TE Dsk BescheidBeschwerde 2019/4/23 DSB-D123.626/0006-DSB/2018

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Veröffentlicht am 23.04.2019
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Norm

DSG §1 Abs1
DSG §1 Abs2
DSG §24 Abs1
DSG §24 Abs5
DSGVO Art4 Z2
DSGVO Art6 Abs1 litf
GBG §7 Abs1
GUG §12 Abs4

Text

GZ: DSB-D123.626/0006-DSB/2018 vom 23.4.2019

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Eduard A*** (Beschwerdeführer) vom 15. Oktober 2018 gegen die N*** Bauträger GmbH (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:

-    Die Beschwerde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 1 und 2 sowie 24 Abs. 1 und 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; § 7 des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes 1955 (GBG), BGBl. Nr. 39/1955 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Mit Eingabe vom 15. Oktober 2018 behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung. Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst vor, dass er von der Beschwerdegegnerin ein Schreiben erhalten habe, in dem diese Interesse am Kauf einer Immobilie bekundet habe, die im Eigentum des Beschwerdeführers stehe.

2. Mit Stellungnahme vom 16. November 2018 brachte die Beschwerdegegnerin zusammengefasst vor, dass sie auf die Entwicklung von Immobilien spezialisiert sei und dies auch die Betreuung von Wohnbauprojekten und insbesondere die Liegenschaftsakquise umfasste. Der Erwerb geeigneter Projektstandorte und –objekte sei essentiell für die Entwicklung von Projekten und für die Verwirklichung des Unternehmenszwecks. Die Beschwerdegegnerin habe den Beschwerdeführer einmalig postalisch kontaktiert. Allgemein verfügbare Daten seien nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich vom Schutzbereich des § 1 Abs. 1 DSG ausgenommen. Die beschwerdegegenständlichen personenbezogenen Daten seien aus dem Grundbuch erhoben worden, weshalb kein erkennbares schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers vorliege. Ferner habe die Beschwerdegegnerin ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO an der Verarbeitung öffentlich zugänglicher, grundbücherlicher Daten zum Zweck der Direktwerbung. Im Fall einer Bekanntgabe, dass die Person nicht mehr eingeschrieben werden wolle, lösche die Beschwerdegegnerin die Daten des Betroffenen.

3. Der Beschwerdeführer replizierte darauf – nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens – in seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2018 zusammengefasst, er habe laufend derartige Schreiben erhalten, jedoch von unterschiedlichen Absendern. Es sei daher interessant, in Erfahrung zu bringen, ob solche Zusendungen rechtens seien.

B. Beschwerdegegenstand

Ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem sie personenbezogene Daten des Beschwerdeführers aus dem Grundbuch erhoben und diese Daten in weiterer Folge dazu verwendet hat, um den Beschwerdeführer postalisch zwecks möglichem Eigentumserwerbs an einer dem Beschwerdeführer gehörenden Immobilie zu kontaktieren.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Die Beschwerdegegnerin ist Immobilientreuhänderin. Zum Geschäftszweig der Beschwerdegegnerin zählt u.a. auch der Ankauf sowie die Bewirtschaftung von (land-) wirtschaftlichen Flächen.

Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf einem Firmenbuchauszug sowie auf einem GISA-Auszug (beide abgerufen am 19. April 2019).

Die Beschwerdegegnerin hat das österreichische Grundbuch zur Liegenschaft in 1*** Wien, W***gasse *6, KGNr: 0*5*3, EZ: **3 abgefragt und auf diese Weise die dazugehörigen Kontaktdaten des Beschwerdeführers in Erfahrung gebracht. In weiterer Folge hat die Beschwerdegegnerin die aus dem österreichischen Grundbuch erhobenen Daten (Grundbuchauszug) verwendet, um den Beschwerdeführer zwecks möglicher Akquise der genannten Liegenschaft einmalig postalisch zu kontaktieren. Die Kontaktdaten des Beschwerdeführers wurden nicht anderweitig verwendet.

Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 16. November 2018. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin wurde zudem in der weiteren Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2018 nicht bestritten.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um personenbezogene Daten aus dem Grundbuch (Grundbuchauszug), welches nach § 7 Abs. 1 GBG öffentlich zugänglich ist. Die Tatsache, dass es sich beim Grundbuch um ein öffentliches Register handelt, bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des OGH aber nur, dass jeder darin – gegen Kostenersatz – Einsicht nehmen und daraus Abschriften erhalten kann, er bedeutet aber nicht, dass die dem Register zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig sind (vgl. dazu RIS RS0111112). Insofern kann schon aus diesem Grund nicht schlichtweg von allgemein verfügbaren Daten iSd § 1 Abs. 1 DSG gesprochen werden.

