX.12.2018, 10.30 Uhr, auf die jeweils verhängten Freiheitsstrafen angerechnet.

[...]"

In seinen Entscheidungsgründen führte das Landesgericht zum Beschwerdeführer (dem Zweitangeklagten) aus, er sei verheiratet und verdiene als Arbeiter bei einer Baufirma rund EUR 300,-- monatlich. Er habe keine Schulden, jedoch Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder zu erfüllen. Er sei bislang gerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer und sein Mittäter hätten in Deutschland gearbeitet und sich auf dem Rückweg nach Serbien befunden, als sie sich auf der Durchreise durch Österreich dazu entschlossen hätten, unterwegs in verschiedenen Geschäften in Österreich gemeinsam Kleidungsstücke zu stehlen. Um eine Zuordnung der gestohlenen Kleidungsstücke zu verhindern, hätten sie von sämtlichen Kleidungsstücken Etiketten abgeschnitten und die Preisschilder entfernt. Schließlich seien die beiden von einer Kaufhaus-Detektivin auf frischer Tat betreten worden. Die nicht geständige Verantwortung beider Angeklagten habe sich als nicht glaubwürdig erwiesen. Bei der Strafzumessung sei als mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel sowie der teilweise Versuch zu berücksichtigen gewesen. Die Tatsache der Sicherstellung der Ware habe aufgrund der Beschädigungen und mangelnden Zuordenbarkeit (somit auch mangelnder Wiederverkäuflichkeit) nicht mildernd berücksichtigt werden könenn. Als erschwerend sei der Umstand zu würdigen gewesen, dass es sich um mehrfache Angriffe gehandelt habe. Da beide Angeklagten erstmalig das Haftübel verspürt hätten und bisher unbescholten gewesen seien, sei das Gericht zu dem Schluss gekommen, dass es nicht des Vollzuges der gesamten Freiheitsstrafe bedürfe. Eine gänzlich bedingte Strafnachsicht sei jedoch weder aus spezial- noch generalpräventiven Gründen in Betracht gekommen.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das je umschriebene Verhalten gesetzt hat.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX.12.2018 von der Strafhaft in das Polizeianhaltezentrum XXXX überstellt und in Schubhaft genommen (vgl Bericht der LPD vom XXXX.12.2018, AS 57 f). Am selben Tag beantragte der Beschwerdeführer die unterstützte freiwillige Rückkehr nach Serbien (vgl AS 63 ff).

Am 18.12.2018 reiste der Beschwerdeführer freiwillig unter der Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet nach Serbien aus (vgl Ausreisebestätigung vom 20.12.2018, AS 81).

Der Beschwerdeführer ist in Serbien verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder (sieben und zehn Jahre alt), für die er sorgepflichtig ist. Er arbeitet bei einer Baufirma und verdient monatlich etwa EUR 300,--. Seine Ehegattin arbeitet bei einen österreichischen Unternehmen in Serbien (vgl Angaben Beschwerde vom 14.01.2019, AS 171 f; Feststellungen des Landesgerichtes XXXX im Strafurteil vom XXXX.2018, S 3). Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befindet sich in Serbien. Er ist bereits mehrmals durch Österreich durchgereist, hat sich hier aber nie länger aufgehalten. Er weist bis auf die Zeit seiner Inhaftierung in Österreich keine Meldung eines Wohnsitzes in Österreich auf (vgl Auszug aus dem zentralen Melderegister vom 17.01.2019). Der Beschwerdeführer ist bisher auch in Österreich noch keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat in Österreich weder familiäre noch private Bindungen (vgl Einvernahme vor dem Bundesamt am 28.11.2018, AS 101 f).

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über maßgebliche Deutschkenntnisse verfügt oder einen Deutschkurs besucht bzw. eine Deutschprüfung abgeschlossen hat. Ebenso wenig konnte eine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers in sozialer, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Darüber hinaus liegt eine Kopie des serbischen biometrischen Reisepasses des Beschwerdeführers sowie seines serbischen Personalausweises im Verwaltungsakt ein, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Zentralmelderegisterauszug, einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und Auszüge aus dem Strafregister des Beschwerdeführers ein.

Das zitierte strafgerichtliche Urteil des Landesgerichtes XXXX sowie der Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft sind aktenkundig. Das Strafgericht ist bereits von der Unglaubwürdigkeit der (nicht geständigen) Verantwortung des Beschwerdeführers und seines Mittäters ausgegangen. Für das erkennende Gericht ergeben sich keine - insbesondere auch nicht aus der gegenständlichen Beschwerde - nachhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass der dem Verhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zugrundliegende Sachverhalt anders zu beurteilen wäre als durch das Strafgericht und zuvor auch durch die Polizei. Das Strafurteil wird dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben in der Beschwerde und in Einvernahmen des Beschwerdeführers vor der LPD sowie vor dem Bundesamt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu den Spruchpunkten I. bis V. des angefochtenen Bescheides:

Im gegenständlichen Fall wurde ausschließlich und ausdrücklich nur gegen das im angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt VI. erlassene Einreiseverbot Beschwerde erhoben. Damit erwuchsen die Spruchpunkt I. bis V. in Rechtskraft.

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Im konkreten Fall ergibt sich daraus:

Entsprechend der Feststellungen und den beweiswürdigenden Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht der Beurteilung des Strafgerichtes erster Instanz insofern an, als der Beschwerdeführer mit einem Mittäter in mehreren Angriffen verschiedene Kleidungsstücke (insgesamt 44 Stück) an unterschiedlichen Orten von unterschiedlichen Firmen gestohlen haben und diese Diebstähle gewerbsmäßig begangen wurden. Der Beschwerdeführer befand sich deswegen einen Monat in Untersuchungshaft und wurde von Landesgericht XXXX in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, davon siebzehn Monate bedingte auf eine Probezeit von drei Jahren ausgesetzt, verurteilt.

Aus dem dieser Verurteilung zugrundeliegenden gravierenden Fehlverhalten des Beschwerdeführers resultiert somit jedenfalls eine dem Maßstab des § 53 Abs. 2 und 3 FPG entsprechende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Dies insbesondere aufgrund der Gewerbsmäßigkeit und dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer diesbezüglich nicht geständig erwiesen hat und sein Verhalten im Bundesgebiet leugnete.

Die genannten Umstände rechtfertigen deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet oder seine neuerliche Einreise eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Der Beschwerdeführer hat weder in Österreich noch im Schengen-Raum feststellbare familiäre oder persönliche Bindungen. Er hat sich bisher in Österreich (außer während der Untersuchungshaft) nicht länger aufgehalten, sondern ist nur durchgereist. Er hat demnach nachvollziehbar in Österreich bisher auch keine legale Beschäftigung ausgeübt und verfügt auch über keine Aufenthaltsberechtigung (auch nicht in einem anderen Staat der Europäischen Union). Eine maßgebliche Integration oder ein maßgebliches persönliches Interesse des Beschwerdeführers an der Einreise in den Schengen-Raum kann daher nicht erblickt werden und wurde sein solches auch nicht substanziiert vorgebracht. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befindet sich in Serbien.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches durch das Verhalten des Beschwerdeführers nicht unerheblich beeinträchtigt wurde. Die vom Beschwerdeführer dargestellten, ohnehin kaum vorhandenen, persönlichen Interessen haben kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers und dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Serbien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringen geboten, zumal der Beschwerdeführer zwar sich aber bis dato nicht geständig gezeigt hat.

In Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet freiwillig verlassen hat, der Beschwerdeführer bisher unbescholten war und das Strafmaß von einem Monat unbedingter Haft sowie siebzehn Monaten bedingter Haft nur knapp nicht der gänzlichen bedingten Nachsicht der Freiheitsstrafe entsprach, erscheint die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren nicht verhältnismäßig. Es konnte daher mit einer Befristung von achtzehn Monaten das Auslangen gefunden werden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Einreiseverbot, Interessenabwägung, öffentliche Ordnung,
Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G311.2213129.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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