TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 I404 2125835-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.2019
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Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I404 2125835-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX StA.

Nigeria, vertreten durch: Edward W. Daigneault, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl. 1080345610/171181285, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsbürgerin, stellte am 29.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am folgenden Tag stattfindenden Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte sie, dass ihre Eltern verstorben seien und in Nigeria noch ihre 3 Brüder leben würden. Sie habe ihr Land verlassen, weil sie lesbisch sei und Angst um ihr Leben haben würde.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.04.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 29.07.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag wurde auch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde unter Spruchpunkt IV. mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde im gesamten Umfang als nicht glaubhaft befunden.

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das BVwG erhoben.

4. Mit Erkenntnis vom 02.03.2017 zu I403 2125835-1/12E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das BVwG stellte fest, dass entgegen dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr nach Nigeria wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden würde. In der Beweiswürdigung wird festgehalten, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen sei, ihre Beziehung zu einer Frau in Nigeria glaubhaft zu schildern bzw. die fluchtauslösenden Ereignisse konsistent wiederzugeben.

5. Am 17.10.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte Sie aus, dass sie mit einem reichen Mann in Nigeria verheiratet gewesen sei. Dieser sei verstorben und fürchte sie nun von dessen Familie umgebracht zu werden, weil diese der Meinung sei, sie habe ihren Mann getötet. In der Einvernahme vomm24.11.2017 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie von den Mitbewohnern beschuldigt worden sei, ihren Mannes getötet zu haben. Sie habe flüchten müssen um nicht getötet zu werden.

6. Mit Bescheid vom 11.06.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Zugleich erteilte sie der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde zudem ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde stellte unter anderem fest, dass die Beschwerdeführerin eine Lebensgemeinschaft mit Frau ODE Lovet führe.

7. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.07.2018 statt und hob den Bescheid vom 11.06.2018 auf. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die belangte Behörde den Sachverhalt in Bezug auf die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in einer Lebensgemeinschaft mit einer Frau lebe, so mangelhaft ermittelt habe, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gewesen wäre. Komme die belangte Behörde nach Durchführung der Ermittlungen wiederum zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin homosexuell sei, müsse sie dies bei der Prüfung, ob der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückführung in den Herkunftsstaat eine Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK drohe, berücksichtigen.

8. Am 19.09.2018 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme gab die Beschwerdeführerin insbesondere an, dass sie derzeit keinen Lebenspartner habe, weder männlich noch weiblich. Ihre Beziehung sei seit dem Vorjahr beendet, sie wisse jedoch nicht genau seit wann.

9. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 01.02.2019 wies die belangte Behörde erneut den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte sie der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde des Weiteren ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.).

10. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass der Antrag nicht wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei, da sich die Behörde mit ihrem Fluchtvorbringen inhaltlich bis ins kleinste Detail beschäftigt habe und somit inhaltlich ins Verfahren eingetreten sei. Die Zurückweisung des Antrages sei daher schon aus diesem Grund rechtswidrig und der Bescheid der Behörde somit zu beheben. Zudem seien die Ausführungen der Behörde hinsichtlich ihre Homosexualität nicht richtig. Ihr stehe entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine innerstaatliche Fluchtalternative zu, da Homosexualität in ganz Nigeria strafbar sei. Auch könne sie als alleinstehende Frau keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.

11. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist volljährig, ledig und kinderlos. Ihre Identität steht nicht fest.

Die Beschwerdeführerin verfügt über keine Schulbildung und arbeitete in Nigeria als Bananenhändlerin.

Die Brüder der Beschwerdeführerin leben nach wie vor in Nigeria.

Die Beschwerdeführerin reiste illegal nach Österreich ein und hält sich seit mindestens 29.07.2015 in Österreich auf.

Die Beschwerdeführerin hatte am 09.02.2018 eine gynäkologische Operation, die komplikationslos verlief. Aus einem weiteren stationären Krankenhausaufenthalt im Zeitraum von 22.09.2018 bis 01.10.2018 wurde sie in gutem Allgemeinzustand entlassen. Die Einnahme von Medikamenten wurde bis 08.10.2018 ärztlich verordnet.

Darüber hinaus leidet sie an keinen erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich.

Sie verkauft die Zeitung "Augustin" und ist Mitglied einer Kirchengemeinschaft. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin nicht Mitglied in einem Verein und konnte keine Deutschkenntnisse nachweisen. Sie bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin stellte am 29.07.2015 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz, welchen sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie lesbisch sei und Angst um ihr Leben habe.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.04.2016 wurde der Antrag sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 02.03.2017 als unbegründet ab.

Am 17.10.2017 stellte die Beschwerdeführerin ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz, in welchem von ihr vorgebracht wurde, dass die Fluchtgründe, welche sie im Rahmen ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz angegeben habe, weiterhin aufrecht seien. Zusätzlich führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie in Nigeria beschuldigt worden sei ihren Mann, der vor 6 oder 7 Jahren gestorben sei, getötet zu haben. Sie habe flüchten müssen, um nicht getötet zu werden.

Dieses Fluchtvorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf.

Es liegt daher keine Änderung der Sachlage zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.03.2017 und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides vor.

Auch in Bezug auf die Situation in Nigeria war zwischen dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.03.2017 und der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 01.02.2019 keine wesentliche Änderung eingetreten, welche die Beschwerdeführerin unmittelbar betreffen würde. Ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.

Es wird daher festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Im Wesentlichen waren dies folgende Feststellungen:

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Im Wesentlichen waren dies folgende Feststellungen:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht, kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 3.3.2017). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias dennoch in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt. Dies wird am deutlichsten in Bereichen, in denen vor allem traditionelle Regeln gelten: So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen (AA 21.11.2016). Allerdings berichtet die Bertelsmann Stiftung, dass der Oberste Gerichtshof in einem bahnbrechenden Urteil entschied, dass Witwen das Recht haben von dem Verstorbenen zu erben (BS 2016). Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen (AA 21.11.2016). Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden. Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen jedoch kaum eine Rolle (BS 2016).

Frauen mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz. So findet sich z.B. beim Obersten Gerichtshof eine oberste Richterin, auch die Minister für Finanz und für Erdöl sind Frauen (BS 2016). Insgesamt bleiben Frauen in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. In den 36 Bundesstaaten Nigerias gibt es keine Gouverneurin, allerdings vier Vizegouverneurinnen (AA 21.11.2016). Die Zahl weiblicher Abgeordneter ist gering - nur 6 von 109 Senatoren und 14 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen (AA 4.2017a). In der informellen Wirtschaft haben Frauen eine bedeutende Rolle (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 3.3.2017).

Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sich mit sexueller Gewalt, körperlicher Gewalt, psychologischer Gewalt, schädlichen traditionellen Praktiken und sozioökonomischen Gewalt. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, FGM/C usw. Straftatbestände da. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Das Gesetz ist nur im Federal Capital Territory (FCT) gültig, solange es nicht in den anderen Bundesstaaten verabschiedet wird (USDOS 3.3.2017).

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert. Die Polizei schreitet oft bei häuslichen Disputen nicht ein. In ländlichen Gebieten zögerten die Polizei und die Gerichte, in Fällen aktiv zu werden, in welchen die Gewalt das traditionell akzeptierte Ausmaß des jeweiligen Gebietes nicht überstieg (USDOS 3.3.2017).

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von Maximum drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor (USDOS 3.3.2017). Frauen zögern oft, Misshandlungsfälle bei den Behörden zu melden. Viele Misshandlungen werden nicht gemeldet. Begründet wird dies damit, dass die Polizei nicht gewillt ist, Gewalt an Frauen ernst zu nehmen und Anschuldigungen weiterzuverfolgen. Die Zahl an Fällen strafrechtlicher Verfolgung von häuslicher Gewalt ist niedrig, obwohl die Gerichte diese Vergehen zunehmend ernst nehmen. Die Polizei arbeitet in Kooperation mit anderen Behörden, um die Reaktion und die Haltung gegenüber geschlechtsspezifischer Gewalt zu verbessern. Dies beinhaltet den Aufbau von Referenzeinrichtungen für Opfer sexueller Misshandlung, sowie die Neuerrichtung eines Genderreferats. Im Allgemeinen sind die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten, wobei Frauen mit größeren Schwierigkeiten bei der Suche und beim Erhalt von Schutz insbesondere vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert sind als Männer (UKHO 8.2016b).

Vergewaltigung ist ein Kriminaldelikt. Das VAPP erweitert den Anwendungsbereich des bestehenden Rechts mit Bezug auf Vergewaltigungen. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche die Gerichte dazu ermächtigt, den Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen (USDOS 3.3.2017).

Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von zehn bis neunzehn Jahren eine Vergewaltigung war. Sozialer Druck und Stigmatisierung reduzieren die Zahl der tatsächlich zur Anzeige gebrachten Fälle (USDOS 3.3.2017).

Das Bundesgesetz kriminalisiert weibliche Beschneidung oder Genitalverstümmlung (USDOS 3.3.2017). Etwa 20 Millionen nigerianische Frauen sind Opfer von FGM. Das Gesundheitsministerium, Frauengruppen und viele NGOs führen Sensibilisierungskampagnen durch, um die Gemeinden hinsichtlich der Folgen von FGM aufzuklären (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 21.11.2017).

Das kanadische Immigration and Refugee Board berichtet, dass es unterschiedliche Zahlen zur Prävalenz der FGM in Nigeria gibt. Einige Quellen geben an, dass über 40 Prozent% der Frauen in Nigeria FGM ausgesetzt sind. Laut anderen Quellen liegt die Prävalenz der FGM zwischen 25-27 Prozent (IRB 13.9.2016) Dabei gibt es erhebliche regionale Diskrepanzen. In einigen Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd wird die große Mehrzahl der Mädchen auch heute noch Opfer von Genitalverstümmelungen, in weiten Teilen Nordnigerias ist der Anteil erheblich geringer. Genitalverstümmelungen sind generell in ländlichen Gebieten weiter verbreitet als in den Städten (AA 21.11.2016).

Es gibt für Opfer von FGM bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM bedroht sind, Schutz und/oder Unterstützung durch Regierungs- und NGO-Quellen (UKHO 2.2017). Insgesamt kann festgestellt werden, dass Frauen, die von FGM bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln können, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO .2.2017). U.a. folgende Organisationen gehen in Nigeria gegen FGM vor: The National Association of Nigerian Nurses and Midwives (NHW 10.5.2016), Nigerian Medical Women's Association -Nigerian Medical Association (AllAfrica 3.9.2014). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, und UNICEF starteten in Zusammenarbeit mit dem Office of the First Lady, und den Bundesministerien für Gesundheit, Frauen und soziale Entwicklung am 9.2.2016 ein gemeinsames Projekt gegen FGM (UNFPA 9.2.2016).

Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Organisationen, die Unterstützungsprogramme betreiben, konzentrieren sich hauptsächlich auf Opfer des Menschenhandels (IOM 8.2013). Nigeria verfügt hier über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianisches Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EUMS bei der Reintegration. NAPTIP ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖBA 9.2016).

Hinsichtlich Menschenhandels ist ein ausgeklügeltes und effektives rechtliches und institutionelles Netz aktiv. Die wichtigste Institution ist NAPTIP. Sie ist für die Untersuchung und Anklage von Fällen des Menschenhandels verantwortlich, für Kooperation und Koordination, für die Unterstützung von Opfern und für die Vorbeugung. Das nigerianische Modell wird als eines der besten existierenden Modelle erachtet (OHCHR 14.3.2014). NAPTIP hat nach eigenen Angaben seit ihrer Gründung bis 2011 über 4.000 Opfer des organisierten Menschenhandels befreit und seit 2008 die Verurteilung von mindestens 120 Menschenhändlern erreicht (AA 21.11.2016).

Es gibt viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016b). In Nigeria sind neben den UN-Teilorganisationen 40.000 NGOs registriert, welche auch im Frauenrechtsbereich tätig sind. Die Gattinnen der 36 Provinzgouverneure sind in von ihnen finanzierten "pet projects" gerade im Frauenbildungs- und Hilfsbereich sehr aktiv und betreuen Frauenhäuser, Bildungseinrichtungen für junge Mädchen, rückgeführte Prostituierte und minderjährige Mütter sowie Kliniken und Gesundheitszentren für Behinderte, HIV-Erkrankte und Pensionisten neben zahlreichen Aufklärungskampagnen für Brustkrebsfrühuntersuchungen, gegen Zwangsbeschneidung und häusliche Gewalt. Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung (ÖBA 9.2016).

Auch Diskriminierung im Arbeitsleben ist für viele Frauen Alltag.

Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 21.11.2016).