2. Nach gefestigter Rsp der Datenschutzbehörde ist die ganz generelle Annahme des Nichtvorliegens einer Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen für zulässigerweise veröffentlichte Daten nicht mit den Bestimmungen der DSGVO vereinbar (vgl. den Bescheid vom 15. Jänner 2019, GZ DSB-D123.527/0004-DSB/2018 im Hinblick auf § 27 Abs. 1 ÄrzteG 1998 sowie den Bescheid vom 31. Oktober 2018, GZ DSB-D123.076/0003-DSB/2018 mwN).

3. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die vorliegende Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch nicht auf die bloße Reproduktion beschränkt. Sofern zulässigerweise veröffentlichte Daten nicht bloß reproduziert werden, sondern ein neues Element mit diesen Daten verknüpft wird – wie etwa die Schaffung eines informationellen Mehrwerts (vgl. den Bescheid vom 15. Jänner 2019 a.a.O. zur Schaffung einer „Ärzte-Bewertungsplattform“) oder gegenständlich die Verwendung der Daten zur möglichen Akquise von Liegenschaften im Rahmen des Gewerbes als Immobilientreuhänder –, handelt es sich bei dieser Verknüpfung um eine Verarbeitung gemäß Art. 4 Z 2 DSGVO. Eine solche Verknüpfung bedarf stets eines Erlaubnistatbestandes nach Art. 6, 9 oder 10 DSGVO (vgl. zur Rechtslage nach dem DSG 2000 Kotschy in Jahnel (Hrsg), Datenschutzrecht und E-Government Jahrbuch 2012, 27 [47], wonach durch eine Kombination von öffentlich zugänglichen Daten mit anderen Daten die Zulässigkeit ihrer Verwendung völlig neu zu überprüfen ist).

4. Die Beschwerdegegnerin führt im vorliegenden Fall berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ins Treffen. Dazu ist in Erinnerung zu rufen, dass gegenständlich eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung geltend gemacht wurde, weshalb die Zulässigkeit bzw. die Interessenabwägung nach den Voraussetzungen gemäß § 1 DSG zu überprüfen ist, wobei auch nach Abs. 2 leg. cit. berechtigte Interessen eines anderen als Beschränkung des Geheimhaltungsanspruchs in Frage kommen.

5. Aufgrund des Umstands, dass die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers bereits im Grundbuch öffentlich zugänglich sind und es sich dabei offenkundig um keine besonders schutzwürdigen Daten iSv § 1 Abs. 2 zweiter Satz DSG bzw. sensible Daten iSv Art. 9 DSGVO und auch um keine strafrechtlich relevanten Daten iSv Art. 10 DSGVO handelt, ist grundsätzlich von einer geringeren Schutzwürdigkeit auszugehen (vgl. dazu etwa die Entscheidung des deutschen BGH vom 23. September 2014 zur GZ VI ZR 358/13 mwN, der je nach Sphäre – etwa „Sozialsphäre“ und „Berufssphäre“ – von einer unterschiedlichen Schutzwürdigkeit ausgeht, wobei diese Überlegungen auch auf Daten übertragbar sind, die der öffentlichen Sphäre zugehörig sind).

6. Im vorliegenden Fall wurden die personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch durch die Beschwerdegegnerin verwendet, um den Beschwerdeführer bloß einmalig postalisch zu kontaktieren und wurden diese Daten – wie festgestellt – auch nicht anderweitig verwendet. Eine unverhältnismäßige Verwendung der Daten liegt nach Ansicht der Datenschutzbehörde daher nicht vor. Im Übrigen wurden durch den Beschwerdeführer auch keine schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen ins Treffen geführt.

7. Demgegenüber steht das Interesse der Beschwerdegegnerin als Immobilientreuhänder, u.a. durch Ankauf sowie die Bewirtschaftung von (land-) wirtschaftlichen Flächen laufend neue Liegenschaften bzw. Grundstücke zu erwerben, die aus ihrer Sicht von wirtschaftlichem Interesse sind. Ferner hat die Beschwerdegegnerin auch angeboten, die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers zu löschen bzw. eine weitere Kontaktaufnahme zu unterlassen (vgl. Art. 29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG, WP 217, 844/14/EN, S. 43, wonach die Implementierung von Schutzmaßnahmen für eine betroffene Person dazu beitragen können, dass eine Interessenabwägung zugunsten des Verantwortlichen ausfällt).

8. Insgesamt kommt die Datenschutzbehörde daher zu dem Ergebnis, dass aufgrund der durchgeführten Interessenabwägung keine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung vorliegt, da die berechtigten Interessen der Beschwerdegegnerin als Immobilientreuhänder gegenüber den Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen des Beschwerdeführers überwiegen (§ 1 Abs. 2 DSG).

9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Geheimhaltung, Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, Immobilientreuhänder, Bauträger, postalische Kontaktaufnahme, Liegenschaftserwerb, Interessenabwägung, Adressdaten, Grundbuch, öffentlich zugängliche Daten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2019:DSB.D123.626.0006.DSB.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2019
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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