TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/5 I408 2196055-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2196055-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: MigrantInnenverein St. Marx gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 12.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unebgründet angewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Asylwerber reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.08.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er als Fluchtgrund an, sich an der Auseinandersetzung politischer Parteien beteiligt zu haben und deshalb verfolgt zu werden.

2. EURODAC-Treffer und Nachfragen in den betroffenen Ländern ergaben, dass der Beschwerdeführer bereits am 04.09.2012 in Griechenland, am 17.07.2013 in Ungarn und am 15.10.2013 in Deutschland Asylanträge gestellt hatte.

3. Mit Bescheid vom 12.11.2014 wies die belangte Behörde den Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz vom 16.08.2014 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, für die Prüfung des Antrages sei gemäß Art. 18 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Ungarn zuständig und ordnete gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn zulässig war.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 30.01.2015, Zahl W153 2017359-1 als verspätet zurück.

Mit Erkenntnis vom 25.02.2016, E 615/2015-21, behob der Verfassungsgerichtshof den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes.

4. In weiterer Folge wurde das Asylverfahren in Österreich zugelassen und am 16.01.2017 erfolgte eine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer erklärte, von 2003 bis 2008 für die Partei PDP gearbeitet zu haben. Er habe für die Sicherheit gesorgt und auch eine Waffe getragen. Er sei auch mit Gewalt gegen politische Gegner vorgegangen. Seit 2009 interessiere ihn Politik allerdings nicht mehr. Er befürchte, einerseits von seiner ehemaligen Partei, andererseits von der Polizei verfolgt zu werden. Allerdings habe er Nigeria erst 2012 verlassen.

5. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 16.08.2014 wurde mit Bescheid vom 13.07.2017 abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.09.2017, Zl. I403 2165771-1/2E, als unbegründet ab. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde als nicht glaubhaft angesehen.

6. Am 13.03.2018 stellte der Asylwerber einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Auf Vorhalt, dass darüber bereits rechtskräftig entschieden ist, gab er an: "Meine Fluchtgründe bleiben aufrecht. Ich habe Anfang des Jahres erfahren, dass ich in meiner Heimat gesucht werde und wenn ich heimkomme, würde ich verhaftetet werden."

7. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.05.2018 wiederholte der Beschwerdeführer, dass seine Fluchtgründe dieselben wie im ersten Asylverfahren wären. In Österreich habe der Beschwerdeführer niemanden und werde von der Caritas unterstützt.

8. Im Anschluss an diese Einvernahme hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit mündlich verkündetem Bescheid, IFA:

1028778305, VZ: 180247329, den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG und § 62 Abs. 1 AVG auf, die mit ho. Beschluss vom 25.05.2018, I406 2196055-1/E, als rechtmäßig beurteilt wurde.

9. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 12.02.2019 wies die belangte Behörde den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.) und hielt fest, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

10. Mit Beschwerde seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 26.02.2019 bekämpfte der Beschwerdeführer diesen Bescheid in vollem Umfang.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürger. Er ist volljährig, Angehöriger der Volksgruppe Edo und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Der Beschwerdeführer befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keiner lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Er verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung und hat in Nigeria vor seiner Ausreise als Lagerarbeiter und DJ gearbeitet.

In Nigeria leben Familienangehörige und Verwandte des Beschwerdeführers, unter anderem seine Eltern und zwei Schwestern, wobei er zumindest mit seiner Mutter regelmäßigen Kontakt hat.

Der Beschwerdeführer ist, auch wenn er diese Verbindung weder in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde noch in seiner Beschwerde erwähnte, seit 13.06.2018 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und lebt mit ihr bereits seit September 2017 in einem gemeinsamen Haushalt.

Er geht keiner Erwerbstätigkeit nach, wird von der Caritas unterstützt und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung für Verpflegung, Miete und Krankenversicherung. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht in Vereinen und Organisationen tätig und hat bisher Deutschkurse auf Niveau A1 und A2 besucht, dafür aber keine Abschlussdiplome vorgelegt.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des Folgeantrages vom 13.03.2018 ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden und sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation. Die im letzten Monat durchgeführten Präsidentschaftswahlen gingen letztendlich wie geplant über die Bühne.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert und die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben. Dabei stützt sich der erkennende Richter auf alle die in diesem Verfahren ergangenen Einvernahmen, vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Unterlagen und die dazu bereits ergangenen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen.

A) 2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen sowie seiner Staatsangehörigkeit beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Auch wenn der Beschwerdeführer eine Ablichte einer Geburtsbestätigung, ausgestellt am 03.07.2017, (AS 279) und einer Altersbestätigung eines Gerichtes in Benin City vom 30.06.2017 (AS 281) vorlegte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus den Feststellungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid und den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 17.05.2018 vor der belangten Behörde, denen auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin ist über die vom Beschwerdeführer vorgelegten Heiratsurkunde (AS 341) und der gemeinsame Wohnsitz seit September 2017 über eine eingeholte ZMR-Abfrage zweifelsfrei dokumentiert. Daran ändert auch nichts, dass die belangte Behörde diesen Umstand in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt hat und diese Beziehung weder in der Einvernahme des Beschwerdeführers noch in der Beschwerde eine Erwähnung gefunden hat. Ebenso besteht kein Zweifel, dass diese Ehe erst in Angesicht des ungesicherten Aufenthaltes des Beschwerdeführers eingegangen worden ist.

Dass der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und über die Caritas Unterstützung aus der Grundversorgung bezieht bzw. erhält, ist aus seinen Angaben vor der belangten Behörde und dem eingeholten Auszug aus der GVS ersichtlich. Hervorzuhebende Deutschkenntnisse oder Mitarbeit in Vereinen oder Organisationen wurden weder im Verfahren noch in der Beschwerde vorgebracht.

Die weiterhin in Nigeria bestehenden familiären Kontakte, seine Schulausbildung und die von ihm dort ausgeübten beruflichen Tätigkeiten gründen sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seinem ersten Asylverfahren sowie in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 17.05.2018.

2.2. Zum Antrag auf internationalen Schutz:

Die Feststellungen zu den beiden Anträgen auf Asyl, die im Verfahrensgang dargelegt sind, wurden den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus den dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen entnommen.

Das Vorbringen des Folgeantrages, der Beschwerdeführer befürchte aufgrund seiner früheren politischen Tätigkeiten, weiterhin in Nigeria verfolgt zu werden, entbehrt, wie bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt wurde, eines glaubhaften Kerns, zumal diesem Fluchtvorbringen schon im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren kein Glauben geschenkt wurde. Es bezweckt nur das Aufrollen eines schon rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

Wenn in der Beschwerde angeführt wird, dass sich die politische Situation in Nigeria im Hinblick auf die Befürchtungen des Beschwerdeführers massiv geändert habe, er aus Nigeria völlig entwurzelt sei, er dort über keinerlei familiären Rückhalt mehr verfüge und dort keine menschenwürdige Existenz mehr führen könne, entspricht dies nicht den Angaben des Beschwerdeführers und den aktuellen Länderberichten.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die in der Beschwerde angeführte ausweglose Situation für einen Rückkehrer findet darin keinerlei Deckung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden.

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist die maßgebliche Frage des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, ob das BFA den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017 ist mit Zustellung am 13.09.2017 in Rechtskraft erwachsen.

Das BFA hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Die angefochtenen Spruchpunkte I. und II. waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise, so dass auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. abzuweisen ist.

3.3. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides):

1. Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 gestützt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der volljährige und gesunde Beschwerdeführer sich erst seit August 2014 im Bundesgebiet aufhält und sich die Dauer seines Aufenthaltes nur aus der Bekämpfung aller letztendlich gegen ihn negativ ergangenen Entscheidungen ergibt (vgl. dazu jedoch etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist).

Aus der vom Beschwerdeführer am 13.06.2018 eingegangenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ist kein schützenswertes Privat- und Familienleben ableitbar, zumal der Beschwerdeführer diese Beziehung weder in seiner Ersteinvernahme am 13.03.2018 noch in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 17.05.2018 und auch in seiner Beschwerde nicht erwähnte. Hinzu kommt, dass diese Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem sowohl der Beschwerdeführer als auch seiner Partnerin, in deren Wohnung er seit September 2017 lebt, bekannt sein musste, dass ein legaler Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht gegeben war. Bis heute geht der Beschwerdeführer zudem keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Auch sonst haben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine hervorzuhebende Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich und auf dem Gebiet der Mitgliedsstaaten steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2002, 98/18/0260, vom 18. Jänner 2005, 2004/18/0365, vom 3. Mai 2005, 2005/18/0076, vom 17. Jänner 2006, 2006/18/0001, und vom 9. September 2014, 2013/22/0246).

Die Beschwerde war daher auch zu diesem Spruchpunkt abzuweisen.

3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides):

Zur die Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 nach Nigeria zulässig ist (§ 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005), ist auf die obenstehenden Ausführungen unter Punkt 3.1. zu verweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass durch eine Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat die (hohe) Eingriffsschwelle der Art. 2 und 3 EMRK jedenfalls nicht überschritten werden wird, sodass die Beschwerde auch zu Spruchpunktes V abzuweisen war.

3.5. Zur Gewährung keiner Frist für eine freiwillige Ausreise

Nach § 55 Abs. 1a FPG besteht im Fall einer zurückweisenden Entscheidung nach § 68 AVG keine Frist für eine freiwillige Ausreise.

Die diesbezügliche Entscheidung de belangten Behörde ist damit nicht zu beanstanden und die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amtswegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war auf Grund der Aktenlage klar.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltstitel,
berücksichtigungswürdige Gründe, entschiedene Sache, Fluchtgründe,
Folgeantrag, freiwillige Ausreise, Frist, Identität der Sache,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Privat- und
Familienleben, private Interessen, Rechtskraft der Entscheidung,
Rechtskraftwirkung, res iudicata, Rückkehrentscheidung, subsidiärer
Schutz, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2196055.2.00

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten