TE Vwgh Beschluss 2019/4/18 Ra 2019/20/0128

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Veröffentlicht am 18.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A S A in S, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher und Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. September 2018, Zl. W207 2166153- 1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, der im Iran geboren wurde, stellte am 30. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid vom 14. Juli 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. September 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Dezember 2018, E 3790/2018-15, ab. Zur Ablehnung der Beschwerdebehandlung führte der Verfassungsgerichtshof aus, in Bezug auf die behauptete Verletzung von Art. 3 EMRK habe das BVwG weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen, noch seien ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung des genannten Grundrechts darstellten. Hinsichtlich der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK habe sich das BVwG mit der Frage der Gefährdung des Revisionswerbers in seinen Rechten auseinandergesetzt. Ihm könne unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art. 8 EMRK überwiege.

5 Mit Beschluss vom 23. Jänner 2019, E 3790/2018-17, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde des Revisionswerbers über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6 Gegen das angeführte Erkenntnis des BVwG richtet sich die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das BVwG sei verpflichtet, jemandem den Status des Asylberechtigten zuzusprechen, wenn er aus Gründen der GFK von seinem Heimatstaat keinen Schutz vor Verfolgung finde.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0177, mwN).

12 Inwiefern die afghanischen Behörden aus asylrelevanten Gründen nicht bereit wären, den Revisionswerber vor einer etwaigen Verfolgung zu schützen, legt die Revision nicht dar.

13 Soweit die Revision einen Verstoß gegen die Verhandlungspflicht anspricht, gelingt es ihr nicht, in hinreichend konkreter Weise darzulegen, dass das BVwG von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes, warum gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen werden darf, abgewichen wäre (siehe dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). Insoweit der Revisionswerber die Verletzung des Parteiengehörs und Begründungsmängel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, sondern auch deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen ist (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0055, mwN). Diesem Erfordernis entspricht die Revision nicht.

14 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Asylbehörde bei den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Das gilt ebenso für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das BVwG hat daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Es reicht aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. VwGH 4.3.2019, Ra 2018/20/0540, mwN).

15 Soweit die Revision vorbringt, das BVwG habe die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 nicht berücksichtigt und nicht dargelegt, weshalb es darauf verzichten habe können, zeigt sie die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht auf, zumal das BVwG neben der Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif bejaht hat, wogegen sich die Revision nicht wendet (vgl. dazu VwGH 25.2.2019, Ra 2019/20/0049).

16 Bezüglich des vorgebrachten Verstoßes gegen die Verhandlungspflicht betreffend die Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist dem Revisionswerber zuzustimmen, dass der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen hat, dass der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen insbesondere auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zukommt. Allerdings kann gemäß dem im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden § 21 Abs. 7 BFA-VG - trotz Vorliegens eines diesbezüglichen Antrages - (ausnahmsweise) von der Durchführung einer Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 27.8.2018, Ra 2018/20/0386, mwN). Inwiefern der Sachverhalt klärungsbedürftig gewesen sei, wird von der Revision nicht aufgezeigt.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200128.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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