TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/30 W260 2203411-1

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Veröffentlicht am 30.04.2019
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Entscheidungsdatum

30.04.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W260 2203411-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 02.07.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist seit 17.08.1992 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (in der Folge v.H.).

2. Am 08.01.2018 stellte er beim Sozialministeriumservice (in der Folge "belangte Behörde" genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.

3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.05.2018 erstatteten Gutachten vom 04.06.2018 stellte der medizinische Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.

4. Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 06.06.2018 zur Kenntnis gebracht.

Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 21.06.2018 eine Stellungnahme und machte zusammengefasst geltend, dass er an einer Blutungsanämie sowie an Gelenksrheumatismus leide, dies auch vorgebracht habe, die Erkrankungen vom medizinischen Sachverständigen aber nicht gewertet worden seien. Der Beschwerdeführer legte Blutbefunde vor.

5. Wegen Ausfalles des ursprünglichen medizinischen Sachverständigen gab eine Ärztin für Allgemeinmedizin am 02.07.2018 eine Stellungnahme ab und führte aus, dass die vorgebrachten Argumente des Beschwerdeführers, unter Berücksichtigung der vorhandenen Befundberichte, nicht geeignet seien, die bereits vorliegende Leidensbeurteilung zu entkräften.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.

Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme in Kopie an.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und legte dieser ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.

Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er an einer Blutungsanämie leide. Dies gehe aus dem beigelegten Krankenhausbefund hervor. Ebenso die vorgebrachte Rheumaerkrankung. Das Asthmaleiden gehe aus dem Befund von Dr. Wagner hervor. Der nächste Arzt und die nächste Einkaufsmöglichkeit seien zwei Kilometer entfernt, und der Beschwerdeführer sei auf ein Auto angewiesen.

8. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.08.2018 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1 Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

1.2 Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:

Allgemeinzustand: red.

Ernährungszustand: red.

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: unauffällig.

Collum: bland.

Cor: HT rein, rhy, normfrequent.

Pulmo: VA.

Abdomen: Hepar am Ribo, Milz n.p., keine Defence oder Druckdolenz.

Obere Extremitäten: Schulter-, Ellbogen und Handgelenke frei beweglich, Faustschluss bds möglich, Kraft erhalten; Nackengriff und Schürzengriff bds möglich.

Wirbelsäule: im Lot, FBA 10 cm, SN und RT uneingeschränkt, Beine können von der UL gehoben werden, Lasegue neg., Zehen und Fersengang bds angedeutet möglich, Einbeinstand bds möglich.

Hüftgelenke: bds frei beweglich.

Kniegelenke: bds Flexion uneingeschränkt, stabil, kein Streckdefizit.

Sprunggelenke: bds in allen Ebenen frei beweglich.

Haut: bland.

Varizen: keine.

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

Sonstiges: bland.

Gesamtmobilität - Gangbild: sicher, raumgreifend, keine Gehhilfe.

Status Psychicus: voll orientiert, Antrieb und Affizierbarkeit red., depressive Stimmungslage, belastet von der Krankheit der Gattin, weint.

1.3 Art der Funktionseinschränkungen:

-

Sehstörungen, Erblindung oder Verlust eines Auges

-

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

-

Toxische Leberschädigung mit Hepatomegalie

-

Asthma bronchiale

-

Rhinitis

-

Narbe nach Appendektomie und Schloffertumorresektion

-

Chronische Gastritis

1.4 Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Es besteht ein ausreichend sicheres und raumgreifendes Gangbild, eine Gehhilfe ist nicht notwendig, sicheres Ein- und Aussteigen sowie sicherer Transport sind möglich.

Das Sehvermögen ist ausreichend.

Bezüglich der Atemnot ist keine zusätzliche Sauerstoffversorgung notwendig.

Es bestehen zwar ein herabgesetzter Allgemein- und Ernährungszustand, jedoch nicht derart, dass nicht eine Wegstrecke von 300-400 Metern bewältigbar wäre.

Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.

Dem Beschwerdeführer ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.06.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.05.2018, sowie die Stellungnahme (der Vertretung des Sachverständigen) vom 02.07.2018 sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer - trotz der vorliegenden Funktionseinschränkungen - möglich und zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Der Beschwerdeführer ist am linken Auge erblindet. Dem Sachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass das Sehvermögen des Beschwerdeführers aber ausreichend ist, und diesbezüglich daher keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben ist. Diese Einschätzung wird vom Beschwerdeführer auch nicht beanstandet.

Hinsichtlich der vorliegenden Asthma bronchiale Erkrankung des Beschwerdeführers hält der Sachverständige im Gutachten fest, dass bezüglich der Atemnot keine zusätzliche Sauerstoffversorgung notwendig ist.

