TE Vwgh Beschluss 2019/5/2 Ra 2019/18/0146

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Veröffentlicht am 02.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des B H, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. August 2018, Zl. G306 2197188- 1/5E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist irakischer Staatsangehöriger, stammt aus Bagdad und gehört der sunnitischen Religionsgemeinschaft an. Er stellte am 10. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, er sei im Irak von einer schiitischen Miliz bedroht worden.

2 Mit Bescheid vom 24. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), welches das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers als nicht glaubhaft erachtete, mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 12. März 2019, E 3318/2018-7, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 28. März 2019, E 3318/2018-10, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. 5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, das BVwG habe die Beweiswürdigung in unvertretbarer Weise vorgenommen, weil es zum Ergebnis hätte gelangen müssen, dass dem Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr in den Irak die Verfolgung durch eine schiitische Miliz drohe und es keine Hilfe von irakischen Sicherheitskräften gebe. Das BVwG habe verkannt, dass bei einer Wahrunterstellung vom gesamten Vorbringen auszugehen gewesen sei. Des Weiteren hätte das BVwG eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, weil dadurch vermeintliche Widersprüche des Fluchtvorbringens hätten geklärt werden können. Ebenso sei die Integration des Revisionswerbers seit seiner letzten Einvernahme vor dem BFA vor allem in Anbetracht seiner verbesserten Deutschkenntnisse und seiner Tätigkeiten in der Kirche intensiviert worden. Das Erkenntnis des BVwG weise somit nicht die gebotene Aktualität auf. Ferner sei der Revisionswerber der Beweiswürdigung des BFA in seiner Beschwerde substantiiert entgegengetreten. Die Behörde habe die finanzielle Situation seiner Verwandten nicht überprüft, was auch in der Beschwerde kritisiert worden sei.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 14.3.2019, Ra 2018/18/0441, mwN).

10 Das BVwG kam im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu erachtenden Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, der Revisionswerber habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Der Zulässigkeitsbegründung gelingt es nicht, eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlerhaftigkeit dieser Beweiswürdigung darzulegen. Auf die vom BVwG darüber hinaus hilfsweise herangezogenen Überlegungen betreffend weitere in Betracht zu ziehende Umstände, die das Fluchtvorbringen "bei Wahrunterstellung" ebenfalls als nicht plausibel erscheinen ließen, kommt es daher im Revisionsfall nicht an.

11 Der Revisionswerber zeigt auch nicht auf, dass das BVwG unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 7 BFA-VG und die dazu ergangene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018) eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen. Die Revision führt zwar zutreffend aus, dass ein Absehen von der mündlichen Verhandlung unter anderem voraussetzt, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt in Bezug auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Sie vermag aber nicht darzulegen, dass diesem Erfordernis im gegenständlichen Fall nicht entsprochen worden wäre, zumal zwischen der Erlassung des Bescheides des BFA und des Erkenntnisses des BVwG lediglich etwas mehr als drei Monate lagen; dies gilt auch für die fallbezogen im Rahmen der Interessenabwägung im Sinn von Art. 8 EMRK zu berücksichtigenden Gesichtspunkte, hinsichtlich derer ein Fehlen der gebotenen Aktualität ebenso wenig zu erkennen ist. Schließlich ist nicht ersichtlich, inwiefern der Revisionswerber der Beweiswürdigung des BFA in seiner Beschwerde substantiiert entgegen getreten wäre. Die Behörde ging u.a. davon aus, dass der Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr in den Irak auch alleine im Stande wäre, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aspekten der finanziellen Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Familie des Revisionswerbers kam daher im Hinblick auf die tragende Begründung des Bescheides vom 24. April 2018 bei Beurteilung des vorliegenden Antrages auf internationalen Schutz und der in § 21 Abs. 7 BFA-VG normierten Voraussetzungen ohnehin keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

12 Da die Revision somit keine Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180146.L00

Im RIS seit

05.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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