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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AlVG 1977 §10 Abs3Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des G S in Wien, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in 1060 Wien, Linke Wienzeile 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2019, Zl. W141 2211961-1/6E, betreffend Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ausgesprochen, dass der seit 12. Februar 2013 arbeitslose Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe vom 27. August bis 7. Oktober 2018 verloren habe. Eine Nachsicht iSd § 10 Abs. 3 AlVG werde nicht erteilt. Der Revisionswerber habe sich am 22. August 2018 bei einem "Bewerbertag" eines Sozialökonomischen Betriebs (SÖB) geweigert, ab 27. August 2018 an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ("Arbeitstraining") teilzunehmen, weil er das Entgelt als nicht ausreichend erachtet habe. Dazu sei der Revisionswerber am 23. August 2018 niederschriftlich einvernommen worden. Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 29. August 2018 habe die belangte Behörde den Verlust der Notstandshilfe ausgesprochen. Zwischenzeitig habe sich der Revisionswerber "zum Zwecke der Nichteinstellung seiner Leistung" beim SÖB gemeldet und sich doch bereit erklärt, am 3. September 2018 mit dem Arbeitstraining im Bereich Straßenreinigung zu beginnen. Am 4. September 2018 sei dieses Arbeitstraining in Anbetracht der verfügten Sperre wieder beendet worden. Der Revisionswerber habe zwischenzeitlich keine die Arbeitslosigkeit ausschließende Tätigkeit aufgenommen. Der Versuch, die zuvor von ihm vereitelte Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ohne Absprache mit der belangten Behörde in Eigeninitiative vorzunehmen, stelle keinen berücksichtigungswürdigen Grund iSd § 10 Abs. 3 AlVG dar. 5 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 6 Der Revisionswerber erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass die Feststellung, er habe die angebotene Beschäftigung unter Hinweis auf den zu geringen Verdienst abgelehnt, auf einer unrichtigen Beweiswürdigung beruhe. Darüber hinaus liege in Anbetracht seines nachfolgenden Versuchs, ein Arbeitstraining aufzunehmen, ein berücksichtigungswürdiger Fall iSd § 10 Abs. 3 AlVG vor. 7 Rechtsfragen des Verfahrensrechts - wie hier die behauptete unrichtige Sachverhaltsfeststellung - sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (VwGH 8.8.2018, Ra 2018/08/0176). Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht jedoch schlüssig und unter Einhaltung der Denkgesetze dem schriftlich dokumentierten Geschehensverlauf unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung deponierten Aussagen gefolgt.
8 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge weiters nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beurteilung eines "berücksichtigungswürdigen Falles" iSd § 10 Abs. 3 AlVG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (VwGH 9.3.2016, Ra 2016/08/0045, mwN). Ein solcher Vorwurf kann dem Verwaltungsgericht indes nicht gemacht werden, wenn es in dem Versuch des Revisionswerbers, ohne Rücksprache mit der belangten Behörde das von ihm zuvor abgelehnte Arbeitstraining unter dem Eindruck der heranstehenden Bezugssperre zu einem späteren Zeitpunkt aufzunehmen, keinen "berücksichtigungswürdigen Fall" erblickt hat.
9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080074.L00Im RIS seit
01.08.2019Zuletzt aktualisiert am
02.08.2019