TE Vwgh Erkenntnis 2019/4/25 Ra 2019/13/0008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

ALSAG 1989 §10
ALSAG 1989 §2 Abs17
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb
AWG 2002 §6
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der P Gesellschaft m.b.H in A, vertreten durch die Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Oktober 2018, Zl. LVwG-AV-818/001-2017, betreffend Feststellung nach § 10 Altlastensanierungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Amstetten; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58), beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision wird insoweit, als sie sich gegen die Spruchpunkte 1 (Abfalleigenschaft) und 4 (Abfallkategorie) des mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigten Bescheides richtet, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen (Spruchpunkte 2 und 3 betreffend die Altlastenbeitragspflicht) wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 26. April 2017 wurde über Antrag des vom Zollamt vertretenen Bundes gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) festgestellt, von der Revisionswerberin in den Jahren 2012 und 2013 auf näher bezeichneten Grundstücken zwischengelagerter Bodenaushub sei erstens Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), unterliege zweitens dem Altlastenbeitrag, seine Lagerung sei drittens eine beitragspflichtige Tätigkeit und er sei (ergänze: für die Bemessung der Höhe des Beitrags) viertens einer näher bezeichneten Abfallkategorie zuzuordnen.

2 Den ersten dieser Spruchteile begründete die Bezirkshauptmannschaft mit der Bindung an einen zu dieser Frage bereits ergangenen Feststellungsbescheid gemäß § 6 AWG 2002. 3 Die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 26. April 2017 enthielt keine Ausführungen zur Frage einer solchen Bindungswirkung.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es traf Feststellungen u.a. über den Feststellungsbescheid nach § 6 AWG 2002, gegen den die Revisionswerberin eine vom Landesverwaltungsgericht schon abgewiesene Beschwerde erhoben habe.

5 In der rechtlichen Würdigung verwies das Landesverwaltungsgericht auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindungswirkung solcher Feststellungsbescheide nach dem AWG 2002 in Feststellungsverfahren nach § 10 ALSAG.

6 Dem folgten Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes, wonach es "fraglich" sei, ob diese Judikatur im vorliegenden Fall heranzuziehen sei. § 2 Abs. 17 ALSAG enthalte nämlich eine Definition von Bodenaushubmaterial, durch die der "Rückgriff" auf die Bestimmungen des AWG 2002 "beseitigt" sei. Wenn "gemäß § 2 Abs. 17 ALSAG der Abfallbegriff erfüllt" sei, bedürfe es keiner weiteren Voraussetzungen mehr. Das Vorbringen der Revisionswerberin zum subjektiven Abfallbegriff gehe daher "ins Leere".

7 Darüber hinaus verwies das Landesverwaltungsgericht aber auch auf die Gründe, aus denen es bei der Abweisung der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 6 AWG 2002 die Erfüllung des subjektiven Abfallbegriffs bejaht hatte.

8 Die Bestätigung der die Beitragspflicht betreffenden Spruchteile stützte das Landesverwaltungsgericht auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nach der auch für kürzere als die in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG der Altlastenbeitragspflicht unterworfene Zwischenlagerungen der Altlastenbeitrag zu entrichten sei, wenn eine der für die Zwischenlagerung erforderlichen Bewilligungen gefehlt habe (Hinweis auf ein Folgeerkenntnis zu VwGH 24.1.2013, 2010/07/0218, VwSlg 18553/A). Letzteres sei hier aus näher dargelegten Gründen nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes der Fall gewesen.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich - in Bezug auf alle vier vom Landesverwaltungsgericht bestätigten Spruchteile - die vorliegende außerordentliche Revision. Im Vorbringen zur Zulässigkeit wendet sich die Revisionswerberin, soweit es die Abfalleigenschaft (Spruchpunkt 1) angeht, gegen die Annahme eines eigenständigen Abfallbegriffs gemäß § 2 Abs. 17 ALSAG sowie - unter Hinweis auf die auch dagegen eingebrachte Revision - gegen die Argumente, mit denen das Landesverwaltungsgericht bei der Bestätigung des Feststellungsbescheides gemäß § 6 AWG 2002 die Erfüllung des subjektiven Abfallbegriffes und die fehlende Trennbarkeit der gelagerten Materialien angenommen habe. Ausführungen gegen die Annahme einer Bindung an die Feststellung gemäß § 6 AWG 2002 sind im Zulässigkeitsvorbringen (und auch in den Revisionsgründen) nicht enthalten. Auch der Zuordnung zu der angenommenen Abfallkategorie wird - für den Fall, dass es sich um Abfall handle - nicht entgegengetreten.

