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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
VStG §22Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des M E in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 27. Februar 2018, Zl. KLVwG- 2047-2050/5/2017, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird geändert und der Spruch dieser Entscheidung hat zu lauten:
"Das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Kärnten vom 17. Juli 2017, Zl. VStV/915300924153/2015, wird aufgehoben und das gegen M E unter der genannten Zahl wegen Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz geführte Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt."
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 17. Juli 2017 erkannte die Landespolizeidirektion Kärnten den Revisionswerber als Geschäftsführer und Verantwortlichen einer näher bezeichneten Gesellschaft der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild des Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig, weil die Gesellschaft am 6. März 2015 verbotene Ausspielungen veranstaltet habe. Es wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 4.000 EUR (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurden ihm die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 800 EUR zur Zahlung vorgeschrieben.
2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 Beschwerde.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es den Spruch präzisierte, es verpflichtete den Revisionswerber, einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 1.600 EUR zu leisten, und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtete sich die vorliegende außerordentliche Revision. Das Landesverwaltungsgericht legte dem Verwaltungsgerichtshof die Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor.
5 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde brachte mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019 eine Revisionsbeantwortung ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Der Revisionswerber releviert zur Zulässigkeit seiner Revision, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes sei ihm erst nach Erlöschen der Strafbarkeit der Tat zugestellt worden. 9 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
10 Gemäß § 31 Abs. 1 des VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist ihm erst von diesem Zeitpunkt. 11 Nach § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden näher angeführte Zeiten nicht eingerechnet.
12 Bei Dauerdelikten sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen. Die Verjährungsfrist beginnt von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0143, mwN).
13 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl. erneut VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0143, mwN). Die Erlassung der Rechtsmittelentscheidung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. abermals VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0143, mwN).
14 Im Revisionsfall haben die als Dauerdelikte gewerteten strafbaren Verhaltensweisen des Revisionswerbers, die der Bestrafung zu Grunde gelegt wurden, am 6. März 2015 geendet. Für das Vorliegen einer in § 31 Abs. 2 VStG angeführten Zeit, welche in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird, bestehen im Revisionsfall keinerlei Hinweise. Die dreijährige Frist für die Verjährung der Strafbarkeit endete demnach gemäß § 31 Abs. 2 VStG am 6. März 2018.
15 Bei der vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten am 9. Februar 2018 durchgeführten Verhandlung unterblieb die Verkündung eines Erkenntnisses (§ 47 Abs. 4 VwGVG). 16 Das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 27. Februar 2018 wurde - wie insoweit der Aktenlage entsprechend in der Revision vorgetragen wird und wozu in der Revisionsbeantwortung nichts Gegenteiliges vorgebracht wird - dem Revisionswerber am 28. August 2018 durch persönliche Übergabe zugestellt.
17 Zu diesem Zeitpunkt war die Strafbarkeit der dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen bereits verjährt. Die Sache erweist sich demnach als entscheidungsreif, weshalb gemäß § 42 Abs. 4 VwGG das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern ist, dass der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist und das gegen den Revisionswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist. 18 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am 29. April 2019
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit DauerdeliktRechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018160189.L00Im RIS seit
26.07.2019Zuletzt aktualisiert am
26.07.2019