Die Verfassung und Gesetze sehen für interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungsfreiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation für insbesondere alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart, im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016b).

Eine Auswahl spezifischer Organisationen:

• African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin

City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:

info@awegng.org, aweg95@yahoo.com, nosaaladeselu@yahoo.co.uk (AWEG o. d.a). Die AWEG versucht, Frauen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich privat und beruflich weiterzuentwickeln und sich durch Bildung, Lese- und Schreibkenntnisse Perspektiven zu eröffnen. Die AWEG hat in der Vergangenheit Wiedereingliederungshilfe für Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, geleistet und wurde hierbei vom UN Office on Drug and Crime Control (UNODC) unterstützt. Die Organisation bemüht sich um Finanzmittel, um das Projekt fortzusetzen. Die AWEG hat in Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen eine Unterkunft für Opfer von Menschenhandel eingerichtet, beherbergt hier jedoch derzeit keine Personen (IOM 8.2013; vgl. AWEG o.D.b).

• The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel.: 234-1-2635300, 2635331234-4-1-2635331, 234-(0) 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com (WOCON o.D.a). Das Women's Consortium of Nigeria (WOCON) ist eine private gemeinnützige Organisation (NGO), die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Aktuelle Projekte: Aufklärung bezüglich Menschenhandel, Mobilisierung der Frauen, der Jugend, der öffentlichen Transportunternehmen und der Hotelmitarbeiter im Kampf gegen TIP [Anm.: Trafficking in people]. WOCON leitet Opfer des Menschenhandels an die entsprechenden Schutzunterkünfte der Regierung weiter. Andere Reintegrationsleistungen sind Beratung, Berufsausbildung und Familienzusammenführung sowie die Mobilisierung qualifizierter Frauen zur Teilnahme an der Politik. Das Projekt erstreckt sich auf die Regionen Ogun, Lagos und Ondo (IOM 8.2013; vgl. WOCON o.D.b).

• Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA),

19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja;, Tel.:

08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com, (WRAPA o.D.a). Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA) ist eine Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und sexueller Belästigung etc. kostenlose Rechtsberatung bietet. Darüber hinaus bietet die Organisation Frauen bei entsprechender Finanzierung Berufsausbildungsprogramme. Die Organisation betreibt Büros in jedem der 36 Bundesstaaten Nigerias. Die Organisation plant die Einrichtung zehn landesweiter Beratungszentren für kostenlose Rechtsberatungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen, sucht aber noch nach der entsprechenden Finanzierung. Die Organisation bietet in ihren verschiedenen Büros auch weiterhin kostenlosen Rechtsbeistand und Beratungen für Frauen an (IOM 8.2013; vgl. WRAPA o. D.b).

• Women Aid Collective (WACOL), Email: wacolenugu@wacolnigeria.org, wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@yahoo.com; Women House, No. 12 Mathias Iloh Avenue, Newton Enugu;, Tel.:

+234-0909-561-9586 +234-0806-609-2184, Fax: +234-42-256831, (WACOL o. D.a); Women Aid Collective (WACOL) ist eine Wohltätigkeitsorganisation, die von der African Commission on Human and Peoples' Rights beobachtet wird. WACOL bietet verschiedene Unterstützung an: Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste. Die Angebote für Frauen und Kinder umfassen: Schutz und sichere Unterkunft in Krisensituationen, Rechtsberatung und Beistand, Beratung von Opfern und deren Familien (IOM 8.2013; vgl. WACOL o.D.b).

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen hinsichtlich des gesundheitlichen Zustandes der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen (Entlassungsbrief Uni-Klinik Krems vom 20.02.2018, Ambulanzkarte und Laborbefunde vom KH Barmherzige Brüder vom 11.04.2018, Ambulanzkarte vom KH Barmherzige Brüder vom 17.07.2018, Ambulanzkarte und Laborbericht und EKG von der KA Rudolfstiftung vom 19.07.2018, Patientenbrief der KA Rudolfstiftung vom 01.10.2018).

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass sie zusätzlich zu ihren (erfolgreich behandelten) gynäkologischen Problemen an Herzproblemen sowie an psychiatrischen Problemen leide, ist anzuführen, dass die Beschwerdeführerin keine diesbezüglichen Unterlagen vorlegte. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 hinzuweisen, wonach die Asylwerberin verpflichtet ist, die ihr zur Verfügung stehende ärztliche Befunde und Gutachten vorzulegen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin an erheblichen psychischen oder physischen Beeinträchtigungen leidet.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdeführerin in Österreich beruhen auf den Aussagen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt.

Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin derzeit keiner versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht sowie keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem vom 26.02.2019 und einer Abfrage der Daten des Hauptverbandes vom 08.03.2019 sowie aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in Österreich unbescholten ist, ergibt sich aus einem Strafregisterauszug vom 26.02.2019.

2.2. Zum Antrag auf internationalen Schutz:

Die Feststellungen zu den beiden Anträgen auf Asyl wurden den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten entnommen.

Im gegenständlichen Folgeverfahren stützte sich die Beschwerdeführerin zunächst auf Fluchtgründe, welche von ihr bereits in ihrem ersten Verfahren auf internationalen Schutz vorgebracht wurden und gab an, dass diese nach wie vor aufrecht seien. Dieses Fluchtvorbringen wurde von der belangten Behörde bereits im Rahmen des ersten Verfahrens als nicht glaubhaft qualifiziert.

Dem von der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Folgeverfahren ergänzend vorgebrachten Fluchtvorbringen, dass sie beschuldigt worden sei, ihren Mann getötet zu haben und nun fürchte von dessen Familie umgebracht zu werden, spricht die belangte Behörde zu Recht jegliche Glaubhaftigkeit ab.

So sind für das Bundesverwaltungsgericht - ebenso wie für die belangte Behörde insbesondere die Zeitangaben der Beschwerdeführerin in keiner Weise nachvollziehbar. Diesbezüglich gab die Beschwerdeführerin nämlich an, dass sie ihren Mann mit 18 Jahren geheiratet habe und ca. 4 Jahre mit ihm zusammengelebt habe. Am Morgen nach seinem Tod - das sei vor 6 bis 7 Jahren gewesen - habe sie Obage (Benin City) verlassen. Würde man diesen zeitlichen Angaben der Beschwerdeführerin Glauben schenken, so ergäbe sich ein nunmehriges Alter von höchstens 30 Jahren, was sich jedoch mit dem tatsächlichen Alter der Beschwerdeführerin von 44 Jahren nicht vereinbaren lässt. Auch die Angaben der Beschwerdeführerin, dass sie nach dem Tod ihres Mannes Benin verlassen habe und dann nach Lagos gekommen sei, um dort ca. 10 Jahre mit einer Freundin in einer lesbischen Beziehung gelebt habe, stehen im Widerspruch mit dem Vorbringen, das ihr Mann vor 6 bis 7 Jahren verstorben sei.

Des Weiteren weist die belangte Behörde zu Recht darauf hin, dass von einem fluchtartigen Verlassen ihrer Heimat nach dem Tod ihres Mannes keine Rede sein kann, gibt doch die Beschwerdeführerin an, nach dem Tod ihres Mannes noch Jahre lang in Lagos gelebt zu haben.

Es ist daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese ausführt, dass die von der Beschwerdeführerführerin ergänzend vorgebrachten Gründe, weshalb es ihr nun nicht mehr möglich sei, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, eines glaubhaften Kerns entbehren.

Hinsichtlich des bereits im Rahmen des ersten Verfahrens auf internationalen Schutz vorgebrachten Fluchtgrundes, nämlich dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Nigeria verlassen habe, führte die belangte Behörde zutreffend an, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahme vom 19.09.2018 nunmehr angab, derzeit weder einen männlichen noch einen weiblichen Lebenspartner zu haben. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin im Rahmen des vorangegangenen Verfahrens angegebenen Beziehung zu einer Frau namens "Ode Lovet" gab die Beschwerdeführerin des Weiteren an, dass sie diese Beziehung bereits seit dem Vorjahr beendet habe, sie wisse jedoch nicht, wann genau das gewesen sei. Es ist daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese ausführt, dass das Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer sexuellen Orientierung aus Nigeria geflüchtet sei weiterhin nicht als glaubhaft gewertet werden kann und sich diesbezüglich kein neuer Eindruck ergeben hat.

Des Weiteren kann von dem erkennenden Gericht keine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Nigeria, welche die Beschwerdeführerin individuell und konkret betreffen würde, festgestellt werden. Gegenteiliges wurde auch nicht substantiiert behauptet.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-

OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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