10 In Bezug auf die Altlastenbeitragspflicht macht die Revision im Zulässigkeitsvorbringen geltend, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe nicht jede Lagerung von Abfällen zwingend einer behördlichen Bewilligung. Dass eine solche im Revisionsfall erforderlich gewesen sei, habe das Landesverwaltungsgericht, zum Teil auf der Grundlage aktenwidriger Feststellungen, zu Unrecht angenommen. Geltend gemacht wird - insoweit in unmittelbarer Anlehnung an den Gesetzeswortlaut - aber auch, eine Altlastenbeitragspflicht für ein Lagern (zur Verwertung) bestehe erst ab einer Dauer von mehr als drei Jahren.

11 Der durch das Zollamt vertretene Bund und die belangte Bezirkshauptmannschaft haben Revisionsbeantwortungen erstattet.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat - soweit es nicht die Zurückweisung betrifft, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

13 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ob dies der Fall ist, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG bei einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

14 Solche Gründe macht die Revisionswerberin in Bezug auf Spruchpunkt 1 des vom Landesverwaltungsgericht bestätigten Bescheides (Abfalleigenschaft) nicht geltend, weil der primären Annahme einer Bindung an den Feststellungsbescheid gemäß § 6 AWG 2002 nichts entgegengesetzt wird (vgl. zu dieser Bindungswirkung etwa VwGH 26.4.2013, 2010/07/0238; 25.10.2017, Ra 2015/07/0063). Die gegen die Bestätigung dieses Feststellungsbescheides durch das Landesverwaltungsgericht erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Jänner 2019, Ra 2018/05/0286, zurückgewiesen. Von den verfehlten Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes zu § 2 Abs. 17 ALSAG, gegen die sich die Revision zutreffend wendet (vgl. dazu nun VwGH 27.3.2019, Ra 2019/13/0002), hängt die Entscheidung unter diesen Umständen nicht ab.

15 Auf den vierten Spruchpunkt des vom Landesverwaltungsgericht bestätigten Bescheides geht das Zulässigkeitsvorbringen nur mit dem Hinweis ein, mangels Beitragspflicht erübrige sich eine Zuordnung zu einer Abfallkategorie.

16 Die Revision war daher insoweit, als sie die Spruchpunkte 1 und 4 betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Vorliegens einer für die Entscheidung wesentlichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurückzuweisen.

17 In Bezug auf die Altlastenbeitragspflicht (Spruchpunkte 2 und 3) ergibt sich die Zulässigkeit der Revision im Besonderen aus dem Argument, eine Altlastenbeitragspflicht bestehe (ergänze: beim Lagern zur Verwertung) "erst ab einer dreijährigen Zwischenlagerung".

18 Die Revision ist in diesem Punkt schon deshalb auch begründet, weil der Verwaltungsgerichtshof von der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtsprechung, wonach das Fehlen einer für die Zwischenlagerung erforderlichen Bewilligung zur Altlastenbeitragspflicht hinsichtlich kürzerer als der in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG der Beitragspflicht unterworfenen Zwischenlagerungen führe, mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. März 2019, Ro 2019/13/0006, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, abgegangen ist.

19 Das angefochtene Erkenntnis war daher insoweit, als damit über die Altlastenbeitragspflicht abgesprochen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 25. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019130008.L00

Im RIS seit

02.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten