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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des B E in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das am 12. Dezember 2018 mündlich verkündete und am 5. Februar 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-051/031/4510/2018- 13, betreffend Bestrafung wegen einer Übertretung des FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein mongolischer Staatsangehöriger, hält sich seit März 2011 im Bundesgebiet auf. Ihm waren mit Gültigkeit ab 7. März 2011 jeweils befristete Aufenthaltsbewilligungen zunächst als Student, ab dem Jahr 2015 als Schüler, erteilt worden. Am 1. März 2016 stellte er betreffend den letztgenannten Titel einen entsprechenden Verlängerungsantrag. 2 Mit Bescheid vom 1. April 2016 wies der Landeshauptmann von Wien diesen Antrag gemäß § 63 Abs. 1 und 3 NAG zurück. Begründend verwies er darauf, dass der Revisionswerber bislang weder einen Schulerfolg nachgewiesen noch eine Zulassung als ordentlicher Schüler vorgelegt habe, sodass die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Verlängerung des Aufenthaltstitels für den Zweck "Schüler" fehlten.
3 Mit Straferkenntnis vom 21. Februar 2018 verhängte die Landespolizeidirektion Wien (LPD) über den Revisionswerber gemäß § 120 Abs. 1a iVm § 31 Abs. 1 FPG eine Geldstrafe, weil er sich als Fremder am 5. Oktober 2017 um 9.45 Uhr in Wien nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Sein letzter Aufenthaltstitel sei bis zum 11. März 2016 gültig gewesen, ein Verlängerungsantrag sei am 1. April 2016 zurückgewiesen worden. 4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er vorbrachte, gegen den zurückweisenden Bescheid der Niederlassungsbehörde vom 1. April 2016 (anwaltlich vertreten) fristgerecht mittels Telefax Beschwerde erhoben zu haben. Er legte eine Kopie der übermittelten Beschwerde samt Faxprotokoll vom 2. Mai 2016 (mit dem Sendeergebnis ok.) bei. Daraus sei ersichtlich, dass die Beschwerde tatsächlich bei der Niederlassungsbehörde eingegangen sei, sodass sich sein Aufenthalt am 5. Oktober 2017 (und danach) als rechtmäßig erweise. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass die Beschwerde nicht bei der Niederlassungsbehörde eingelangt sein sollte, wäre ihm zu Gute zu halten, dass er auf Grund der Faxbestätigung davon habe ausgehen dürfen, dass die Beschwerde eingelangt sei und er sich somit rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und aufhalte, sodass ihm keine Schuld anzulasten wäre.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) nach mündlicher Verhandlung, an der der Revisionswerber sowie sein Rechtsvertreter trotz Ladung nicht teilgenommen hatten, die Beschwerde gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Es traf eine entsprechende Kostenentscheidung. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Begründend stellte das VwG fest, eine Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid vom 1. April 2016 sei nie bei der Niederlassungsbehörde eingelangt. Sie sei erst im Zuge des gegenständlichen Strafverfahrens tatsächlich vorgelegt und umgehend an die Niederlassungsbehörde weitergeleitet worden. Ein weiterer Verlängerungsantrag sei nicht gestellt worden.
Rechtlich folge auf Basis der dargestellten Zurückweisung des Verlängerungsantrages durch die Niederlassungsbehörde der unrechtmäßige Aufenthalt des Revisionswerbers im Bundesgebiet. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Zur Strafbarkeit genüge gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG fahrlässiges Verhalten. Der Revisionswerber, der sich über die Erledigung seiner (in Rn. 5 erwähnten, tatsächlich aber nicht eingebrachten) Beschwerde oder die Ausstellung einer weiteren (befristeten) Aufenthaltskarte nicht einmal erkundigt habe, habe im Sinn dieser Norm nicht glaubhaft machen können, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschriften ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Es wäre ihm freigestanden, an der mündlichen Verhandlung vor dem VwG teilzunehmen und allenfalls ein anderes Vorbringen zu erstatten.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die sich als unzulässig erweist:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
9 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision der Sache nach vor, das VwG habe die gebotenen Erhebungen bei der Niederlassungsbehörde zur rechtzeitigen Beschwerdeerhebung im Verfahren zur Verlängerung seines Aufenthaltstitels unterlassen und ebenso die ihm vorliegende Telefaxbestätigung, aus der er zumindest die rechtzeitige Erhebung einer Beschwerde habe ableiten dürfen, nicht ausreichend gewürdigt.
10 Dem erstgenannten Argument ist zu entgegnen, dass aus den vorgelegten Verwaltungsakten ausreichende Anfragen an die Niederlassungsbehörde hervorgehen, aus deren Beantwortungen (vom 6. Oktober 2017 und vom 20. Februar 2018) sich ergibt, dass eine Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid vom 1. April 2016 nicht eingelangt war. Die hierauf gestützte Beweiswürdigung des VwG, die zu einer entsprechenden Feststellung führte, erweist sich trotz der vorgelegten Faxbestätigung als schlüssig.
11 Mit dem zweiten Argument releviert der Revisionswerber im Ergebnis, er hätte auf Grund der ihm bekannten Telefaxbestätigung (bei dem weiteren in der Begründung der Revision ergänzten Vorbringen, sein damaliger Rechtsanwalt habe ihm unter Vorlage der Bestätigung versichert, die Beschwerde im Verlängerungsverfahren sei rechtzeitig eingebracht worden, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung) von einer rechtzeitigen Beschwerdeerhebung gegen den Bescheid vom 1. April 2016 (am 2. Mai 2016) ausgehen und daraus iSd § 24 Abs. 1 NAG und § 13 Abs. 1 VwGVG seinen fortgesetzt rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet ableiten dürfen.
12 Damit machte er die Voraussetzungen eines Tatbildirrtums (zur Einbringung einer Beschwerde bei der Niederlassungsbehörde) ausreichend deutlich geltend (vgl. dazu sinngemäß etwa VwGH 2.7.2010, 2008/09/0299).
Dem Revisionswerber wurde jedoch die Übertretung eines Ungehorsamsdeliktes vorgeworfen, zu dessen Verwirklichung gemäß § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten ausreicht. Bei einem Tatbildirrtum hinsichtlich eines Fahrlässigkeitsdeliktes ist der Täter somit bereits dann strafbar, wenn der Tatbildirrtum auf Fahrlässigkeit beruht (vgl. VwGH 21.4.1997, 96/17/0097, Punkt 2.3., mwN).
13 Diese Fahrlässigkeit bejahte das VwG - den vorgeworfenen Tatzeitpunkt am 5. Oktober 2017 betreffend - nicht unschlüssig mit dem Unterbleiben von Erkundigungen des Revisionswerbers bei der Niederlassungsbehörde bis zum genannten Tag, wobei es in nicht zu beanstandender Weise auch darauf hinwies, dass sich der Revisionswerber durch unbegründete Nicht-Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2018 der Möglichkeit begeben habe, weiteres Vorbringen zu erstatten.
14 Insgesamt gelingt es der Revision somit nicht, eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am 16. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210036.L00Im RIS seit
07.08.2019Zuletzt aktualisiert am
07.08.2019