TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/17 Ra 2018/17/0246

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Veröffentlicht am 17.05.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M D in U, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 8. Oktober 2018, LVwG 30.12-162/2018-36, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 1. Dezember 2017 wurde der Revisionswerber als strafrechtlich Verantwortlicher einer näher bezeichneten Gesellschaft der elffachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt. Es wurden über ihn elf Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.500,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil diese Gesellschaft zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe ab, als es bezüglich aller Übertretungen den Spruch des Straferkenntnisses modifizierte und die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG ergänzte (Spruchpunkt I.). Das LVwG erlegte dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 5.500,-- auf (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12. 5 Entgegen dem Vorbringen der Revision kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. dazu etwa EuGH 8.9.2010, C- 316/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 107; 30.4.2014, C-390/12, Pfleger, Rn. 50 ff; 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17;

VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049; 11.6.2018, Ra 2017/17/0052;

16.3.2016, Ro 2015/17/0022; VfGH 15.10.2016, E 945/2016-24 u.a.;

sowie Herbst/Weinhandl, Das österreichische Glücksspielmonopol aus unions- und verfassungsrechtlicher Sicht, in: Jahrbuch Öffentliches Recht 2017, 121 ff, insbes. 149). Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG nicht abgewichen.

6 Im Übrigen stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).

7 Die Revision erweist sich jedoch im Hinblick auf den von ihr aufgezeigten Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG als zulässig und berechtigt.

8 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der angelasteten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. z.B. VwGH 21.9.2018, Ra 2017/17/0661).

9 Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt; dagegen erfüllt das dritte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG - das unternehmerisch Zugänglichmachen -, eine Person, die etwa ein Glücksspielgerät in ihrer Gewahrsame hat und damit Spielern die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen ermöglicht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Wirt die Aufstellung eines solchen Glücksspielgerätes durch einen Dritten duldet, weil er etwa dafür eine Miete erhält oder sich durch das Vorhandensein dieses Gerätes in seinem Lokal eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0474, mwN).

10 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im sprachlichen Ausdruck erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. wieder VwGH 21.9.2018, Ra 2017/17/0661, mwN).

11 Im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde wird dem Revisionswerber vorgeworfen, dass die von ihm vertretene Gesellschaft das erste Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (Veranstalten) verwirklicht hätte. Durch welche konkrete Handlung dies geschehen wäre, ist dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen. 12 Dasselbe gilt auch für das angefochtene Erkenntnis, das durch seine abweisende Entscheidung den Spruch des Straferkenntnisses - mit für den Revisionsfall nicht wesentlichen Modifikationen - übernommen hat. Ausreichende Feststellungen über die konkrete Tathandlung sind auch dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen. Die in der Begründung der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, wonach die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft Eigentümerin der bei der Kontrolle vorgefundenen betriebsbereiten Geräte gewesen sei, reicht noch nicht aus, die Veranstaltereigenschaft dieser Gesellschaft zu belegen. Es kann daher nicht überprüft werden, ob der Vorwurf der Verwirklichung des ersten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu Recht erfolgte, zumal das LVwG im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung selbst von der Verwirklichung des dritten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG durch die vertretene Gesellschaft ausging, wodurch sich auch ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ergibt. 13 Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 und 2 VStG. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. 14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 17. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170246.L00

Im RIS seit

13.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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