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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
VStG §22Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des H L in D, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 27. Februar 2018, Zl. KLVwG- 1923-1928/5/2017, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird geändert und der Spruch dieser Entscheidung hat zu lauten:
"Das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Kärnten vom 18. Juli 2017, Zl. VStV-915300438262/2015 wird aufgehoben und das gegen H L unter der genannten Zahl wegen Übertretungen des § 52 Abs. 1 GSpG geführte Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt."
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 18. Juli 2017 erkannte die Landespolizeidirektion Kärnten den Revisionswerber als Geschäftsführer und Verantwortlichen der L Gesellschaft mbH der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 (drittes Tatbild) iVm § 2 Abs. 2 und Abs. 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig (Spruchpunkt 1.) und als Geschäftsführer und Verantwortlichen der L G.m.b.H. der vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 (erstes Tatbild) iVm § 2 Abs. 2 und Abs. 4 iVm § 4 GSpG schuldig (Spruchpunkt 2.), weil die genannten Gesellschaften am 6. März 2015 verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht und veranstaltet hätten. Es wurde über ihn sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils 4.000 EUR (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurden ihm die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 2.400 EUR zur Zahlung vorgeschrieben.
2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 Beschwerde.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), wobei es den Spruch dahingehend konkretisierte, dass der Revisionswerber in beiden Fällen "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher" zu bestrafen sei (Spruchpunkt II.). Das Landesverwaltungsgericht legte dem Beschwerdeführer Kosten für das Beschwerdeverfahren in der Höhe von 4.800 EUR auf (Spruchpunkt III.) und sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt IV.). 4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1591/2018-7 ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
5 Die danach erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
6 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde brachte eine Revisionsbeantwortung ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Der Revisionswerber releviert zur Zulässigkeit seiner Revision, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes sei ihm erst nach Erlöschen der Strafbarkeit der Tat zugestellt worden. 10 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
11 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. 12 Nach § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden näher angeführte Zeiten nicht eingerechnet.
13 Bei Dauerdelikten sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen. Die Verjährungsfrist beginnt von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0143, mwN).
14 Entgegen der von der belangten Behörde in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht genügt es nicht, dass ein behördliches Straferkenntnis vor Eintritt der Verjährung erlassen wird, wenn der Beschuldigte ein solches zulässig bekämpft.
15 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/17/0172, mwN). Die Erlassung der Rechtsmittelentscheidung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. VwGH 9.10.2017, Ra 2017/02/0115). 16 Im Revisionsfall haben die als Dauerdelikte gewerteten strafbaren Verhaltensweisen des Revisionswerbers, die der Bestrafung zu Grunde gelegt wurden, am 6. März 2015 geendet. Für das Vorliegen einer in § 31 Abs. 2 VStG angeführten Zeit, welche in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird, bestehen im Revisionsfall keinerlei Hinweise. Die dreijährige Frist für die Verjährung der Strafbarkeit endete demnach gemäß § 31 Abs. 2 VStG am 6. März 2018.
17 Bei der vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten am 9. Februar 2018 durchgeführten Verhandlung unterblieb die Verkündung eines Erkenntnisses (§ 47 Abs. 4 VwGVG). 18 Das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 27. Februar 2018 wurde - wie insoweit der Aktenlage entsprechend in der Revision vorgetragen wird und wozu in der Revisionsbeantwortung nichts Gegenteiliges vorgebracht wird - dem Revisionswerber am 15. März 2018 durch Hinterlegung zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Strafbarkeit der dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen bereits verjährt.
19 Die Sache erweist sich demnach als entscheidungsreif, weshalb gemäß § 42 Abs. 4 VwGG das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern ist, dass der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist und das gegen den Revisionswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am 29. April 2019
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit DauerdeliktRechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160027.L00Im RIS seit
24.07.2019Zuletzt aktualisiert am
26.07.2019