Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §52Betreff
?
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des R S in L, vertreten durch Mag. Franz Scharf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 20/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2018, GZ W128 2182496-1/3E, betreffend Arbeitsplatzbewertung sowie Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde dem Bundesministerium für Inneres mit Wirksamkeit vom 1. März 2002 dienstzugeteilt. Mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2003 wurde er von seiner Stammdienststelle, der Bundespolizeidirektion Linz, zum Bundeskriminalamt versetzt und dort auf einem der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 4, zugeordneten Arbeitsplatz verwendet. Seit 1. Juni 2013 ist der Revisionswerber als stellvertretender Gruppenführer bei der Sondereinheit Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten in Linz tätig.
2 Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 beantragte er 1.) seinen Arbeitsplatz einer Arbeitsplatzbewertung gemäß § 143 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, zu unterziehen und diesen Arbeitsplatz dahingehend neu zu bewerten, dass dieser nunmehr der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 5, statt wie bisher der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 4, zugeordnet werde, und 2.) ausgehend von dieser Neubewertung die sich daraus ergebende besoldungsrechtliche Stellung festzustellen. 3 Am 21. März 2017 richtete die Dienstbehörde an das Bundeskanzleramt unter Anschluss einer Arbeitsplatzbeschreibung sowie einer Stellungnahme der Vorgesetzten des Revisionswerbers ein Ersuchen um Erstellung eines Gutachtens betreffend die Wertigkeit des in Rede stehenden Arbeitsplatzes.
4 Mit Eingabe vom 2. Oktober 2017 erhob der Revisionswerber, da bis dahin keine Entscheidung über seinen Antrag ergangen war, Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht. Die Behörde legte die Beschwerde, ohne von der Möglichkeit der Nachholung des Bescheides Gebrauch gemacht zu haben, unter Anschluss der Akten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.
6 Das Gericht ging davon aus, dass die vorliegende Säumnis nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Die Behörde habe ca. ein Monat nach Einlangen des verfahrenseinleitenden Antrages die Erstellung eines für die Entscheidung erforderlichen Gutachtens veranlasst. Sie habe daher nicht unnötig zugewartet, sondern die erforderlichen Verfahrensschritte zügig gesetzt.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, das angefochtene Erkenntnis aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
8 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit beruft sich die Revision im Hinblick auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 2018, Ro 2017/03/0033, auf eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Verhalten des mit der Erstellung des Gutachtens beauftragten Sachverständigen sei der behördlichen Sphäre zuzurechnen. Die Annahme des Gerichts, wonach ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der eingetretenen Säumnis nicht vorliege, stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung. 9 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Revision erweist sich im Sinne ihres Zulässigkeitsvorbringens als zulässig und berechtigt. 11 Im vorliegenden Fall war die gemäß § 8 VwGVG maßgebliche sechsmonatige Entscheidungsfrist zwischen Einlangen des verfahrenseinleitenden Antrags - unbestritten - bereits abgelaufen. Strittig ist jedoch, ob die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde an dieser Säumnis ein überwiegendes Verschulden traf. Ein solches wurde vom Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass die Behörde ein für die Entscheidung erforderliches Gutachten zügig in Auftrag gegeben habe. Zu Recht weist der Revisionswerber in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Rechtsauffassung im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht.
12 Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse, die erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, sind für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses zu begründen. Auch der Umstand, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, kann nicht ausreichen, um vom Vorliegen eines unüberwindlichen, einer fristgerechten Entscheidung entgegenstehenden Hindernisses auszugehen. Es ist vielmehr grundsätzlich Aufgabe der Behörde, mit dem von ihr beauftragten Sachverständigen sachlich begründete Termine zur Ablieferung des Gutachtens zu vereinbaren und deren Einhaltung zu überwachen und bei Säumigkeit entsprechende Schritte zu setzen (siehe zu § 73 Abs. 1 AVG z.B. VwGH 23.2.2017, Ro 2014/07/0029; zu § 8 VwGVG VwGH 20.3.2018, Ro 2017/03/0033; zu Arbeitsplatzbewertungen und zur Heranziehung von Mitarbeitern der zuständigen Fachabteilung des Bundeskanzleramtes, die auf Grund ihrer Ausbildung als Amtssachverständige für Bewertungsfragen im Sinne des § 52 AVG in Betracht kommen VwGH 2.7.2009, 2006/12/0026; vgl. im Übrigen zu Konstellationen, in denen ausnahmsweise ein nichtamtlicher Sachverständiger in Arbeitsplatzbewertungsverfahren beizuziehen ist VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0034; 14.10.2013, 2012/12/0148). 13 Weiters ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Überlastung einer Behörde oder eines Amtssachverständigen grundsätzlich nicht geeignet ist, als unüberwindliches Ereignis, das einer behördlichen Entscheidung entgegen steht, akzeptiert zu werden (vgl. des Näheren VwGH 20.3.2018, Ro 2017/03/0033, mwN). 14 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich somit die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts, die Behörde treffe allein in Anbetracht des von ihr zügig in Auftrag gegebenen Gutachtens kein überwiegendes Verschulden an der eingetretenen Säumnis, als unrichtig.
15 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
16 Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. April 2019
Schlagworte
AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120043.L00Im RIS seit
19.07.2019Zuletzt aktualisiert am
19.07.2019