Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
DienstpflichtverletzungText
DISZIPLINARERKENNTNIS
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Senat 2, hat durch die Vorsitzende Präsidentin des Landesgerichtes Dr.Haberl-Schwarz sowie die weiteren Mitglieder OStA Dr.Strahwald und BI Zöhrer in der Disziplinarsache gegen BI *** *** nach der am 4.April 2019 in Anwesenheit des Disziplinaranwalts OStA Dr.Kirschenhofer, des Disziplinarbeschuldigten BI *** ***, seines Verteidigers Mag. *** ***, Rechtsanwalt in ***, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Disziplinarbeschuldigte BI *** *** ist schuldig, er hat am *** in *** als Beamter den in der dortigen Justizanstalt Untergebrachten *** *** durch Versetzen eines Stoßes gegen den Oberkörper vorsätzlich am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig an der Gesundheit geschädigt (Platzwunde am Hinterkopf) und dadurch schuldhaft gegen seine allgemeinen Dienstpflichten verstoßen, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen (§ 43 Abs 1 BDG 1979), sowie in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs 2 BDG 1979).
Gemäß § 115 BDG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen.
Der Disziplinarbeschuldigte hat die Verfahrenskosten von EUR 50,00 zu tragen.
Begründung:
Zur Person:
Der am *** geborene Bezirksinspektor *** *** ist Justizwachebeamter der Justizanstalt *** und steht dort in der Verwendungsgruppe ***, Funktionsgruppe/Funktionsstufe ***, Gehaltsstufe ***, wobei er den Arbeitsplatz des stellvertretenden Leiters der *** im *** innehat und ein monatliches Nettoeinkommen in einer Höhe zwischen EUR *** und EUR *** ins Verdienen bringt.
Der Disziplinarbeschuldigte ist disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
Zur Sache:
Am *** war BI *** *** zur Bewachung des Untergebrachten *** *** eingeteilt und hatte dafür zu sorgen, dass dieser vor dem Krankenzimmer Medikamente einnahm und danach 20 Minuten sitzen blieb. Als ***, der immer wieder aufstehen wollte, zunächst jedoch erfolgreich durch den Disziplinarbeschuldigten beruhigt werden konnte, aufstand und davonging, ging ihm der Disziplinarbeschuldigte nach. Plötzlich schüttete *** aus einer 1 1/2 Liter Flasche dem Justizwachebeamten Wasser ins Gesicht. Dieser wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, um welche Flüssigkeit es sich handelte, und erkannte, dass es seine Aufgabe war, dem Untergebrachten die Flasche abzunehmen, um zu verhindern, dass dieser dadurch Schaden anrichten bzw. andere Personen gefährden könnte. Unter anderem ging es ihm um den Schutz einer anwesenden Krankenpflegekraft. Ihm war zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass der Untergebrachte zuvor bereits mehrfach gewalttätig geworden war und auch mit Gegenständen nach Beamten und Bediensteten geworfen hatte. Da er unmittelbar keine weiteren Justizwachebeamten zu seiner Verstärkung heranziehen konnte, versetzte er *** *** einen Stoß gegen den Oberkörper, wobei er wusste, dass er *** durch das Versetzen des wuchtigen Stoßes misshandelte, was er auch wollte, um an die Flasche zu gelangen. Durch den Stoß fiel *** rückwärts zu Boden und erlitt eine Platzwunde am Hinterkopf.
Als der Disziplinarbeschuldigte diese Verhaltensweise setzte, war er in Kenntnis davon, dass er damit gegen seine Dienstpflichten verstieß, wonach er als Beamter verpflichtet ist, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, und seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen.
Beweiswürdigend ist festzuhalten:
Die Feststellungen zur Person gründen sich auf die Deponate des Disziplinarbeschuldigten in der Disziplinarverhandlung sowie den zur Darstellung gebrachten Disziplinarakt.
Die in der Sache getroffenen Konstatierungen basieren auf der geständigen Einlassung des Disziplinarbeschuldigten und den Ergebnissen des wegen des identen Sachverhalts geführten Strafverfahrens zu *** Hv ***/*** des LG ***. BI *** wurde wegen desselben Verhaltens des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zur Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 28,00, im Nichteinbringlichkeitsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt, wobei ein Teil in der Höhe von EUR 2.520,00 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Gemäß § 95 Abs 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch des rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen gebunden.
