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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FSG 1997 §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Nikolaus Schirnhofer, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 21/18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21.September 1998, Zl.MA 65-8/144/98, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 3 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 12 Monaten (gerechnet ab der am 10. März 1998 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides) entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit dem durch das Oberlandesgericht Wien bestätigten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 2. April 1997 wegen der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 (erster Fall) StGB und des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Weiters sei er mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 2. April 1998 wegen des Vergehens nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt worden, weil er am 20. Juni 1997 einen Kombikraftwagen durch Tritte gegen die Wagentür beschädigt habe.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien strafbare Handlungen nach den §§ 146 ff StGB als bestimmte Tatsachen anzusehen, welche die Verkehrsunzuverlässigkeit des Besitzers der Lenkberechtigung indizierten.
Der Umstand, daß die Tat vom 20. Juni 1997 nicht durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges begünstigt worden sei, sei bei der Festsetzung der Entziehungsdauer berücksichtigt worden. Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit sei außerdem nicht nur auf das Verhalten im Straßenverkehr abzustellen.
Die Begehung von Delikten nach § 133 StGB stelle eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 2 FSG dar, auch wenn diese Delikte nicht in der demonstrativen Aufzählung des § 7 Abs. 4 FSG enthalten seien. Der Beschwerdeführer sei der Vergehen der Veruntreuung und des versuchten schweren Betruges für schuldig erkannt worden, weil er mit Einverständnis des Mittäters dessen geleastes Kraftfahrzeug der Gewahrsame des Leasingnehmers entzogen habe, und zwar zu dem Zweck, das Abhanden des Kraftfahrzeuges als Diebstahl darzustellen und damit dem Mittäter einen günstigeren Ausstieg aus dem für ihn finanziell beschwerlich gewordenen Leasingvertrag zu verschaffen. Weiters sei eine Versicherungsanstalt zu einer ungerechtfertigten Schadensvergütung an das Leasingunternehmen als Eigentümer des Kraftfahrzeuges veranlaßt worden. Diese Straftaten seien den in den §§ 102, 131, 142 und 143 StGB genannten Delikten durchaus gleichzuhalten. Es sei daher der Schluß berechtigt, der Beschwerdeführer werde sich wegen der erleichternden Umstände, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbunden seien, weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen. Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung weise auf eine gewisse Neigung zur Gewalttätigkeit gegen Sachen hin, die gleichfalls gegen seine Verkehrszuverlässigkeit spreche. Die genannten Tathandlungen seien verwerflich und gefährlich. Die Zeit zwischen der Begehung der Straftaten und der Urteilsverkündung im Zusammenhang mit dem Betrugsdelikt sei für die Wertung der seit den Straftaten verstrichenen Zeit von geringer Bedeutung. Außerdem habe der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit eine weitere strafbare Handlung, nämlich die Sachbeschädigung, begangen. Da seit der letzten strafbaren Handlung noch keine so lange Zeit verstrichen sei, daß auf eine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers geschlossen werden könne, müsse er auch jetzt noch als verkehrsunzuverlässig angesehen werden. Die von der Erstbehörde festgesetzte Zeit von 12 Monaten sei das Minimum des Erforderlichen. Erst nach Ablauf dieser Zeit könne auf eine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers geschlossen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich bei der im § 7 Abs. 4 Z. 1 bis 5 FSG enthaltenen Aufzählung von strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit. gelten, nicht um eine taxative, sondern um eine demonstrative Aufzählung (arg. "insbesondere"). Der Umstand, daß Veruntreuungs- und Betrugshandlungen nicht in der Aufzählung des § 7 Abs. 4 leg. cit. enthalten sind, hindert somit nicht ihre Beurteilung als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit., sofern sie nach ihrer Art und Schwere den beispielsweise aufgezählten strafbaren Handlungen gleichzustellen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0243, mwN, weiters die hg. Erkenntisse vom 18. Oktober 1988, Zl. 88/11/0022, und vom 7. Oktober 1997, Zl. 96/11/0357). Im Zusammenhang mit den vom Beschwerdeführer begangenen Vergehen der Veruntreuung und des versuchten schweren Betruges hat er für die Verbringung des Kraftfahrzeuges, das schließlich in Ungarn sichergestellt wurde, gesorgt, sodaß der Zusammenhang zwischen den strafbaren Handlungen und der in § 7 Abs. 2 FSG genannten Erleichterung der Begehung durch das Lenken von Kraftfahrzeugen evident ist.
Der angefochtene Bescheid ist jedoch deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die von der belangten Behörde im Grunde des § 7 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 FSG vorgenommene Wertung verfehlt ist. Die belangte Behörde hat nämlich der seit der Tat verstrichenen Zeit und dem Verhalten während dieser Zeit nicht das entsprechende Gewicht beigemessen. Das eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG darstellende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers wurde nach dem in den Verwaltungsakten erliegenden Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 10. Juli 1997 Ende März oder Anfang April 1993 gesetzt, sodaß bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides bereits fast fünf Jahre verstrichen waren. Der Beschwerdeführer hat in der Zwischenzeit keine gleichartigen Straftaten begangen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Wohlverhalten in der Zeit, in der das gerichtliche Strafverfahren anhängig ist, von geringerem Gewicht ist, als in Zeiten, in denen dies nicht der Fall ist, erweist sich im Hinblick auf die lange Dauer der seit der Tat verstrichenen Zeit die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung, der Beschwerdeführer werde erst im März 1999, also rund sechs Jahre nach der Tat, die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen, als verfehlt. Das am 20. Juni 1997 begangene Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB kann im Hinblick auf sein geringes Gewicht und den Umstand, daß diese strafbare Handlung nicht auf eine Sinnesart gemäß § 7 Abs. 2 FSG hinweist, die Auffassung, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit erst rund sechs Jahre nach der Begehung der Veruntreuungs- bzw. Betrugshandlungen wiedererlangen, nicht stützen.
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110270.X00Im RIS seit
19.03.2001