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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M alias M K, vertreten durch Mag. Pamela Kellermayr, Rechtsanwältin in 4563 Micheldorf, Welser Straße 11/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2018, W208 2197527- 1/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 15. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 26. April 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und sprach aus, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Unter einem stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe und sprach aus, dass gegen den Revisionswerber ein auf Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.
3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sprach aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Revisionswerbers 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung betrage, wies die Beschwerde des Revisionswerbers im Übrigen aber als unbegründet ab. Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Das BVwG führte im Wesentlichen begründend aus, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubhaft. In den Städten Herat, Kabul und Mazar-e Sharif stehe dem Revisionswerber eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Dazu traf das BVwG die Feststellung, dass beim Revisionswerber eine Depression (mittelgradige Episode) diagnostiziert worden sei. Er erhalte in Österreich derzeit eine Behandlung mit diversen Medikamenten. Der Revisionswerber habe im April 2018 einen Selbstmordversuch unternommen. Nach den Länderberichten gebe es in den großen Städten Afghanistans - wie Herat, Kabul und Mazar-e Sharif - eine öffentliche Gesundheitsversorgung, die auch psychiatrische Erkrankungen abdecke. Bei Rückkehr nach Afghanistan sei daher eine Behandlung der Erkrankung des Revisionswerbers gewährleistet. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0336, mwN).
8 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das BVwG habe es unterlassen, zur Erkrankung des Revisionswerbers ein medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Neurologie und Psychiatrie einzuholen. Auch sei die Berücksichtigung bloß "allgemeiner Länderberichte" nicht ausreichend, sondern wäre die Durchführung von "konkreten Erhebungen" dazu erforderlich gewesen, ob die medizinische Versorgung in Afghanistan im "konkreten Fall" des Revisionswerbers gewährleistet sei.
9 Mit diesem Vorbringen macht die Revision somit geltend, dass das Verfahren des BVwG - infolge des Unterbleibens amtswegig durchzuführender weiterer Erhebungen - mangelhaft geblieben sei. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss aber auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei deren Vermeidung in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 26.3.2019, Ra 2018/19/0607, mwN). Dem wird die Revision, die eine solche Darstellung nicht enthält, nicht gerecht.
10 Die Revision wendet sich weiters gegen die Ausführungen des BVwG, afghanische Familien würden "Beziehungen zu ihrer erweiterten Großfamilie pflegen". Diese Aussage sei nicht schlüssig und nachvollziehbar und nicht geeignet, ein funktionierendes soziales Netzwerk des Revisionswerbers in Afghanistan darzutun. Mit diesen Ausführungen vermag die Revision jedoch schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, weil das BVwG seine Beurteilung, in Afghanistan stehe eine zumutbare innerstaatlichen Fluchtalternative zur Verfügung, nicht auf das Bestehen eines familiären Netzwerkes des Revisionswerbers in Afghanistan gestützt hat. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt daher nicht von der behaupteten Rechtsfrage ab.
11 Der Revisionswerber rügt weiters, das BVwG habe nicht ausgeführt, warum es nicht dem in der Beschwerde vorgelegten länderkundlichen Gutachten einer näher genannten Sachverständigen, das den vom BVwG berücksichtigten Länderberichten widerspreche, gefolgt sei. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Revision schon deshalb keinen ihre Zulässigkeit begründenden Verfahrensmangel auf, weil sie es unterlässt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, darzustellen, warum dieses Gutachten für den Verfahrensausgang wesentlich gewesen wäre (vgl. in diesem Sinn VwGH 12.6.2018, Ra 2018/01/0254). Im Übrigen hat sich das das BVwG - entgegen den Ausführungen in der Revision - mit dem vorgelegten Gutachten ohnehin auseinander gesetzt, es jedoch nicht als tauglich erachtet, die herangezogenen Länderberichte in Zweifel zu ziehen. 12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 25. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190710.L00Im RIS seit
09.07.2019Zuletzt aktualisiert am
09.07.2019