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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §37Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des N V A, vertreten durch Dr. Joachim Rathbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1/IV, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2018, Zl. I417 2191863- 1/20E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Benin, stellte am 5. Mai 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Katholik habe er Probleme mit seiner Familie gehabt, die einem Voodoo-Kult angehören würde. Er sei verhext worden, als er eine für ihn bestimmte Rolle innerhalb des Kults abgelehnt habe, und fürchte deshalb um sein Leben.
2 Mit Bescheid vom 7. März 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Benin zulässig sei. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht festgesetzt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, dass eine religiös-fundierte subjektive Furcht, basierend auf einem Glauben an das Übernatürliche nicht als wohlbegründete Furcht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen sei. Im Herkunftsstaat herrsche darüber hinaus keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder Rückkehrer einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Dem gesunden Revisionswerber sei angesichts seiner persönlichen Umstände, insbesondere seiner Schulbildung und beruflichen Erfahrungen, im Falle der Rückkehr auch nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen. Weiters stünde ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Schließlich sei es im Laufe seines etwa dreieinhalbjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet noch zu keiner nennenswerten Integrationsverfestigung gekommen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe hinsichtlich der vom Revisionswerber behaupteten religiösen Verfolgung seiner Entscheidung veraltete Länderinformationen zur Religionsfreiheit und Voodoo-Kulten zugrunde gelegt, den vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Bestellung eines Sachverständigen zu Unrecht abgewiesen und eine konkrete Beweiswürdigung seines Vorbringens unterlassen. Hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat habe es das Bundesverwaltungsgericht verabsäumt, Feststellungen zu treffen. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Rückkehrentscheidung Feststellungen zu deren Zulässigkeit getroffen, die nicht im Einklang mit den Beweisergebnissen der mündlichen Verhandlung stünden, sowie die Interessenabwägung infolge unrichtiger Beurteilung oder Gewichtung einzelner Kriterien falsch vorgenommen.
9 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Soweit der Revisionswerber mangelnde Aktualität der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichte rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass er damit die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Feststellung, es seien gegenüber dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung keine entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltsänderungen hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat eingetreten, nur unsubstantiiert bestreitet. In der Revision werden zudem keine aktuelleren Länderberichte oder solche, die denen im Erkenntnis verwendeten entgegenstehen, angeführt, die das BVwG seiner Entscheidung zugrunde hätte legen sollen.
10 Auch bezüglich der im Rahmen der Rückkehrentscheidung getroffenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes unterlässt es der Revisionswerber, konkret anzugeben, welche Feststellungen mit welchen Beweisergebnissen der mündlichen Verhandlung nicht in Einklang zu bringen wären. Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf (allenfalls fehlende) Judikatur enthält, entspricht den gesetzlichen Anforderungen nicht (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0110).
11 Hinsichtlich des gestellten Beweisantrages ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Unterlassung der Beweisaufnahme kein Verfahrensmangel gelegen ist, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema - wie im vorliegenden Fall - unbestimmt ist (vgl. VwGH 14.10.2016, Ra 2016/18/0260). Zudem gelingt es der Revision nicht - auch vor dem Hintergrund, dass das BVwG eine innerstaatliche Fluchtalternative angenommen hat, gegen die sich die Revision nicht wendet -, die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels darzulegen.
12 Dass das Bundesverwaltungsgericht ferner eine konkrete Beweiswürdigung des vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung erstatteten Vorbringens unterlassen hätte, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.
13 Schließlich ist der Revisionswerber auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, derzufolge die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (VwGH 25.2.2019, Ra 2018/19/0564). Dem Revisionswerber gelingt es mit seinem Vorbringen nicht darzulegen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte. 14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
15 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 21. Mai 2019
Schlagworte
BeweismittelSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des BeweisantragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190081.L00Im RIS seit
22.07.2019Zuletzt aktualisiert am
22.07.2019