TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/6 VGW-031/042/7950/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §64 Abs1
VStG §64 Abs2
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B. gegen den Kostenausspruch des Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 3.5.2018, Zl. ..., wegen Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. a Straßenverkehrsordnung zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Kostenausspruch bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG) nicht zulässig. Im Übrigen ist gegen diese Entscheidung gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

„Sie haben am 10.8.2017 von 09.30 Uhr bis 10.00 Uhr in Wien, ...platz Gegenüber 1 als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-... folgende Verwaltungsübertretung begangen: Abstellen des Fahrzeuges im Bereich des Vorschriftzeichens „Halten und Parken verboten“ mit dem Zusatz: „gilt am 10.8.2017 v. 8-16h ausgen. Fahrzeuge mit Wagenkarte““.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 102,00, im Falle der Uneinbringlichkeit 22 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Es wird Ihnen zudem ein Betrag von EUR 10,20 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes).

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher EUR 112,20.“

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben.

Erläuternd wurde u.a. ausgeführt:

„Betreff: M 67-...

Bezugnehmend auf Ihren Bescheid vom 3.5.2018 erhebe ich gegen die Kosten von 112,20 €Einspruch da diese als unangemessen erscheinen.“

Entsprechend der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist das eine Entscheidung erlassende Gericht bei Verfahren, in welchen nur Rechtsfragen oder nur höchst technische Fragen zu klären sind, bzw. ist in Verfahren zu technischen Fragen, die in einem schriftlichen Verfahren besser gelöst werden können, (vgl. u.a. EGMR 2.9.2004, Appl. 68.087/01 [Hofbauer]; 24.3.2005, Appl. 54.645/00 – [Osinger]; 3.5.2007, 17.912/05 [Bösch]; 10.5.2007, 7401/04 [Hofbauer2]; 18.12.2008, 4490/06 [Richter}; 18.12.2008, Appl. 69.917/01 [Saccorccia]; 13.3.2012, Appl. 13.556/07; 5.6.2012, Appl. 8154/04 [Duboc]; 18.7.2013, 56.422/09 [Schädler-Eberle]) sowie ist bei Verfahren, in denen der Fall auf Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002. Appl. 28.394/95, Z 37ff [Döry]; VfSlg. 19.632/2012; VfGH 27.6.2013, B 823/2012) gemäß Art. 6 EMRK grundsätzlich keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten. Zudem ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs im Falle der bloßen Strittigkeit von nicht besonders komplexen Rechtsfragen grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführent (vgl. VfGH 3.3.2009, B 1284/08).

Durch die Belehrung des gegenständlich bekämpften Bescheids wurde der Beschwerdeführer von seinem Recht auf Beantragung einer mündlichen Verhandlung in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit zur Beantragung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt.

Da das Beschwerdevorbringen den der Kostenvorschreibung zugrunde liegenden Sachverhalt unbestritten ließ und sich nur gegen die rechtliche Beurteilung wendet und weiters die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

DAS VERWALTUNGSGERICHT WIEN HAT ERWOGEN:

§ 64 Abs. 1 und 2 VStG lautet wie folgt:

„(1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.“

Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschwerdeführer ausschließlich nur der erstinstanzliche Kostenausspruch bekämpft. Der Schuld- und Strafausspruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wurde daher (ausdrücklich) nicht bekämpft.

Bei dieser Konstellation stellt sich die Frage, was die Sache i.S.d. § 28 Abs. 1 VwGVG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist.

Fraglich ist nämlich, ob es überhaupt möglich ist, ausschließlich den erstinstanzlichen Kostenausspruch eines Straferkenntnisses zu bekämpfen, sodass zugleich vom erfolgten Eintritt der Rechtskraft im Hinblick auf den Schuld- und Strafausspruch des Straferkenntnisses auszugehen ist. Diese Qualifizierung der Wirkung der bloßen Bekämpfung des Kostenausspruchs setzt nämlich voraus, dass jedes einen Kostenausspruch enthaltendes Straferkenntnis als ein teilbarer Bescheid zu qualifizieren ist, sodass einerseits der Schuld- und Strafausspruch und andererseits der Kostenausspruch im Grunde als eigenständige, selbständige voneinander ergangene Bescheide einzustufen sind.

Wenn es sich dagegen bei einem einen Kostenausspruch enthaltenden Straferkenntnis um keinen teilbaren Bescheid handeln sollte, wäre die bloße Bekämpfung des Kostenausspruchs unmöglich, und würde diesfalls mit der „bloßen“ Bekämpfung des Kostenausspruchs auch der Schuld- und Strafausspruch bzw. auch des Strafausspruch des Straferkenntnisses bekämpft sein.

Es ist daher vorab zu klären, ob es sich bei einem einen Kostenausspruch enthaltenden Straferkenntnis um einen teilbaren Bescheid handelt.

Im Zuge dieser Klärung erscheint es zielführend, sich die höchstgerichtliche Judikatur zu vergegenwärtigen:

So judiziert der der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur, dass in den Fällen, in denen ein Straferkenntnis keinen Abspruch über die Kosten enthält, die Rechtsmittelinstanz den Beschuldigten nicht zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verpflichten kann; diesfalls ist die Rechtsmittelinstanz vielmehr zufolge des § 64 Abs. 1 und 2 VStG nur zu einem Kostenausspruch betreffend das Rechtsmittelverfahren befugt (vgl. VwGH 26.11.1984, 83/10/0270; 19.10.1988, 88/02/0137; 21.2.2007, 2006/06/0286). Damit hat der Verwaltungsgerichtshof aber im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, dass die Kostenentscheidung kein unteilbarer Teil im Verhältnis zum Schuld- und Strafausspruch ist, zumal bei Bejahung einer mangelnden Teilbarkeit die Rechtsmittelinstanz auch zur meritorischen Entscheidung im Hinblick auf die erstinstanzliche Kostenfrage verpflichtet gewesen wäre.

Hervorzuheben ist auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.6.1992, Zl. 92/02/0107, das über eine Beschwerde der Finanzprokuratur gegen die Aufhebung eines in einem Straferkenntnis festgesetzten Strafkostenbeitrags durch die Rechtsmittelinstanz erging. In diesem Verfahren nahm der Verwaltungsgerichtshof keinen Anstand daran, dass von der Finanzprokuratur lediglich die Kostenentscheidung der Rechtsmittelinstanz angefochten wurde, sodass implizit von der Teilbarkeit der Kostenentscheidung vom übrigen Teil der Rechtsmittelentscheidung ausgegangen wurde.

Für die Qualifizierung eines einen Kostenausspruch enthaltenden Straferkenntnisses als einen teilbaren Bescheid spricht auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 5.11.1987, Zl. 87/18/0087, in welchem ausgesprochen wurde, dass eine ausdrückliche Bestätigung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs durch die Rechtsmittelinstanz deshalb nicht notwendig sei, da der Kostenauspruch „einen Annex zur Hauptsache darstellt, es sei denn, er wäre besonders bekämpft.“

Für die Einstufung eines einen Kostenausspruch enthaltenden Straferkenntnisses als einen teilbaren Bescheid ist zudem auch die Judikatur zur Vorschreibung von der Behörde entstandenen Barauslagen gemäß § 76 AVG ins Treffen zu führen, welche die eigenständige Erlassung eines eigenen Kostenvorschreibungsbescheids i.S.d. § 76 AVG bejaht (vgl. etwa VwGH 20.1.1994, 90/06/0193; 21.5.1996, 96/05/0102; 30.4.1998, 97/06/0271; 12.4.1999, 99/11/0016).

Insbesondere bei Zugrundelegung dieser Judikatur folgert das erkennende Gericht, dass ein einen Kostenausspruch enthaltendes Straferkenntnis ein teilbarer Bescheid ist, und daher der Kostenausspruch eigens anfechtbar ist.

Folglich wurde mit der gegenständlichen Bekämpfung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs nicht auch der Schuld- und/oder Strafausspruch des gegenständlichen Straferkenntnisses bekämpft, und sind daher der Schuld- und Strafausspruch des Straferkenntnisses mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

Es ist daher gegenständlich nur zu klären, ob die gegenständliche erstinstanzliche Kostenvorschreibung rechtmäßig war.

Gegenständlich wurden von der Behörde als erstinstanzliche Kosten der Betrag von 10% der verhängten Geldstrafe in der Höhe von EUR 102,-- vorgeschrieben.

Bei Zugrundelegung des klaren Gesetzeswortlauts des § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist die erstinstanzliche Behörde bei einer verhängten Geldstrafe von mindestens EUR 100,-- zur Vorschreibung von exakt 10% der verhängten Geldstrafe als erstinstanzlicher Kostenbeitrag verpflichtet. Die gegenständliche Kostenvorschreibung ist daher rechtsrichtig erfolgt.

Bemerkt wird, dass, wie zuvor ausgeführt, der Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens nicht die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs des gegenständlichen Straferkenntnisses war. Der Verfahrensgegenstand des bezughabenden Beschwerdeverfahrens war vielmehr die Überprüfung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs. Da es sich, wie zuvor dargelegt, bei einem Kostenbeitragsvorschreibungsverfahren gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG lediglich um ein „Annexverfahren“ zum jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren handelt, legt das erkennende Gericht die Wendung „Straferkenntnis“ im § 52 Abs. 1 VwGVG dahingehend aus, dass damit lediglich der Schuld- und Strafausspruch eines Straferkenntnisses angesprochen ist. Im Falle der bloßen Bestätigung eines erstinstanzlichen Kostenausspruchs erfolgt sohin keine Bestätigung eines Straferkenntnisses i.S.d. § 52 Abs. 1 VwGVG. Folglich war auch kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 i.V.m. 2 VwGVG vorzuschreiben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Sache des Beschwerdeverfahrens; Beschwerdegegenstand; Kostenausspruch; Schuldausspruch; Strafausspruch; teilbarer Bescheid; Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.042.7950.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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