TE Vwgh Beschluss 2019/4/26 Ra 2019/20/0174

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des E O in S, vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2019, Zl. I415 2015023- 3/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 17. Oktober 2018 den dritten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab sowohl im Rahmen der Erstbefragung zu seinem Folgeantrag als auch bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) an, dass sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens keine neuen Fluchtgründe ergeben hätten. Er sei homosexuell und habe deswegen das Land verlassen. Er fürchte sich davor zurückzugehen und habe einen neuen Antrag gestellt, damit man dies bedenke.

2 Mit Bescheid vom 24. Jänner 2019 wies das BFA diesen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei, und sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Unter einem erließ das BFA gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Februar 2019 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit im Wesentlichen damit, dass das Vorbringen des Revisionswerbers in allen Verfahrensschritten gleich gewesen sei. Der Revisionswerber habe von Anfang an und unter Vorlage aller notwendigen Beweismittel und Dokumente seine homosexuelle Orientierung dokumentiert und bestätigt. Es habe keine ausreichende Prüfung der Fluchtgründe stattgefunden.

8 Die Rechtskraft einer früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung steht einer neuen Sachentscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Sache, über die formell rechtskräftig abgesprochen wurde, mit der im neuerlichen Abspruch erfassten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für die Vorentscheidung maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0619, mwN).

9 Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 22.10.2018, Ra 2018/20/0480, mwN).

10 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass das BVwG bei seiner Beurteilung von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre. 11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 5.11.2018, Ra 2018/14/0166, mwN). Eine diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung wird vom Revisionswerber nicht dargelegt. 12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs.1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2019

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200174.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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