Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
?
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des DI M F in E, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 4. April 2018, Zl. LVwG-AV-1375/001-2017, betreffend Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Leiter der Expositur der Landwirtschaftlichen Fachschule M in P in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. 2 Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. 3 Die Behörde holte neben zwei internistischen Fachgutachten (vom 5. April 2017 sowie vom 1. August 2017) ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 30. Mai 2017 ein, in welchem zusammengefasst festgehalten wurde, dass eine dauerhafte Dienstunfähigkeit nicht bestehe. Der Revisionswerber, welcher einen weitgehend unauffälligen neurologischen Status aufweise, sei in der Lage, seinen Dienst zu versehen.
4 Mit Bescheid vom 11. Oktober 2017 wies die Dienstbehörde den Antrag vom 7. Februar 2017 gemäß § 12 Land- und forstwirtschaftliches Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LLDG 1985), BGBl. Nr. 296/1985, ab. Dabei stützte sich die Behörde auf die Ergebnisse der von ihr eingeholten (wie erwähnt: auch internistischen) fachärztlichen Gutachten, die eine aufrechte Dienstfähigkeit des Revisionswerbers bescheinigten. 5 Der Revisionswerber erhob Beschwerde und führte unter Berufung auf einen "vorläufigen Entlassungsbefund" vom 16. Oktober 2017 aus, es sei seit der letzten Kontrolluntersuchung durch den Sachverständigen keine Verbesserung seines Gesundheitszustandes eingetreten. Anlässlich eines Rehabilitationsaufenthaltes vom 19. September bis 17. Oktober 2017 sei es vielmehr wieder zu einem Auftreten des Vorhofflimmerns gekommen. Obwohl er nach den Behandlungen den Dienst immer sofort wieder angetreten habe, sei die Leitungsverantwortung an einer Schule bei wiederholt auftretenden Krankenständen nicht optimal wahrzunehmen.
6 Das Landesverwaltungsgericht holte ein ergänzendes Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin ein, brachte dieses dem Revisionswerber vorab zur Kenntnis und führte eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Sachverständigen durch. 7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.
8 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber leide darunter, dass der Standort der Landwirtschaftlichen Schule in P, deren Leiter er sei, aufgelassen und in die Landwirtschaftliche Fachschule M integriert werden solle. Seine Gedanken kreisten um dieses Thema und um damit verbundene Fragestellungen. Die vom Facharzt für Innere Medizin angeführten Erkrankungen seien gut behandelbar und es werde eine solche Behandlung auch durchgeführt. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Revisionswerbers aufgrund der diagnostizierten internistischen Erkrankungen sei nicht gegeben. Nach den Ausführungen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie leide der Revisionswerber an einer subdepressiven Anpassungsstörung. Es bestehe eine leichte "Deprimiertheit", jedoch keine pathologische Nachdenklichkeit. Die behaupteten Sorgen um den Arbeitsplatz bestünden, hätten jedoch keine krankhaften Auswirkungen. Weiters hielt das Gericht fest, der Revisionswerber habe im gesamten Verfahren aus eigenem keinerlei psychiatrische Befunde oder Gutachten vorgelegt, und zwar insbesondere auch nicht hinsichtlich einer etwaigen Verschlechterung seiner psychischen Verfassung. Ein diesbezügliches Vorbringen sei auch in der Beschwerde nicht erstattet worden. Die Krankenhausaufenthalte und die dadurch verursachten Krankenstände seien auf die Behandlung seines Herzleidens (Vorhofflimmern) zurückzuführen. Es sei sohin an dem im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 30. Mai 2017 beurteilten Gesundheitszustand keine wesentliche, andauernde Veränderung eingetreten. Von der neuerlichen Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens sei daher abgesehen worden.
9 In rechtlicher Hinsicht hielt das Gericht zusammengefasst fest, es seien bislang keine Störungen im Dienstbetrieb auf Grund von Erkrankungen des Revisionswerbers eingetreten. Die wegen der Behandlung des Vorhofflimmerns erforderlichen Krankenhausaufenthalte verursachten zwar Krankenstände, jedoch werde deren Anzahl aufgrund der vom internistischen Sachverständigen erstellten positiven Prognose in Zukunft abnehmen. Aus den vorliegenden medizinischen Gutachten erschließe sich, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorlägen, die bei Ausübung der dienstlichen Aufgaben des Revisionswerbers zu relevanten Einschränkungen führten.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, der Verwaltungsgerichtshof möge aus diesen Gründen in der Sache selbst entscheiden, in eventu das angefochtene Erkenntnis aufheben.
11 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich habe rechtswidriger Weise von der Einholung eines ausdrücklich beantragten ergänzenden neurologisch-psychiatrischen Gutachtens abgesehen, obwohl sich der in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beigezogene internistische Sachverständige für die Einholung eines solchen Fachgutachtens ausgesprochen habe. Das zuletzt aus dem Fachgebiet der Psychiatrie erstellte Gutachten datiere aus dem Frühjahr 2017 und sei daher schon aus diesem Grund durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einer Aktualisierung zu unterziehen gewesen. Da ein ergänzendes neurologisch-psychiatrisches Gutachten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht eingeholt worden sei, seien tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt worden.
12 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet. Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Wenn sich die Revision auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels beruft, weil das Gericht dem Antrag auf Einholung eines ergänzenden neurologisch-psychiatrischen Gutachtens nicht entsprochen habe, gelingt es ihr eine Rechtsfrage im Verständnis des Art. 133 Abs. 4 B-VG schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil es der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung an der erforderlichen Relevanzdarstellung fehlt (vgl. betreffend die bei Behauptung eines Verfahrensmangels für das Aufzeigen einer Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG vorzunehmende Relevanzdarstellung VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0065). Schon im Hinblick auf diesen Umstand erweist sich die Revision als unzulässig. Darüber hinaus ist Folgendes festzuhalten:
15 Beweisanträgen ist grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung durch das Gericht grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 10.12.2018, Ra 2018/12/0058).
16 Dass dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein derart gravierender Verfahrensfehler unterlaufen wäre, legt die Zulässigkeitsbegründung nicht dar. Das Verwaltungsgericht ging nämlich unter Zugrundelegung nicht unvertretbarer beweiswürdigender Überlegungen, denen die Revision im Übrigen nicht substantiiert entgegen tritt, davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Revisionswerbers seit der zuletzt im Mai 2017 erfolgten Begutachtung durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie nicht maßgeblich verschlechtert habe. Aus diesem Grund hat es dem Antrag auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens nicht entsprochen.
17 Was im Übrigen die vom Revisionswerber grundsätzlich in Abrede gestellte aktuelle Aussagekräftigkeit des Gutachtens vom 30. Mai 2017 anbelangt, ist im Lichte der Zulässigkeitsbegründung nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht in der vorliegenden Verfahrenskonstellation durch die Heranziehung des Gutachtens vom 30. Mai 2017 allein in Anbetracht des (zum Zeitpunkt seiner Entscheidung seit Gutachtenserstellung) verstrichenen Zeitraums von ca. zehn Monaten tragende Verfahrensgrundsätze verkannt hätte. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm (wie oben dargelegt: ausgehend von seinen Feststellungen zu einer weitgehend konstanten psychischen Verfassung des Revisionswerbers) von einer Aktualisierung dieses Gutachtens in vertretbarer Auslegung der ihm obliegenden Ermittlungspflichten Abstand (siehe zur ausreichenden Aktualität eines zu einem bereits länger zurückliegenden Zeitpunkt erstellten Gutachtens VwGH 5.9.2018, Ra 2017/12/0121, mwN). Ob die genannte Vorgangsweise des Verwaltungsgerichts verfahrensrechtlich in jeder Hinsicht richtig war, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage dar.
18 Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120033.L00Im RIS seit
19.07.2019Zuletzt aktualisiert am
19.07.2019