Entscheidungsdatum
16.05.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W211 2216651-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren:
1. Die beschwerdeführende Partei, eine weibliche minderjährige Staatsangehöriger Somalias, wurde am XXXX 2017 in Österreich geboren. Am XXXX 2017 stellte ihre Mutter als ihre gesetzliche Vertretung einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die Mutter der beschwerdeführenden Partei brachte keine eigenen Fluchtgründe für die beschwerdeführende Partei vor und verwies auf ihr eigenes Verfahren.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Verfahrensanordnung vom XXXX 2017 wurde der beschwerdeführenden Partei eine Rechtsberatung amtswegig zur Seite gestellt.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 erwuchs in Rechtskraft.
Weitere Verfahrensschritte:
2. Am XXXX 2018 brachte die Mutter der beschwerdeführenden Partei beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ein.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018 wurde die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG verlängert.
2. Verfahrensgang:
3. Am XXXX brachte der Vater der beschwerdeführenden Partei als ihr gesetzlicher Vertreter einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Bei seiner Erstbefragung am selben Tag gab er zusammengefasst an, dass seiner Tochter im Falle einer Rückkehr nach Somalia eine Genitalbeschneidung drohe. Es sei ihm bzw. seiner Ehefrau nicht möglich sich einer Beschneidung seiner Tochter zu widersetzen, da der gesellschaftliche Druck auf die Familie zu groß wäre. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderung der Situation bzw. die Fluchtgründe bewusst seien, gab der Vater der beschwerdeführenden Partei an, dass ihm seit der Geburt seiner Tochter bewusst sei, dass sie bei einer Rückkehr nach Somalia beschnitten werden müsste.
Am XXXX 2019 fand eine Einvernahme bei der belangten Behörde statt, in deren Rahmen der Vater der beschwerdeführenden Partei abermals auf die Gefahr einer Genitalbeschneidung seiner Tochter im Falle einer Rückkehr nach Somalia verwies und ergänzend ausführte, dass auch ihre Mutter in Somalia beschnitten worden sei. Der beschwerdeführenden Partei würde somit dasselbe Schicksal drohen. Zwar habe er bereits im ersten Verfahren seiner Tochter Kenntnis von diesem Umstand gehabt, jedoch nicht gewusst, dass er diesen Grund auch nennen müsse. Auch sei er selbst in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgewachsen und habe daher kein detailliertes Wissen über diese Praxis, jedoch habe er einiges darüber erfahren. Frauen hätten in Somalia generell weniger Freiheiten als Männer und bräuchten für Entscheidungen immer die Zustimmung einer männlichen Person. Weiter wies er darauf hin, dass er im ersten Verfahren der beschwerdeführenden Partei nicht gewusst habe, dass er innerhalb von vier Wochen Beschwerde erheben müsse.
Am XXXX 2019 fand abermals eine Einvernahme des Vaters der beschwerdeführenden Partei statt, in deren Rahmen diesem aktuelle Länderberichte vorgehalten wurden und ihm die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu einer beabsichtigten Zurückweisung des Antrages vom XXXX 2019 gegeben wurde. Der Vater der beschwerdeführenden Partei wie auch die anwesende Rechtsberaterin verzichteten sowohl auf eine Stellungnahme als auch auf eine Einsicht in die aktuellen Länderberichte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz vom XXXX 2019 hinsichtlich des Status der Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Behörde stellte zusammengefasst fest, dass der gesetzliche Vertreter der beschwerdeführenden Partei im neuerlichen Asylverfahren weitere asylrelevante Gründe nicht glaubwürdig vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Beweiswürdigend gab die belangte Behörde an, dass die im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Asylgründe dem Vater der beschwerdeführenden Partei bereits im ersten Verfahren bekannt gewesen seien.
Am XXXX 2019 wurde eine Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht und zusammengefasst vorgebracht, dass bereits im ersten Verfahren offensichtlich gewesen sei, dass die beschwerdeführende Partei in Österreich geboren und somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht beschnitten sei, jedoch habe die belangte Behörde diesbezüglich keinerlei Ermittlungen durchgeführt und ihre gesetzliche Vertretung hierzu auch nicht befragt. Wäre die gesetzliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei genauer befragt worden, hätte sie ausführen können, dass die beschwerdeführende Partei gegen den Willen ihrer Eltern beschnitten werden würde, da dies in Somalia so üblich sei. Selbst nach der Folgeantragstellung seien diesbezügliche keine Ermittlungen getätigt worden, was einen groben Verfahrensmangel darstelle. Schließlich wurde noch auf die schwierige Situation von Frauen und Kindern in Somalia hingewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei, eine weibliche minderjährige Staatsangehöriger Somalias, wurde am XXXX 2017 in Österreich geboren.
1.2. Am XXXX 2017 stellte die Mutter der beschwerdeführenden Partei als ihre gesetzliche Vertretung einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Verfahrensanordnung vom XXXX 2017 wurde der beschwerdeführenden Partei eine Rechtsberatung amtswegig zur Seite gestellt.
Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht; er erwuchs in Rechtskraft.
1.3. Am XXXX 2019 brachte der Vater der beschwerdeführenden Partei als ihr gesetzlicher Vertreter einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.
Das Ermittlungsverfahren aufgrund des Folgeantrags vom XXXX 2019 ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden, und sich die individuelle Situation für die beschwerdeführende Partei hinsichtlich des Herkunftsstaates Somalia nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts, der einer Anwendung des § 68 AVG entgegenstünde, auszugehen ist. Die Fluchtgründe, die die gesetzliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei im Folgeverfahren geltend macht, bestanden schon vor dem Zeitpunkt, in dem der Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2017 in Rechtskraft erwuchs. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich des Status der Asylberechtigten daher zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
1.4. Die relevante Situation in Somalia hat sich seit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 nicht wesentlich geändert und wird dazu festgestellt wie folgt:
Die Übergangsverfassung verbietet zwar weibliche Genitalverstümmelung (FGM) (ÖB 9.2016; vgl. USDOS 3.3.2017, CEDOCA 9.6.2016), diese ist in Somalia aber weit verbreitet (ÖB 9.2016; vgl. USDOS 3.3.2017, AA 1.1.2017). Nach einer Angabe sind 98% aller Frauen und Mädchen beschnitten (USDOS 3.3.2017), eine andere Quelle nennt eine FGM-Rate (alle Formen von FGM) von 99% in der Altersgruppe von 15-49 Jahren. Dabei ist die hohe Prävalenz nicht auf Somalia beschränkt, sondern betrifft auch ethnische Somali in Kenia und Äthiopien (CEDOCA 9.6.2016).
Zum Alter bei der Beschneidung gibt es unterschiedliche Angaben. Eine Quelle nennt ein Alter von zehn bis dreizehn Jahren (AA 1.1.2017); nach anderen Angaben findet die Verstümmelung bei mehr als 80% im Alter zwischen fünf und neun Jahren statt; bei 10% zwischen neun und vierzehn Jahren; und bei 7% zwischen null und vier Jahren (EASO 8.2014). Nach wieder anderen Angaben wird die Verstümmelung bei 80% der Mädchen im Alter zwischen fünf und 14 Jahren vorgenommen (USDOS 3.3.2017). UNICEF wiederum nennt ein Alter von 4-14 Jahren als üblich; die NGO IIDA gibt an, dass die Beschneidung üblicherweise vor dem achten Geburtstag erfolgt (CEDOCA 9.6.2016). Quellen im Bericht des Danish Immigration Service erklären wiederum, dass die große Mehrheit vor dem achten Geburtstag einer Verstümmelung unterzogen wird. Eine Quelle gab an, dass Mädchen, welche die Pubertät erreicht haben, nicht mehr beschnitten werden. Dies wäre gesundheitlich zu riskant. Hat ein Mädchen die Pubertät erreicht, fällt auch der Druck durch die Verwandtschaft weg (DIS 1.2016).
Dabei ist vor allem die extremste Form der weiblichen Beschneidung (Infibulation; auch pharaonische Beschneidung/ WHO Typ III) weit verbreitet (ÖB 9.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Berichtet wird ein Anteil von rund 63% (EASO 8.2014). Eine andere Quelle schätzt die Zahl von Infibulationen auf 80% (DIS 1.2016). Verbreitet sind die hieraus resultierenden Gesundheitsprobleme der Betroffenen. Viele überleben die Verstümmelung nicht (AA 1.1.2017).
Bei den Benadiri und den arabischen Gemeinden in Somalia ist nicht die Infibulation sondern die Sunna (WHO Typen I und II) verbreitet. Bei diesen Gruppen scheint die Beschneidung bei der Geburt stattzufinden, möglicherweise auch nur als symbolischer Schnitt. Auch in anderen Teilen Somalias wird zunehmend die Sunna verwendet (DIS 1.2016).
Landesweit bemühen sich die Regierungen, die FGM-Praxis einzuschränken (AA 1.1.2017). Internationale und lokale NGOs führen Sensibilisierungsprogramme durch (USDOS 3.3.2017; vgl. CEDOCA 9.6.2016). Auch Medien, Prominente und religiöse Persönlichkeiten werden in die Kampagnen eingebunden. Bei einer Studie im Jahr 2015 wendete sich die Mehrheit der Befragten gegen die Fortführung der Infibulation (CEDOCA 9.6.2016). Es gibt allerdings keine Behörden oder Organisationen für Mütter, die hinsichtlich der Verhinderung einer FGM Unterstützung oder Schutz bieten (DIS 1.2016).
Die Hauptrolle bei der Entscheidung, ob eine Beschneidung stattfindet, liegt in erster Linie bei der Mutter, in geringerem Maße bei der Großmutter. Der Vater spielt bei dieser Entscheidung kaum eine Rolle (CEDOCA 9.6.2016). Um eine Verstümmelung zu vermeiden, kommt es also auf die Standhaftigkeit der Mutter an. Auch der Bildungshintergrund, der soziale Status sowie die kulturelle und geographische Zugehörigkeit spielen eine Rolle. Es gibt sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten Eltern, die ihre Töchter nicht verstümmeln lassen. Leichter ist dies aber in Städten, wo die Anonymität eher gegeben bzw. die enge soziale Interaktion geringer ist (DIS 1.2016).
Es kann zu psychischem Druck kommen, damit eine Tochter beschnitten wird. Dieser Druck kann auch extreme Formen annehmen, derartige Fälle sind aber außergewöhnlich. Spricht sich auch der Kindesvater gegen eine Verstümmelung aus, und bleibt dieser standhaft, dann ist es leichter, dem psychischen Druck standzuhalten (DIS 1.2016). Aufklärungskampagnen versuchen, Väter mehr in die Sensibilisierung einzubinden, da sie Einfluss auf Mutter und Großmutter ausüben können (CEDOCA 9.6.2016).
Dass Mädchen ohne Einwilligung der Mutter von Verwandten einer FGM unterzogen werden, ist zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Keine Quelle des Danish Immigration Service konnte einen derartigen Fall berichten. Ohne das Wissen der Mutter kann eine FGM aufgrund der gesundheitlichen Folgen nicht von statten gehen (DIS 1.2016).
Mädchen, die nicht beschnitten sind, werden in der somalischen Gesellschaft immer noch stigmatisiert. Auch hier gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land. Laut Edna Adan ist es in der Stadt kein Problem, zuzugeben, dass die eigene Tochter nicht beschnitten ist. Auf dem Land aber würden Eltern dies nicht wagen. Mädchen, die anstatt einer Infibulation mittels Sunna beschnitten wurden, werden oftmals als nicht so rein wie infibulierte Mädchen erachtet (CEDOCA 9.6.2016). Allerdings kommt es zu keinen körperlichen Untersuchungen, um den Status hinsichtlich einer vollzogenen Verstümmelung bei einem Mädchen festzustellen. Dies gilt auch für Rückkehrer aus dem Westen. In ländlichen Gebieten wird wahrscheinlich schneller herausgefunden, dass ein Mädchen nicht verstümmelt ist. Eine Möglichkeit ist, dass eine Mutter vorgibt, dass ihre Tochter einer Sunna unterzogen worden ist (DIS 1.2016).
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei in Österreich geboren wurde, basiert auf der im Akt befindlichen Geburtsurkunde vom XXXX 2017.
Die Feststellung zur Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
2.2. Zum Vorbringen der gesetzlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei:
Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrags wegen entschiedener Sache eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.
Es wird vorangestellt, dass der Vater der beschwerdeführenden Partei bereits bei der Erstbefragung zum aktuellen Antrag auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz angegeben hat, schon seit der Geburt seiner Tochter (NB: XXXX 2017) das Bewusstsein gehabt zu haben, dass sie bei einer Rückkehr nach Somalia beschnitten werden müsste (AS 4, EB vom XXXX 2019). Im Zuge seiner Einvernahme am XXXX 2019 bejahte er weiter die Frage, ob die Beschneidung der beschwerdeführenden Partei bereits im ersten Verfahren ein Grund für die Antragstellung gewesen sei. Er habe gewusst, dass Frauen in Somalia beschnitten würden und habe auch über die allgemeine Lage der Frauen in Somalia Bescheid gewusst, sei es bei der Geburt seiner Tochter bzw. während des ersten Verfahrens (vgl. AS 71f, EV vom XXXX 2019). Damit muss anerkannt werden, dass die im Folgeverfahren angegebenen Gründe für die Stellung eines neuen Antrags auf internationalen Schutz in Österreich weder neue Gründe sind, noch sich auf eine neue Situation im Heimatland beziehen.
Wenn der Vater der beschwerdeführenden Partei angibt, er habe nicht gewusst, dass er diese Gründe im ersten Verfahren vorbringen müsste und weiter nicht gewusst, dass er innerhalb von vier Wochen Beschwerde einbringen hätte sollen gegen den ersten Bescheid der Behörde, so muss dem entgegen gehalten werden, dass der Bescheid vom XXXX 2017 eine fehlerfreie Rechtsmittelbelehrung, auch in somalischer Sprache, enthält und der beschwerdeführenden Partei mit Verfahrensanordnung vom XXXX 2017 - und auch in somalischer Sprache - gerade für ein etwaiges Beschwerdeverfahren eine Rechtsberatung zur Seite gestellt wurde. Dass die Eltern der beschwerdeführenden Partei tatsächlich daran gehindert gewesen wären, zumindest im Rahmen einer Beschwerdeergreifung im ersten Verfahren mit entsprechender Unterstützung die nunmehr dargelegten Gründe für eine Asylzuerkennung vorzubringen, geht weder aus dem Verfahrensakt noch aus der Beschwerde vom XXXX 2019 hervor. In diesem Zusammenhang ist nochmals konkret darauf hinzuweisen, dass, wenn die Beschwerde vom XXXX 2019 wiederholt anführt, es habe im ersten Verfahren vor der belangten Behörde kein ordentliches Ermittlungsverfahren stattgefunden, weil die belangte Behörde einerseits keine Einvernahme in Bezug auf den Antrag der beschwerdeführenden Partei durchgeführt und außerdem amtswegige Ermittlungen vernachlässigt habe, sie jedoch Erklärungen dahingehend schuldig bleibt, wieso diese Argumente nicht in einem Beschwerdeverfahren zum Bescheid vom XXXX 2018 geltend gemacht worden sind - in also jenem Verfahren, auf das sich schließlich auch der in der Beschwerde angeführte § 20 Abs. 2 BFA-VG betreffend Neuerungen im Beschwerdeverfahren bezieht.
Im Ergebnis schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dem beweiswürdigenden Ergebnis der belangten Behörde dahingehend an, dass eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht erkennbar ist, die zu einer Änderung der Erstentscheidung führen würde.
2.3. Zur Situation in Somalia:
Die dazu getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia aus 2018, mit letzter Kurzinformation zur Versorgungslage aus dem September 2018. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 bezieht sich noch auf das Länderinformationsblatt aus Juni 2017. Ein Vergleich dieser beiden Feststellungen, jener aus 2017 und der aktualisierten aus 2018, führt zum Schluss, dass es in Bezug auf die Situation von Frauen in Somalia und die Praxis der weiblichen Genitalbeschneidung zu keiner wesentlichen Änderung gekommen ist. Auch wurde der gesetzlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei das aktuelle Länderinformationsblatt am XXXX 2019 und XXXX 2019 vorgehalten. Bei der Einvernahme am XXXX 2019 war außerdem die Rechtsberatung der beschwerdeführenden Partei anwesend.
Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund, an der Aktualität, Relevanz und Verlässlichkeit dieser Berichte zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3. Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache:
Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).
Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).
Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache der gegenständlichen Verfahren die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2017 ist in formelle Rechtskraft erwachsen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes an, dass die Angaben der gesetzlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken, und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der beschwerdeführenden Partei gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt gegenständlich entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Bescheid war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Die Vertretung der beschwerdeführenden Partei beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Zudem kann die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. Dies ist hier der Fall.
Der Sachverhalt erscheint aus der Beschwerde in Verbindung mit den Verfahrensakten des ersten wie des zweiten Antrags auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Partei hinreichend geklärt. Da aus der Beschwerde keine substantiierten Argumente hervorgehen, die den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nach der Aktenlage erschüttern können, steht er fest und kann daher als Grundlage für die gegenständliche Entscheidung dienen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
entschiedene SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2216651.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.07.2019