Durch sein von den Feststellungen umfasstes, mit Außenwirkung behaftetes und solcherart den Vertrauensschutz tangierendes Verhalten hat der Disziplinarbeschuldigte gegen die in § 43 Abs 2 BDG normierte Verpflichtung schuldhaft verstoßen.
Aus Sicht des Disziplinarsenates liegen jedoch fallbezogen die Voraussetzungen des § 115 BDG vor: Der Disziplinarbeschuldigte ist bereits seit *** Jahren als Justizwachebeamter tätig und ist nicht nur bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten, sondern konnte - seiner glaubhaften Darstellung in der Disziplinarverhandlung zufolge – bislang auch seinen Dienst trotz wiederholt auftretender Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den in der Justizanstalt *** untergebrachten Personen, stets unter größtmöglicher Wahrung der Interessen und Rechte der Untergebrachten verrichten. Er bereut den Vorfall, schildert jedoch zugleich glaubhaft gewisse Organisationsmängel im Betrieb der Justizanstalt. Erst eine Knappheit der Unterbringungsplätze in der Akutstation hatte zur Folge, dass der bekannt gewaltbereite *** *** in der Wohnstation untergebracht war. Schon dadurch kam es wiederholt zu Angriffen gegenüber Beamten, die mit körperlichen Tätlichkeiten verbunden waren. Der Disziplinarbeschuldigte wusste aus eigener Erfahrung von den Gewalttätigkeiten des *** ***, wobei er auch mit dessen gewalttätigem Vorleben vertraut war. Zudem hatte er bereits mehrfach erlebt, wie der Untergebrachte mit Gegenständen nach Bediensteten der Justizanstalt geworfen hatte. Aus diesem Grund war es in der konkreten Situation sein vorrangiges Anliegen, jegliche Gefährdungen anderer Personen, aber auch seiner eigenen Person, insbesondere durch ein Werfen der noch mit Flüssigkeit gefüllten Flasche, ehest möglich zu unterbinden. Zwar lagen – den insoweit bindenden Feststellungen des Strafgerichtes zufolge – nicht die Voraussetzungen einer sein Verhalten rechtfertigenden Notwehr- oder Nothilfesituation vor bzw. wurde seitens des Disziplinarbeschuldigten nicht das schonendste, gerade noch zur Angriffsabwehr taugliche Mittel gewählt, doch fallen die besonderen Umstände des Einzelfalls insoweit ins Gewicht, als er verpflichtet war, den Angriff ehest möglich und alleine zu beenden. Der Disziplinarsenat gelangte aufgrund der eben getroffenen Ausführungen, der glaubhaften und absolut nachvollziehbaren Deponate des Disziplinarbeschuldigten und dessen überzeugendem Auftreten in der Disziplinarverhandlung sowie auch seinem untadeligen Vorleben zu der festen Überzeugung, dass es spezialpräventiv neben der strafgerichtlichen Verurteilung und der über ihn verhängten Geldstrafe keinerlei weiteren Strafe bedarf, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, und dass darüber hinaus durch einen bloßen Schuldspruch auch den Aspekten der Generalprävention in ausreichendem Maße entsprochen wird.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss (Bescheid) ist gemäß Art 130 Abs 1 Z 1, 132 Abs 1 Z 1, Abs 5 (iVm § 103 Abs 4 Z 1 BDG 1979) B-VG eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Die Beschwerde ist binnen vier Wochen (§ 7 Abs 4 VwGVG) nach Zustellung des Bescheides schriftlich, telegrafisch oder fernschriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Die Beschwerde hat folgende Punkte zu enthalten (§ 9 Abs 1 VwGVG):
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat - sofern eine solche nicht ausgeschlossen wird (§ 13 Abs 2 VwGVG) - aufschiebende Wirkung (§ 13 Abs 1 VwGVG). Die Beschwerde gegen eine Suspendierung hat gemäß § 112 Abs 6 BDG 1979 keine aufschiebende Wirkung.
Zuletzt aktualisiert am
27.06.2019