Entscheidungsdatum
26.02.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W113 2208852-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde von XXXX, Betriebsnummer XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 14.05.2018, Zahl II/4-DZ/15-10187965010, betreffend Direktzahlungen 2015, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei stellte für das Antragsjahr 2015 einen Mehrfachantrag-Flächen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Sie stellte ebenfalls einen Mehrfachantrag-Flächen für die Alm XXXX, deren Almobfrau sie ist.
2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (in der Folge: AMA oder belangte Behörde) vom 31.08.2016, Zahl II/4-DZ/15-4281968010, wurden der beschwerdeführenden Partei Direktzahlungen in Höhe von EUR 13.281,73 gewährt. Die belangte Behörde ging von 41,4363 zugewiesenen und 1,5300 übernommenen Zahlungsansprüchen und einer beantragten und ermittelten Fläche für die Basisprämie von 112,7785 ha aus. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.
3. Am 26.09.2016 fand auf der Alm XXXX, auf die die beschwerdeführende Partei im Antragsjahr ihre Raufutter verzehrenden Großvieheinheiten (RGVE) aufgetrieben hat, eine Vor-Ort-Kontrolle für die Antragsjahre 2014 bis 2016 statt.
4. Mit erstem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 05.01.2017, Zahl II/4-DZ/15-5252596010, wurden der beschwerdeführenden Partei Direktzahlungen in Höhe von EUR 13.231,02 gewährt, die belangte Behörde ging von 40,5560 zugewiesenen und 1,5300 übernommenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten Fläche für die Basisprämie von 112,7785 ha, einer ermittelten Fläche für die Basisprämie von 108,3772 ha und einer Differenzfläche von 0,1558 ha aus, wobei eine Flächensanktion nicht verhängt wurde. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.
5. Mit zweitem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 12.05.2017, Zahl II/4-DZ/15-6916620010, wurden der beschwerdeführenden Partei Direktzahlungen in Höhe von EUR 13.228,05 gewährt, die belangte Behörde ging von 40,5100 zugewiesenen und 1,5300 übernommenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten Fläche für die Basisprämie von 112,7785 ha, einer ermittelten Fläche für die Basisprämie von 108,1473 ha und einer Differenzfläche von 0,3857 ha aus, wobei eine Flächensanktion nicht verhängt wurde. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.
6. Mit drittem, nunmehr angefochtenem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 14.05.2018 wurden der beschwerdeführenden Partei Direktzahlungen in Höhe von EUR 12.950,22 gewährt, die belangte Behörde ging von 40,5100 zugewiesenen und 1,5300 übernommenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten Fläche für die Basisprämie von 112,7785 ha, einer ermittelten Fläche für die Basisprämie von 108,1473 ha und einer Differenzfläche von 4,6312 ha aus, eine Flächensanktion in Höhe von EUR 281,76 wurde verhängt.
7. Gegen diese Entscheidung erhob die beschwerdeführende Partei binnen offener Frist Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, dass die verhängte Sanktion aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt sei. Sie sei sich keiner fehlerhaften Beantragung bewusst, da sie ihre Angaben stets im Vertrauen entweder auf eine Vor-Ort-Kontrolle oder auf die amtlich festgestellte Referenzfläche gemacht habe. Die Angabe der Almfutterfläche auf der Alm XXXX sei "zum Mehrfachantrag-Flächen 2015 auf Basis der von der zuständigen Behörde festgelegten amtlichen Referenz" erfolgt. Die Referenzfläche sei von ihr als Almobfrau sorgfältig geprüft und dann in den Mehrfachantrag-Flächen übernommen worden, weil für sie keine Abweichungen zu den Bewirtschaftungsverhältnissen in der Natur erkennbar gewesen seien. Wenn nun bei einer durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle der belangten Behörde andere Futterflächen festgestellt worden seien als von ihr als Almobfrau beantragt, so könne daraus weder ihr als Antragstellerin noch den einzelnen Almauftreibern eine Verfehlung angelastet werden. Vielmehr seien die Abweichungen zwischen Referenzfläche und Vor-Ort-Kontrollergebnis auf eine unterschiedliche Beurteilung der Pro-rata-Einstufung einzelner Almschläge zurückzuführen, die aber in beiden Fällen von der Behörde selbst festgelegt bzw. festgestellt worden seien. Da es zwischen der letzten, der Referenzierung zu Grunde liegenden Luftbildaufnahme und dem aktuellen Antragszeitpunkt weder ein Naturereignis noch eine Veränderung in der Zaunführung noch irgendwelche Baumaßnahmen, die zu einer Vergrößerung der NLN-Flächen geführt hätte, gegeben habe, habe sie die Flächenangaben zum Mehrfachantrag-Flächen 2015 im Vertrauen auf die amtlichen Unterlagen gemacht und in gutem Glauben gehandelt. Es sei daher § 9 Abs. 1 der Horizontalen GAP-Verordnung jedenfalls anzuwenden.
8. Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und führte im Zuge der Vorlage im Wesentlichen aus, dass die sanktionsfreie Flächenabweichung noch im Bescheid vom 12.05.2017 auf einem Berechnungsfehler beruht habe. Es folgten Ausführungen zum Instrument der Referenzparzelle. Zuletzt führte die belangte Behörde aus, dass ein Nachweis nach § 9 Abs. 2 Z 2 GAP-VO nicht habe erbracht werden können.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der beschwerdeführenden Partei standen im Antragsjahr 2015 anstatt der beantragten 112,7785 ha lediglich 108,1473 ha an landwirtschaftlichen Flächen zur Verfügung. Sie konnte im Antragsjahr über 1,5300 übernommene sowie 40,5100 zugewiesene Zahlungsansprüche verfügen.
Die beschwerdeführende Partei ist Almobfrau der Alm XXXX und treibt sie auch ihre Raufutter verzehrenden Großvieheinheiten auf diese Alm auf. Bei der Einreichung des Mehrfachantrags-Flächen für die Alm für das Antragsjahr 2015 hat sich die beschwerdeführende Partei an der für ihre Alm festgelegten Referenzparzelle orientiert.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Umfang der vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen sowie der Zahlungsansprüche ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid. Dieser baut zu wesentlichen Teilen auf den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrolle auf der Alm XXXX vom 26.09.2016 auf, welchen von der beschwerdeführenden Partei nicht materiell entgegen getreten wurde. Für das Gericht sind somit keine Gründe hervorgekommen, von den Ergebnissen dieser Vor-Ort-Kontrolle abzuweichen.
Die Feststellungen zur Alm und zu dessen Obfrau ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere dem Mehrfachantrag-Flächen 2015 für die betroffene Alm.
Die Feststellung zur Orientierung der beschwerdeführenden Partei an der Referenzparzelle bei der Einreichung des Mehrfachantrag-Flächen 2015 ergibt sich aus ihren diesbezüglichen Angaben in der Beschwerdeschrift (Seite 2 erster Satz).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. I Nr. 376/1992 idgF iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Zu A)
3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Art. 54 und 58 der Verordnung (EU) 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates, Abl. L 2013/347, 549 (im Folgenden VO (EU) 1306/2013) lauten auszugsweise:
"Artikel 54
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Die Mitgliedstaaten fordern Beträge, die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen zu Unrecht gezahlt wurden, von dem Begünstigten innerhalb von 18 Monaten nach dem Zeitpunkt zurück, zu dem ein Kontrollbericht oder ähnliches Dokument, in dem festgestellt wird, dass eine Unregelmäßigkeit stattgefunden hat, gebilligt wurde und gegebenenfalls der Zahlstelle oder der für die Wiedereinziehung zuständigen Stelle zugegangen ist. Die betreffenden Beträge werden zeitgleich mit dem Wiedereinziehungsbescheid im Debitorenbuch der Zahlstelle verzeichnet.
[...]"
"Artikel 58
Schutz der finanziellen Interessen der Union
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;
b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;
c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;
d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;
e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.
[...]"
Die Verordnung (EU) 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, Abl. L 2013/347, 608 (im Folgenden VO (EU) 1307/2013) lautet auszugsweise wie folgt:
"Artikel 4
Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen
(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;
b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;
c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"
i) die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,
ii) die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder
iii) die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;
[...]"
"Artikel 21
Zahlungsansprüche
(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die
a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].
(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.
[...]."
"Artikel 24
Erstzuweisung der Zahlungsansprüche
(1) Zahlungsansprüche werden den Betriebsinhabern zugewiesen, die gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind, sofern sie,
a) außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, bis zu dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden Termin für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämienregelung beantragen, und
b) vor jedweder Kürzung oder jedwedem Ausschluss nach Titel II Kapitel 4 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 infolge eines Beihilfeantrags auf Direktzahlungen, auf eine nationale Übergangsbeihilfe oder auf ergänzende nationale Direktzahlungen im Jahr 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zum Empfang von Zahlungen berechtigt waren.
[...]
(8) Im Falle des Verkaufs oder der Verpachtung ihres Betriebs oder eines Teils davon können natürliche oder juristische Personen, die die Anforderungen des Absatzes 1 dieses Artikels erfüllen, mittels eines vor dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden endgültigen Termins für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 unterzeichneten Vertrags das Recht zum Erhalt von Zahlungsansprüchen gemäß Absatz 1 dieses Artikels an einen oder mehrere Betriebsinhaber übertragen, sofern dieser bzw. diese die Voraussetzungen gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung erfüllt bzw. erfüllen.
[...]"
"Artikel 32
Aktivierung von Zahlungsansprüchen
(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"
a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].
Artikel 33
Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen
(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.
[...]."
Die Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, Abl. L 2014/181, 48 (im Folgenden VO (EU) 640/2014) lautet auszugsweise wie folgt:
"Artikel 5
Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen
[...]
(2) Die Mitgliedstaaten stellen auch sicher, dass die angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen zuverlässig identifiziert werden. Sie machen insbesondere zur Auflage, dass die Beihilfe- und Zahlungsanträge Angaben enthalten oder ihnen Unterlagen beigefügt sind, die von der zuständigen Behörde näher festgelegt werden und mit deren Hilfe sich die einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen lokalisieren und vermessen lassen. Die Mitgliedstaaten müssen für jede Referenzparzelle
a) eine beihilfefähige Höchstfläche für die Stützungsregelungen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 festlegen;
b) eine beihilfefähige Höchstfläche für die flächenbezogenen Maßnahmen gemäß den Artikeln 28 bis 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 festlegen;
[...]"
"Artikel 18
Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen
(1) Für Beihilfeanträge im Rahmen der Basisprämienregelung, der Kleinerzeugerregelung, der Umverteilungsprämie, der Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen und gegebenenfalls der Regelung für Junglandwirte in den Mitgliedstaaten, die die Basisprämienregelung anwenden, gilt Folgendes:
a) Liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so wird die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt;
b) ergibt sich eine Differenz zwischen der Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche und der angemeldeten Fläche, so wird die angemeldete Fläche an den niedrigeren der beiden Werte angeglichen.
Dieser Absatz gilt nicht im ersten Jahr der Zuweisung von Zahlungsansprüchen.
(2) bis (4) [...]
(5) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe größer als die im Beihilfeantrag angemeldete Fläche, so wird für die Berechnung der Beihilfe die angemeldete Fläche herangezogen.
(6) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die angemeldete Fläche größer als die ermittelte Fläche für eine Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1, so wird die Beihilfe oder Stützung unbeschadet etwaiger nach Artikel 19 vorzunehmender Verwaltungssanktionen auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.
Unbeschadet von Artikel 60 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 wird jedoch im Falle, dass die Differenz zwischen der ermittelten Gesamtfläche und der für Zahlungen im Rahmen der Direktzahlungsregelungen gemäß den Titeln III, IV und V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 angemeldeten Gesamtfläche oder der für Zahlungen im Rahmen einer flächenbezogenen Stützungsmaßnahme angemeldeten Gesamtfläche 0,1 ha oder weniger beträgt, die ermittelte Fläche mit der angemeldeten Fläche gleichgesetzt. Für diese Berechnung werden nur Übererklärungen von Flächen auf Ebene einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 berücksichtigt.
Unterabsatz 2 gilt nicht, wenn diese Differenz mehr als 20 % der für Zahlungen angemeldeten Gesamtfläche beträgt.
(7) Für die Berechnung der Beihilfe im Rahmen der Basisprämienregelung wird der Durchschnitt der Werte der verschiedenen Zahlungsansprüche im Verhältnis zu der jeweils angemeldeten Fläche berücksichtigt."
"Artikel 19a
Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete
(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.
Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.
(2) bis (4) [...]"
Die §§ 9 Abs. 1 und 15 Abs. 1 und 2 der Horizontalen GAP-Verordnung, BGBl II 2015/100 lautet wie folgt:
"Absehen von Verwaltungssanktionen
§ 9. (1) Ein Nachweis für ein Absehen von Verwaltungssanktionen gemäß Art. 77 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 kann insbesondere erbracht werden durch konkrete Darlegung, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen
1. auf das Ergebnis der letzten vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle vertraut werden durfte,
2. das Erkennen, dass die Referenzparzelle unrichtig war, nicht zumutbar war,
3. die Unrichtigkeit der Digitalisierung nicht erkannt werden konnte,
4. die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren oder
5. die Digitalisierung mit den EU-rechtlichen Vorgaben zur beihilfefähigen Fläche sowie bei Almen mit den Vorgaben gemäß § 19 bzw. bei Hutweiden mit den Vorgaben gemäß § 22 Abs. 1 Z 9 lit. a in Einklang steht.
[...]"
"Referenzparzelle
§ 15. (1) Referenzparzelle im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ist der physische Block, der als eindeutig nach außen abgrenzbar (zB Wald, Straßen, Gewässer) und durch in der Natur erkennbare, zusammenhängende landwirtschaftlich genutzte Flächen gebildet wird und nach folgenden Arten unterschieden wird:
1. Heimgutflächen einschließlich Hutweiden mit mehr als 20% beihilfefähigem Flächenanteil;
2. Almflächen,
3. Forstflächen,
4. Landschaftselemente gemäß GLÖZ 7 und GAB 2 und GAB 3 und
5. im Umweltinteresse genutzte Flächen (ökologische Vorrangflächen) gemäß § 10 der Direktzahlungs-Verordnung 2015, BGBl. II Nr. 368/2014, die nicht bereits unter Z 4 erfasst sind, soweit diese stabil sind bzw. sich seit mindestens zwei Jahren auf der betreffenden Fläche befinden.
(2) Für jede Referenzparzelle hat die AMA
1. die beihilfefähige Höchstfläche, die für flächenbezogene Direktzahlungen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die flächenbezogenen Maßnahmen gemäß den Art. 28 bis 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 in Betracht kommt, unter Heranziehung der §§ 18 und 19 festzulegen und
2. eine allfällige Einstufung als
a) Berggebiet, aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligtes Gebiet oder aus anderen spezifischen Gründen benachteiligtes Gebiet gemäß Art. 32 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013,
b) Natura 2000-Gebiet oder gemäß § 59 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG, BGBl. Nr. 215/1959, erstelltes Schutzgebiet laut Nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan - NGP 2009 oder
c) umweltsensibles Dauergrünland gemäß § 9 Abs. 1 der Direktzahlungs-Verordnung 2015
vorzunehmen.
[...]"
"Ausmaß der beihilfefähigen Fläche
§ 17. (1) Die nach Maßgabe der jeweiligen Beihilfemaßnahmen beihilfefähige Fläche ist die tatsächlich genutzte Fläche einschließlich der in § 18 genannten Elemente. Die beihilfefähige Fläche aller Flächenpolygone einer Referenzparzelle kann höchstens das Ausmaß der Referenzparzelle aufweisen.
[...]"
3.3. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insbesondere der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst.
Die Gewährung der Basisprämie setzt gemäß Art. 24 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 insbesondere die (Neu-)Zuweisung von Zahlungsansprüchen voraus. Gemäß Art 21 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013 läuft die Gültigkeit der im Rahmen der Einheitlichen Betriebsprämie gemäß VO (EG) 1782/2003 bzw. VO (EG) 73/2009 zugewiesenen Zahlungsansprüche am 31. Dezember 2014 ab. Neue Zahlungsansprüche konnten einem Antragsteller zugewiesen werden, wenn dieser gemäß Art. 24 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 im Antragsjahr 2013 zum Empfang von Direktzahlungen berechtigt war.
Zur Frage der Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Beträgen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art. 9 VO (EG) 1290/2005 die Mitgliedstaaten verpflichten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der Europäische Gerichtshof das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28.06.2016, 2013/17/0025, neuerlich ausgesprochen, dass die Verwaltungsbehörden insbesondere berechtigt und verpflichtet sind, die dem Unionsrecht entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die Bescheide, mit denen die Betriebsprämien in einer bestimmten Höhe (aber entgegen dem Unionsrecht) zuerkannt worden sind, abzuändern und zwar auch dann, wenn der Verstoß gegen das Unionsrecht erst - wegen mangelhafter Kontrollen - nachträglich und aufgrund der Verwendung genauerer Messsysteme durch die Behörde zutage tritt.
Im gegenständlichen Fall ergab eine Vor-Ort-Kontrolle geringere Flächen als jene, die die beschwerdeführende Partei im Rahmen des Mehrfachantrags-Flächen geltend gemacht hat, was zu einer Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Direktzahlungen sowie einer Verwaltungssanktion führte.
Die Beweiswürdigung hat ergeben, dass für das Gericht keine Gründe hervorgekommen sind, die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle in Zweifel zu ziehen. Die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Direktzahlungen durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht.
Zu überprüfen bleibt, ob gemäß § 9 Horizontale GAP-Verordnung von den Verwaltungssanktionen abgesehen werden kann.
Soweit die beschwerdeführende Partei in den Raum stellt, sie habe auf die Referenzparzelle vertraut, ist darauf zu verweisen, dass die Referenzparzelle nach den einschlägigen Bestimmungen nur die maximal beantragbare landwirtschaftliche Nutzfläche darstellt, die Antragsteller sind dennoch verpflichtet, nicht beihilfefähige Flächen innerhalb der Referenzfläche aus der Beantragung herauszunehmen. Dies ist im vorliegenden Fall seitens der beschwerdeführenden Partei nicht geschehen.
In einem derartigen Fall setzt die Befreiung von Sanktionen gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 Horizontale GAP-Verordnung die konkrete Darlegung der beschwerdeführenden Partei voraus, dass und in welchem Ausmaß ihm bei der Beantragung der Flächen das Erkennen, dass die Referenzfläche unrichtig war, nicht zumutbar war. Die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, trägt der Landwirt (VwGH 26.03.2010, 2009/17/0069).
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat die beschwerdeführende Partei einen derartigen Nachweis nicht erbracht, vielmehr lässt ihre Argumentation, wonach sie sich an der Referenzfläche orientiert habe, nur den Schluss zu, dass sie die Unrichtigkeit der Orientierung an der Referenzfläche bei der Beantragung nicht erfasst hat.
Die beschwerdeführende Partei brachte auch nicht vor, dass sie bei der Beantragung des konkreten Antragsjahres auf das Ergebnis einer vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle habe vertrauen können. Die anderen Tatbestände des § 9 Abs. 1 leg. cit. treffen ihrem Wortlaut nach auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Im Ergebnis konnte die beschwerdeführende Partei keine Gründe vorbringen, die ein Absehen von der Verhängung von Verwaltungssanktionen rechtfertigen würden.
Die Entscheidung der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelt es um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zu vergleichbaren Almen-Fällen vgl. VwGH 17.11.2014, 2013/17/0111 oder 09.09.2013, 2011/17/0216 (zur alten, aber vergleichbaren Rechtslage). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Berechnung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W113.2208852.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.06.2019