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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §19 Abs1Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, in der Revisionssache des A B, in C, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 2018, W168 2173812- 1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 15. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass ihn die Taliban mit dem Umbringen bedroht hätten. Bei einem näher dargestellten Vorfall seien Sicherheitskräfte von den Taliban ermordet worden. Diese nähmen an, er sei ein Spitzel. 2 Mit Bescheid vom 26. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. 4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 25. Februar 2019, E 4853/2018-7, die Behandlung der vom Revisionswerber an ihn erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen die Nichtberücksichtigung der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018, eine unvertretbare Gesamtwürdigung der Gefährdung im Falle der Rückkehr des Revisionswerbers nach Afghanistan, eine unvertretbare Beweiswürdigung sowie eine unvertretbare Interessensabwägung geltend gemacht.
9 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Bundesverwaltungsgericht seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen hat. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 4.3.2019, Ra 2018/20/0540; 20.12.2018, Ra 2018/14/0284, mwN). 10 Mit den allgemeinen Ausführungen im Zulassungsvorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe aktuelle Länderberichte wie auch die UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 nicht berücksichtigt, die Sicherheitslage in Afghanistan sei instabil, das Bundesverwaltungsgericht habe keine Sicherheitsprognose getroffen und die Situation in Afghanistan habe sich seit dem Jahr 2017 dramatisch verschlechtert, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.
11 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vielmehr umfassend und konkret mit dem Vorliegen der Voraussetzungen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber in Mazar-e Sharif auseinandergesetzt und ist zur Auffassung gelangt, dass seine Rückkehr in diese Stadt möglich und zumutbar ist. Die Revision setzt diesen Ausführungen nichts entgegen. 12 Auch dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung zu einem näher bezeichneten Gutachten lässt sich keine Relevanzdarstellung im Sinn der zitierten Rechtsprechung entnehmen.
13 Mit dem nicht näher ausgeführten Hinweis auf eine angebliche Verwestlichung des Revisionswerbers gelingt es der Revision fallbezogen nicht, eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK darzulegen oder eine sonstige Relevanz für das Entscheidungsergebnis darzutun (vgl. VwGH 7.5.2018, Ra 2018/18/0003, mwN).
14 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgericht wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0149, mwN).
15 Auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 ist es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben - unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind - einzubeziehen (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0252, mwN). 16 Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Beweiswürdigung dabei nicht allein auf Widersprüche im Zusammenhang mit der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreffend das Fluchtvorbringen gegründet. Daher hängt die Revision nicht von der aufgeworfenen Rechtsfrage ab, ob im Falle einer Befragung iSd § 19 AsylG 2005 durch uniformierte Personen das inhaltliche Vorbringen zum Fluchtgrund wegen eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 3 lit. d der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU als nichtig anzusehen sei. Vielmehr hat sich das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - umfassend mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist auf Grund einer Reihe weiterer, von ihm angenommener Widersprüche und Unstimmigkeiten und in einer nicht als unschlüssig zu bezeichnenden Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, das Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubhaft.
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0055, mwN). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts fallbezogen unvertretbar wäre. 18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140122.L00Im RIS seit
08.07.2019Zuletzt aktualisiert am
08.07.2019