TE Bvwg Beschluss 2019/4/30 G311 2153130-2

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Veröffentlicht am 30.04.2019
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Entscheidungsdatum

30.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G311 2153136-2/5Z

G311 2153130-2/3Z

G311 2217006-1/4Z

G311 2153134-2/4Z

G311 2217005-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) des XXXX, geboren am XXXX, 2.) der XXXX, geboren am XXXX, 3.) der minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, 4.) der minderjährigen XXXX, geboren am XXXX und 5.) des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, alle Staatsangehörigkeit: Serbien, die Drittbeschwerdeführerin gesetzlich vertreten durch den Vater XXXX, die Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 04.03.2019, Zahlen zu 1.) XXXX, zu

2.) XXXX, zu 3.) XXXX, zu 4.) XXXX und zu 5.) XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz:

A) Den Beschwerden wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA - VG die aufschiebende

Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Diese stammt aus einer vorangehenden Beziehung des Erstbeschwerdeführers. Dem Erstbeschwerdeführer kommt die Obsorge über die Drittbeschwerdeführerin zu. Der Erstbeschwerdeführer führt mit der Zweitbeschwerdeführerin eine Lebensgemeinschaft aus der die beiden gemeinsamen Kinder, die Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer, hervorgingen.

Die beschwerdeführenden Parteien stellten in Österreich am 02.01.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien.

Ebenfalls mit nach Österreich reisten die Mutter, der Bruder und die Schwester des Erstbeschwerdeführers. Auch sie stellten Anträge auf internationalen Schutz.

Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Weiters wurde den Beschwerden gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.

Gegen diese Bescheide erhoben die beschwerdeführenden Parteien fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde neben den Beschwerdeanträgen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden am 04.04.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Am 23.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Mitteilung ein, dass dem Erstbeschwerdeführer aufgrund eines gegen ihn mit 22.04.2019 ausgesprochenen Betretungsverbotes gemäß § 38a SPG vorübergehend ein anderes Flüchtlingsquartier zugewiesen worden ist.

Die Drittbeschwerdeführerin, für welche der Erstbeschwerdeführer als leiblicher Vater obsorgeberechtigt ist, hält sich nach wie vor gemeinsam mit ihrer Stiefmutter (der Zweitbeschwerdeführerin) und den Stiefgeschwistern (der Viertbeschwerdeführerin und dem Fünftbeschwerdeführer) im gleichen Flüchtlingsquartier auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die getroffenen Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet wurde.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A.): Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde:

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist § 18 Abs. 2 BFA-VG auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Vorweg ist auszuführen, dass die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in den Spruchpunkten VI. jeweils auf § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG und damit darauf gestützt hat, dass "der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat".

Sowohl aus der Erstbefragung als auch aus den nachfolgenden Einvernahmen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt ergibt sich aber sehr wohl, dass die beschwerdeführenden Parteien entsprechende Verfolgungsgründe (insbesondere wegen der Diskriminierung und körperlichen Übergriffen des Erstbeschwerdeführers als Zugehöriger zur Volksgruppe der Roma und auch wirtschaftliche Gründe sowie die Lage für die Kinder) geltend gemacht haben. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG liegen gegenständlich somit nicht vor.

Auch zu § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG finden sich keinerlei Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs. 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus "sicheren Herkunftsstaaten nach § 19 Abs. 5 BFA-VG iVm § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung kommen", den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen dieser Personen gegenüberzustellen (vgl Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, § 18 BFA-VG E4 mit Verweis auf VwGH Ra 2014/18/0146).

Zwar stammen die beschwerdeführenden Parteien aus Serbien und damit aus einem in der Herkunftsstaaten-Verordnung genannten sicheren Herkunftsstaat. Die zur Verfügung stehende Aktenklage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausreichend, um eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien nach Serbien derzeit mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können. Es wurden gesundheitliche Probleme des Erstbeschwerdeführers, Aufenthalte in EU-Staaten und fehlende familiäre Unterstützung im Falle einer Rückkehr nach Serbien bei ohnehin schon vorgebrachten schlechten Lebensbedingungen bei (teilweiser) Zugehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien zu den Roma vorgebracht. Die Fragen der (psychischen) Gesundheit und des Privat- und Familienlebens spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des etwaigen Vorliegens einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK für den Fall einer Rückkehr nach Serbien (vgl VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).

Die Mitteilung über das gegen den Erstbeschwerdeführer ausgesprochene Betretungsverbot lässt inhaltlich keinerlei Rückschlüsse über den zugrundeliegenden Vorfall oder den aktuellen Beziehungsstand der beschwerdeführenden Parteien untereinander zu. Eine Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung für den Erstbeschwerdeführer hätte womöglich zur Folge, dass die Drittbeschwerdeführerin ohne geklärte Obsorge (vorübergehend) in Österreich verbleibt. Eine Verfahrensführung ohne berechtigten gesetzlichen Vertreter ist nicht möglich.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 16 Abs. 4 BFA-VG nicht getroffen werden. Aufgrund der dargelegten Umstände erscheint es unumgänglich, dass das Bundesverwaltungsgericht vor einer inhaltlichen Entscheidung eine mündliche Verhandlung anberaumt.

Den Beschwerden war aus den genannten Gründen daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G311.2153130.2.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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