Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
ARB1/80 Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der AE Gastronomie-Betriebsgesellschaft mbH in Wien, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in Wien , Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. August 1997, Zl. 10/13113/1716860, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte beim Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "restjugoslawischen" Staatsangehörigen N S (geboren am 1. Dezember 1972) für die berufliche Tätigkeit als Kellner; als erforderliche spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurde "Lehrabschluß" im Antrag angegeben.
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien mit Bescheid vom 8. Juli 1997 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997, BGBl. Nr. 646/1996, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, die Behörde habe sich nicht mit § 4 Abs. 1 AuslBG auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang keine Ersatzkräfte zur Verfügung gestellt. Der beantragte Ausländer habe in Österreich den Polytechnischen Lehrgang absolviert und dann eine dreijährige Kellnerlehre abgeschlossen. Danach habe er bei Gastronomiebetrieben als Kellner gearbeitet; er verfüge über "Beschäftigungsbewilligungen aber auch Arbeitserlaubnis für die Dauer von zwei Jahren". Der beantragte Ausländer gehöre daher eindeutig zu dem "bevorzugten Personenkreis im Sinne des § 4b Z. 3 AuslBG". Die beantragte Beschäftigungsbewilligung sei nach den Kriterien des § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 und § 4 Abs. 6 AuslBG zu erteilen. Die Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG sei nicht anzuwenden, weil der beantragte Ausländer "unter die Höchstzahl anzurechnen ist, da es sich nicht um einen Erstantrag handelt und er auf Grund seiner langjährigen Arbeitstätigkeit in Österreich zum Bezug von Arbeitslosengeld berechtigt ist, er auch eine entsprechende Meldekarte des zuständigen AMS Wien vorgewiesen hat". Die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung sei nicht anzuwenden, da "sie durch den VfGH für gesetzwidrig erklärt wurde, für den Fall der Anwendung wird aber eingewendet, daß es sich bei dem ins Auge gefaßten Arbeitnehmer eindeutig um eine Person der zweiten Generation handelt und ist dies auf Grund seines Aufenthaltes, der mehr als die Hälfte seines Lebens in Österreich darstellt, eindeutig als zweite Generation zu qualifizieren und wäre auch auf Grund dieser Tatsache eine arbeitsmarktpolitische Bewilligung zu erteilen".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. August 1997 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG und in Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 leg. cit. sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262.246) seien nach der Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich zum Stichtag 1. August 1997 bereits 267.165 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten. Im Ermittlungsverfahren sei (über Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger) erhoben worden, daß der beantragte Ausländer in den letzten beiden Kalenderjahren bei der Palais am Stadtpark HotelbetriebsgmbH & Co KG sowie bei der Hilton International Wien GesmbH insgesamt nur 63 Arbeitstage beschäftigt gewesen sei, weshalb er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben habe. Es werde auch kein Tatbestand zur Anrechnung der beantragten ausländischen Arbeitskraft auf die Bundeshöchstzahl erfüllt und es liege auch keine Voraussetzung für eine Zuordnung zum zuvor zitierten Personenkreis (des § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) vor. Die behauptete Tatsache, es handle sich beim beantragten Ausländer um eine Person der zweiten Generation könne mangels entsprechender Bestimmungen im AuslBG unter Bedachtnahme auf die überzogene Bundeshöchstzahl keine Berücksichtigung finden. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in folgenden Rechten verletzt: "rechtswidrige Anwendung des § 4 Abs. 7 iVm § 12a AuslBG; rechtswidrige Anwendung der BHZÜVO BGBl. 278/95; Verstoß gegen § 45 Abs. 3 AVG und Verletzung des § 60 AVG". Sie bringt dazu im wesentlichen vor, das Arbeitsmarktservice sei verpflichtet, initiativ die Stellung von Ersatzkräften vorzunehmen. Der beantragte Ausländer habe in Österreich seine Schulpflicht beendet und eine dreijährige Kellnerlehre abgeschlossen; er habe bereits mehrere Arbeitsverhältnisse "innegehabt" und sei bis Juni 1996 im Besitz einer Arbeitserlaubnis für das Bundesland Wien gewesen. Ungeachtet dessen gehe aber die belangte Behörde davon aus, daß der beantragte Ausländer "nicht unter die BHZÜVO fällt". Die belangte Behörde wäre jedoch im Berufungsverfahren verpflichtet gewesen, das statistische Material hinsichtlich der Überziehung der Bundeshöchstzahl offenzulegen. Es habe nicht festgestellt werden können, "ob die türkischen Assoziationsfälle, das sind jene türkische Staatsbürger, die EWR-Bürgern gleichzstellen sind, in die Bundeshöchstzahl miteingerechnet wurden".
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.
Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.
Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. cit. nicht erfüllt, dann kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen wie etwa des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würden. Die Folgen einer Überschreitung der Bundeshöchstzahl sind im Ausländerbeschäftigungsgesetz ohne jede Bezugnahme auf die festgesetzten Landeshöchstzahlen geregelt und nach dem Wortlaut des dem § 4 Abs. 6 AuslBG unmittelbar nachfolgenden Abs. 7 ausdrücklich als "zusätzliche Voraussetzung" für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu prüfen (vgl. in dieser Hinsicht etwa die beiden hg. Erkenntnisse jeweils vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0092, und Zl. 97/09/0168, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur).
Soweit sich die Beschwerde mit dem Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG (insbesondere auch mit der Ersatzkraftstellung) für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auseinandersetzt, gehen diese Beschwerdeausführungen demnach an dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG vorbei.
Hinsichtlich des von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrundes wird in der Beschwerde nicht mehr in Frage gestellt, daß der beantragte Ausländer keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat und demnach der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 7 AuslBG nicht vorliegt.
Insoweit die beschwerdeführende Partei erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die festgestellte Überschreitung der herangezogenen Bundeshöchstzahl für das Kalenderjahr 1997 bestreitet bzw. als fehlerhaft rügt, liegt in dieser damit verbundenen Bestreitung der Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 VwGG) vor. Die beschwerdeführende Partei verkennt in diesem Zusammenhang, daß bereits die Behörde erster Instanz in ihrer Entscheidung von der Überschreitung dieser Bundeshöchstzahl 1997 und einer Anwendung des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren ausging. Die beschwerdeführende Partei hat die Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 in ihrer Berufung nicht in Zweifel gezogen. Solcherart durfte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren zu prüfen war (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0092, und die darin angegebene Vorjudikatur).
Mit dem bloßen Hinweis auf "die türkischen Assoziationsfälle" wird zudem eine fehlerhafte Berechnungsmethode hinsichtlich der Ermittlung der festgestellten Überschreitung der angewendeten Bundeshöchstzahl noch nicht dargetan, ist diesem Vorbringen in der Beschwerde doch nicht zu entnehmen, aus welchen (sachlichen oder rechtlichen) Erwägungen derartige "Anrechnungsfälle" auf die Bundeshöchstzahl unter dem Gesichtspunkt, daß die beschwerdeführende Partei (eine unbestrittenermaßen inländische Arbeitgeberin) einen "jugoslawischen" Staatsangehörigen zu beschäftigen beabsichtigte, im Beschwerdefall bei der Ermittlung der Überschreitung der Bundeshöchstzahl nicht berücksichtigt werden durften (vgl. in dieser Hinsicht sinngemäß auch die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0171, und vom 18. November 1998, Zl. 98/09/0156).
In der Beschwerde wird - ebenso wie bereits im gesamten Verwaltungsverfahren - kein Sachverhalt dargetan, der im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung zulassen würde. Daß der 1972 geborene, sohin im Jahr 1997 bereits im 25. Lebensjahr stehende beantragte Ausländer noch im Sinne der Ziffer 1 des § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung als "jugendlicher Ausländer" angesehen werden könnte, wurde selbst im Verwaltungsverfahren von der beschwerdeführenden Partei nicht einmal behauptet. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es zudem auch vor dem Hintergrund des Vorbringens in der Beschwerde nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, der von der beschwerdeführenden Partei beantragte Ausländer erfülle schon im Hinblick auf sein Alter von nahezu 25 Jahren nicht mehr die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Personengruppe jugendlicher Ausländer im Sinn des § 1 Z. 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (vgl. überdies auch sinngemäß die Bestimmungen des § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG, wonach im AuslBG als jugendliche Ausländer Personen angesehen werden, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben).
Bei diesem Verlauf des zugrundeliegenden Verwaltungsverfahrens mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in der Beschwerde behaupteten Verfahrensverletzungen an der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997090304.X00Im RIS seit
20.11.2000