TE Vwgh Beschluss 2019/5/9 Ra 2019/17/0016

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Veröffentlicht am 09.05.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §19 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des G J in R, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 30. November 2018, LVwG- 1-637/2017-R14, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 7. September 2017 wurde der Revisionswerber einer Übertretung nach § 50 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 10.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er bei einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz den Organen der Abgabenbehörde durch das Versperren und das nicht sofortige Öffnen der Zugangstüre den Zutritt zu der Betriebsstätte und zu den Betriebsräumen nicht ermöglicht habe. Dadurch sei eine umfassende Überprüfung nicht ermöglicht worden.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) mit der Maßgabe der Umformulierung der Tatumschreibung dahingehend ab, dass der Revisionswerber "durch das Versperrt-Halten der Zugangstüre für ca 45 Minuten und das nicht sofortige Öffnen der Zugangstüre den Zutritt zu der Betriebsstätte und zu den Betriebsräumen nicht ermöglicht" habe. Im Übrigen blieb der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses unverändert. Weiters schrieb das LVwG dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Gemäß § 50 Abs. 4 GSpG sind die Behörden gemäß § 50 Abs. 1 (die Bezirksverwaltungsbehörden bzw. die Landespolizeidirektion) und die in § 50 Abs. 2 und 3 GSpG genannten Organe (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden) zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetz erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem Glücksspielgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

8 Eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG dient demnach grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und nicht nur der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des Glücksspielgesetz und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl. zu all dem etwa VwGH 30.8.2018, Ra 2017/17/0831, oder auch 20.9.2018, Ra 2017/17/0809, jeweils mwN).

9 Die vom Revisionswerber behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des Glücksspielgesetz, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG. Mit seinen unionsrechtlichen Ausführungen vermag der Revisionswerber daher keine Rechtsfrage aufzuzeigen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. dazu z.B. nochmals VwGH 30.8.2018, Ra 2017/17/0831 bzw. 20.9.2018, Ra 2017/17/0809, mwN). 10 Der Revisionswerber rügt in der Zulässigkeitsbegründung der Revision überdies, das LVwG habe eine qualitative Reduktion des Tatvorwurfes vorgenommen und die Strafe dennoch nicht herabgesetzt, weshalb ein Verstoß gegen das Verbot der "reformatio in peius" vorliege. Dem ist entgegenzuhalten, dass gegenständlich eine qualitative Reduktion des Tatvorwurfes durch das LVwG nicht vorliegt: Sowohl im Straferkenntnis der belangten Behörde als auch mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG einen Verstoß gegen die Duldungs- und Mitwirkungspflicht des § 50 Abs. 4 GSpG begangen zu haben, indem er zum näher bezeichneten Tatzeitpunkt eine umfassende Überprüfung durch Organe der Abgabenbehörde durch Nichtgewährung des Zutritts zu den Betriebsräumen nicht ermöglicht habe. Die Neufassung des vorletzten Teilsatzes der Tatumschreibung der belangten Behörde durch das LVwG diente dabei, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zweifelsfrei ergibt, lediglich der näheren Beschreibung der Umstände, unter welchen der Revisionswerber den Kontrollorganen den Zutritt zu den Betriebsräumen verunmöglichte (vgl. hierzu auch jüngst VwGH 27.2.2019, Ra 2018/17/0181, mwN, und weiters auch VwGH 21.11.2018, Ra 2018/09/0176). Das LVwG hat daher vorliegend lediglich eine Spruchmodifizierung vorgenommen; der eigentliche Tatvorwurf blieb demgegenüber unverändert. Ein Verstoß gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der "reformatio in peius" liegt nicht vor.

11 Hinsichtlich des weiteren Zulässigkeitsvorbringens, die vom Verwaltungsgericht verhängte Strafe sei nicht vertretbar, ist schließlich festzuhalten, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. z.B. VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0161, mwN). 12 Nach § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im für den Revisionsfall maßgeblichen ordentlichen Verfahren sind § 19 Abs. 2 VStG zufolge überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Entscheidend für die Beurteilung des Unrechtsgehalts der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG ist nicht die abstrakte Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts - diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens - sondern das Ausmaß, in dem dieses Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (vgl. nochmals VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0161, mwN).

13 Den genannten Anforderungen ist das LVwG im vorliegenden Fall nachgekommen: Bei einer Übertretung des § 50 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG ist eine Geldstrafe mit bis zu EUR 22.000,-- zu verhängen. Dieser Strafrahmen wurde im vorliegenden Fall nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft. Die Schwere der Tat wurde ausreichend individuell begründet. Es lag ein erhebliches Verschulden des Revisionswerbers vor, und die Gründe dafür wurden im Erkenntnis detailliert ausgeführt, weswegen die Verhängung einer Strafe in der Höhe von EUR 10.000,-- trotz ungünstiger persönlicher Verhältnisse nachvollziehbar dargelegt worden ist, zumal auch die spezial- und generalpräventiven Gründe sehr genau ausgeführt worden sind. Das Verwaltungsgericht hat daher fallbezogen die für die Überprüfung der Ermessensausübung maßgeblichen Gründe ausreichend dargelegt. Unter diesem Gesichtspunkt vermag die Revision eine Unvertretbarkeit der verhängten Strafe nicht aufzuzeigen.

14 Auch sonst werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 9. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170016.L00

Im RIS seit

13.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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