TE Vwgh Beschluss 2019/4/16 Ra 2018/05/0163

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Veröffentlicht am 16.04.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §5 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des M D in M, vertreten durch die Dr. Reinitzer Rechtsanwalts KG in 1060 Wien, Theobaldgasse 15/21, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Februar 2018, Zl. VGW-011/030/7596/2016-8, betreffend Übertretungen gemäß Wiener Feuerpolizei-, Luftreinhalte- und Klimaanlagengesetz und Wiener Kehrverordnung 1985 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).

5 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH zum installierten Kontrollsystem bzw. Überwachungsverschulden abweiche. Die vom Revisionswerber einzuhaltende Überwachungspflicht dürfe nicht so weit gehen, dass jede einzelne einfache Arbeitsverrichtung, wie die Vornahme einer Hauptkehrung, zu kontrollieren sei. Die Kontrolle, ob ein erfahrener, langjähriger und zuverlässiger Geselle diese rein manipulativen Tätigkeiten auch tatsächlich sach- und fachgerecht ausgeführt habe, sei dem Revisionswerber nicht zumutbar, wolle man nicht dessen Sorgfaltspflicht überspannen. Sollte die Überwachungspflicht eines Mitarbeiters mit Gesellenprüfung so weit gehen, dass jede durchgeführte Arbeit überprüft werden müsse, so könne ein Rauchfangkehrermeister gleich auf Mitarbeiter verzichten und müsse er sämtliche Tätigkeiten selbst durchführen. Es würde sich sohin die gesetzliche Bestimmung des § 13 Abs. 1 Wiener Kehrverordnung ad absurdum führen.

6 Von besonderer Bedeutung sei es jedoch, dass gegenständlich durch die belangte Behörde dem Revisionswerber gar nicht vorgeworfen worden sei, dass seine Kontrolle des gegenständlichen Mitarbeiters nicht ausreichend gewesen wäre. Gegenständlich sei dem Revisionswerber einfach die Nichtwahrnehmung eines Mangels seiner Hilfsperson lediglich zugeordnet worden. Ein Fehlverhalten des Revisionswerbers sei nicht festgestellt worden. Dies widerspreche jedenfalls der bisherigen Rechtsprechung des VwGH, und es sei jedenfalls von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Verhalten einer ansonsten zuverlässigen Hilfskraft (Rauchfangkehrergeselle) auch bei einem funktionierenden und nicht zu beanstandenden Kontrollsystem durch den Rauchfangkehrermeister diesem zuzuordnen sei. Gegenständlich habe sich das Verwaltungsgericht in seiner Begründung damit, ob der Revisionswerber ein funktionierendes Kontrollsystem gehabt habe und ob es sich bei der mit der Tätigkeit betrauten Hilfskraft um einen zuverlässigen Gesellen handle, gar nicht auseinandergesetzt, sondern dieses gesamte Beweisthema gar nicht erwähnt. Lediglich die Zuordnung der Arbeitsverrichtung durch einen Gesellen zum Revisionswerber, ohne den gesamten Themenbereich eines "geregelten Kontrollsystems" zu streifen, ja nicht einmal mit einem Wort in der Begründung zu erwähnen, weiche jedenfalls von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab.

7 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ein Abweichen von der hg. Judikatur geltend gemacht wird, wäre zumindest eine nach Datum und Geschäftszahl bezeichnete Entscheidung des VwGH anzugeben gewesen, von der abgewichen worden sein soll (vgl. etwa VwGH 12.12.2017, Ra 2017/05/0286, mwN).

9 Auch mit ihren Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Vorbringen eines funktionierenden Kontrollsystems nicht auseinandergesetzt habe und sich damit jedoch hätte auseinandersetzen müssen, legt die Revision keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar. Im Falle von Ungehorsamsdelikten gemäß § 5 Abs. 1 VStG - um solche handelt es sich bei den dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen - ist Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte. Nur ein derartiges, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hat daher exkulpierende Wirkung. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung der Einhaltung der Rechtsnormen, deren Übertretung dem Beschuldigten zur Last gelegt wurde, jederzeit sichergestellt werden kann (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2016/05/0005, mwN).

10 Der Beschuldigte hat somit die Behauptungslast zur Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. etwa VwGH 28.10.1999, 98/06/0062), so beispielsweise - wie erwähnt - dadurch, dass er ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat. Dass der Revisionswerber jedoch im vorliegenden Fall die Einrichtung eines solchen Kontrollsystems in dem der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses vorangegangenen Verfahren dargelegt habe, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht behauptet.

11 Soweit in dieser überdies behauptet wird, dass durch das Straferkenntnis gegen das "Doppelbestrafungsverbot" verstoßen worden sei und das angefochtene Erkenntnis (auch) damit von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH abweiche, unterlässt es die Revision ebenso, diese hg. Judikatur nach Datum und Geschäftszahl zu bezeichnen sowie konkret darzulegen, dass der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2016/04/0134, mwN). Vor allem jedoch lässt dieses Zulässigkeitsvorbringen jede weitere Darstellung vermissen, in Bezug auf welche konkret zu bezeichnenden Bestrafungen eine "Doppelbestrafung" vorliege.

12 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG iVm § 15 Abs. 4 leg. cit. zurückzuweisen.

13 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 16. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050163.L00

Im RIS seit

03.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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