Der Beschwerdeführer leidet an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Dem Sachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass die Schulter,- Ellbogen und Handgelenke frei beweglich sind, der Faustschluss beidseits möglich ist und die Kraft erhalten ist. Nackengriff und Schürzengriff sind ebenfalls beidseits möglich. Die Wirbelsäule ist im Lot, die Beine können von der Unterlage gehoben werden. Der Zehen- und Fersengang ist beidseits angedeutet möglich, der Einbeinstand beidseits möglich. Die Hüftgelenke sind beidseits frei beweglich. Bei den Kniegelenken ist beidseits die Flexion uneingeschränkt, stabil. Es besteht kein Streckdefizit. Die Sprunggelenke sind beidseits in allen Ebenen frei beweglich. Die Gesamtmobilität ist sicher und raumgreifend. Eine Gehhilfe ist nicht notwendig. Der medizinische Sachverständige führt nachvollziehbar aus, dass daher ein sicheres Ein- und Aussteigen sowie ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich sind.

Im Sachverständigengutachten wird weiters berücksichtigt, dass beim Beschwerdeführer zwar ein herabgesetzter Allgemein- und Ernährungszustand besteht, dieser jedoch nicht derart ausgeprägt ist, dass nicht eine kurze Wegstrecke bewältigbar wäre.

Der Sachverständige führt schließlich auch aus, dass beim Beschwerdeführer keine schwere Erkrankung des Immunsystems vorliegt, welche die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einschränken würde.

In seiner Stellungnahme vom 21.06.2018 zum Sachverständigengutachten vom 04.06.2018 führt der Beschwerdeführer aus, dass er im Antrag vom 05.01.2018 auch eine Blutungsanämie sowie einen Gelenksrheumatismus vorgebracht und bei der Untersuchung auch Blutbefunde vorgelegt habe. Diese Erkrankungen seien aber vom Sachverständigen nicht berücksichtigt worden. Diesem Vorwurf hält die Vertreterin des Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom 02.07.2018 zu Recht entgegen, dass nach Durchsicht der kompletten Aktenlage weder eine Blutungsanämie noch ein Gelenksrheumatismus befundmäßig dokumentiert sind. Im Rahmen der Beschwerde bezieht sich der Beschwerdeführer wieder auf die Blutungsanämie sowie den Gelenksrheumatismus und legt diesbezüglich Befunde des Landesklinikums Weinviertel, Hollabrunn vom 03.07.2008 und 11.02.2009 vor, wonach er wegen einer mikrozytären Anämie in Behandlung gestanden sei. Dazu ist auszuführen, dass es nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Beschwerdeführer diese Befunde erst im Rahmen der Beschwerde und nicht bereits bei Antragstellung oder im Zuge der Untersuchung durch den Sachverständigen vorgelegt hat.

Abgesehen davon ist diesen Befunden aus den Jahren 2008 und 2009 keine Aktualität beizumessen und zeigen sie keinesfalls, dass die damaligen Beschwerden derzeit noch bestehen. Eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Beschwerdevorbringen konnte daher unterbleiben.

Der Beschwerdeführer ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.06.2018 sowie der Stellungnahme vom 02.07.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 04.06.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.05.2018, sowie der Stellungnahme vom 02.07.2018 und werden dieses Sachverständigengutachten und die Stellungnahme in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Entscheidung in der Sache:

Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.07.2018 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 18/2017 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. .......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller

Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1

Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden..."

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (vgl. das Erkenntnis vom 27. Mai 2014, Zl. Ro 2014/11/0013).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im eingeholten Sachverständigengutachten vom 04.06.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.05.2018, nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim Beschwerdeführer objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung aufgrund von erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind im Falle des Beschwerdeführers ebenfalls nicht gegeben. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegt ebenso wenig vor, wie entscheidungsmaßgebliche Einschränkungen der Sinnesfunktionen. Es kann im vorliegenden Fall außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt festgestellt werden.

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, er müsse mindestens zwei Kilometer fahren, um zum nächst möglichen Arzt oder zum Einkaufen zu kommen und sei dies in ihrem kleinen Ort nicht so leicht, so sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Berechtigung der Zusatzeintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wie bereits zuvor ausgeführt, entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).

Im vorliegenden Fall beruhen die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aber in Bezug auf diesen Teil des Beschwerdevorbringens des Beschwerdeführers zu Folge nicht in der Art und Schwere der Gesundheitsschädigung, sondern entscheidend darin, einen für den Beschwerdeführer als zu weit empfundenen Weg zu Ärzten und Nahversorgern in Kauf nehmen zu müssen.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht sowie eine Ergänzung zu diesem Sachverständigengutachten, welche auf alle Einwände und vorgelegten Befunde des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingehen, und welchen der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und damit verbunden die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Der Beschwerdeführer hat keine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG - trotz dem in der Beschwerde gestellten Antrages auf eine mündliche Verhandlung - nicht entgegen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W260.2203411.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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