TE Vwgh Beschluss 2019/4/25 Ra 2019/22/0006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
NAG 2005 §11 Abs1 Z5
NAG 2005 §11 Abs3
NAG 2005 §21 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der O K, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Geibelgasse 16, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 29. Oktober 2018, VGW-151/073/9447/2018-6, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine ukrainische Staatsangehörige, stellte am 27. Oktober 2017 in Österreich einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehörige" und berief sich auf ihre am 24. August 2017 geschlossene Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger.

2 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Juni 2018 wurde der Antrag wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 29. Oktober 2018 ab. Weiters sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. 4 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Revisionswerberin am 21. Juni 2017 mit einem Visum für Polen in den Schengenraum eingereist sei. Am 3. Juli 2017 habe die Revisionswerberin ihren Hauptwohnsitz bei ihrem nunmehrigen Ehemann gemeldet. Sie halte sich zumindest seit diesem Zeitpunkt in Österreich auf und sei bis zum 27. Oktober 2017 nicht aus Österreich ausgereist.

5 In seiner Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Revisionswerberin zwischen Juli und Oktober 2017 nach Polen gereist sei, um in einer Fabrik zu arbeiten. Es seien keine diesbezüglichen Unterlagen wie Auszahlungsbelege, Lohnzettel, Bustickets, ein Arbeitsvertrag usw. vorgelegt worden. Es sei daher von einem durchgehenden Aufenthalt in Österreich von 117 Tagen ab Einreise bis Antragstellung auszugehen.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für den vorliegenden Fall relevant - aus, dass gemäß § 21 Abs. 1 NAG Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen seien und die Entscheidung im Ausland abzuwarten sei. 7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, dass die Revisionswerberin aufgrund ihres Visums D für Polen berechtigt gewesen sei, sich bis zu 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der übrigen Schengen-Mitgliedstaaten zu bewegen. Die Revisionswerberin sei - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt - zwischen Polen und Österreich "gependelt".

12 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass gemäß den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes die Revisionswerberin über den nach Art. 21 des Schengener Durchführungsübereinkommens erlaubten Zeitraum (bis 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen) hinaus in Österreich verblieben ist und somit zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig war. 13 Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes unterliegt nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 8.11.2018, Ra 2018/22/0211, Rn. 7, mwN).

14 Mit ihrem Vorbringen, dass sie vor dem Verwaltungsgericht ausgesagt habe, sie sei zwischen Österreich und Polen "gependelt", zeigt die Revisionswerberin nicht auf, inwiefern die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Einzelfall getroffene Beurteilung, wonach eine Überschreitung des visumfreien Aufenthaltes in Österreich vorgelegen sei, grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte. 15 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht eine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK mit einem nicht zu beanstandenden Ergebnis durchgeführt. Aus diesem Grund wurde die Revisionswerberin auch dadurch nicht in Rechten verletzt, dass die Abweisung des Antrags nicht auf § 11 Abs. 1 Z 5 iVm § 11 Abs. 3 NAG gestützt wurde.

16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220006.L00

Im RIS seit

25.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten