TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/20 Ra 2019/14/0164

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
beobachten
merken

Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art7

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/14/0165

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der 1. A B, und des 2. C D, beide in X, beide vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen die Erkenntnisse vom 20. Februar 2019, 1) Zl. L515 2173345-1/11E und

2) Zl. L515 2173350-1/12E, des Bundesverwaltungsgerichts, jeweils betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind Staatsangehörige von Georgien. Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter des minderjährigen Zweitrevisionswerbers. Die Erstrevisionswerberin stellte am 23. August 2016 für sich und ihren Sohn jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diese begründete sie im Wesentlichen damit, sie sei von ihrem drogenabhängigen Lebensgefährten und Vater des Zweitrevisionswerbers bedroht, misshandelt und bestohlen worden. Die georgische Polizei habe ihr trotz Aufforderung keinen Schutz gewährt.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies die Anträge auf internationalen Schutz jeweils mit Bescheid vom 29. Juni 2017 ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber nach Georgien zulässig sei, und sprach aus, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe. Unter einem erkannte es einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung ab.

3 In ihren dagegen erhobenen Beschwerden beantragten die Revisionswerber unter anderem, der Beschwerde jeweils die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit den nunmehr in Revision gezogenen Teilerkenntnissen vom 20. Februar 2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) jeweils fest, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde jeweils zu Recht erfolgt sei und erkannte den Beschwerden die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zu. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Außerdem wies das BVwG gleichzeitig mit Beschluss die Anträge der Revisionswerber, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurück, wobei es die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG dagegen ebenfalls für nicht zulässig erklärte.

4 Die vorliegenden Revisionen wenden sich ausschließlich gegen die Teilerkenntnisse vom 20. Februar 2019, mit denen über die Beschwerden gegen jene Aussprüche, mit denen die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, abgesprochen wurde. Der Beschluss, mit welchem die zusätzlichen Anträge der Revisionswerber, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen wurden, blieb hingegen unbekämpft.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele VwGH 28.2.2019, Ra 2018/14/0207, mwN). In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 9.2.2018, Ra 2017/20/0344, mwN).

9 Diesen Anforderungen an die Zulassungsbegründung wird die vorliegende Revision nicht gerecht. In der gesamten Zulässigkeitsbegründung wird keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zitiert, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revisionswerber abgewichen sein bzw. aufgrund derer eine uneinheitliche Rechtsprechung vorliegen soll.

10 Auch durch die pauschale Behauptung, das BVwG, welches erst mit 1. Jänner 2014 seine Tätigkeit aufgenommen habe, könne sich nicht auf eine unter anderen Umständen und unter Geltung anderer Gesetze ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung berufen, gelingt es den Revisionswerbern nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

11 Die Revisionswerber bringen weiters vor, dass keine, insbesondere keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffes der durch

Artikel 8 EMRK geschützten Rechte auf ein Privat- und Familienleben unter dem Blickwinkel des Artikel 7 GRC unter Zugrundelegung der gegenständlichen Konstellation vorliege. Mit diesen bloß formelhaften Ausführungen verabsäumen sie es aber, die zu lösende Rechtsfrage zu benennen und konkret aufzuzeigen, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat bzw. welche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich ist. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass Art. 7 GRC keinen über Art. 8 EMRK hinausgehenden Gewährleistungsumfang hat (vgl. VwGH 25.4.2018, Ra 2018/18/0187). 12 Sofern die Revision den Entfall der mündlichen Verhandlung rügt, ist auf § 21 Abs. 6a BFA-VG zu verweisen, wonach das BVwG unbeschadet des § 21 Abs. 7 BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese vom BFA aberkannt wurde, ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann. Dass gegenständlich besondere Umstände vorgelegen wären, in Anbetracht derer trotz Anwendbarkeit der genannten Gesetzesbestimmung vom BVwG eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen wäre (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072), wird von der Revision nicht dargelegt.

13 Die Revisionswerber bringen letztlich vor, das BVwG habe sich weder mit ihren Vorbringen auseinandergesetzt, noch würden Länderberichte vorliegen, welche auf den gegenständlichen Sachverhalt anzuwenden seien. Zudem sei nicht erkennbar, auf welche Quellen sich das BVwG gestützt habe. Damit machen die Revisionswerber Verfahrensmängel geltend, ohne jedoch deren Relevanz darzulegen. Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/14/0393, mwN).

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140164.L00

Im RIS seit

18.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten