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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §63Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der E s.r.o., vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichte s Oberösterreich vom 17. Juli 2018, LVwG-412343/15/Gf/Mu, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 7. August 2017 ordnete die Landespolizeidirektion Oberösterreich gegenüber der revisionswerbenden Partei die Beschlagnahme von näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) an.
2 Mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) der von der revisionswerbenden Partei gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde statt und hob den Bescheid gemäß § 50 VwGVG auf. 3 Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis nach Revision des Bundesministers für Finanzen mit Erkenntnis vom 21. Juni 2018, Ra 2018/17/0018, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf und führte aus, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes ausgehend von den Verfahrensergebnissen nicht zu erkennen sei. Außerdem sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass das LVwG im vorliegenden Fall ohne Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen davon keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe und somit das Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die gegen den Beschlagnahmebescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei - erneut ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ab (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.).
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die Revision erweist sich bereits hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das LVwG habe entgegen näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Feststellungen zum Spielablauf der in Rede stehenden Geräte getroffen, als zulässig und auch als begründet.
7 Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG ist nur dann zulässig, wenn ein ausreichend substantiierter Verdacht vorliegt, dass mit Glücksspielgeräten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt oder wiederholt gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.
8 Wenngleich im Zeitpunkt der Beschlagnahme das Vorliegen eines Glücksspiels noch nicht im Einzelnen nachgewiesen sein muss, erfordert die Überprüfung eines Beschlagnahmebescheids jedenfalls Feststellungen über die Art des Spiels, weil ansonsten eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nicht möglich ist. Hiezu ist die ansatzweise Darstellung des Spielablaufes erforderlich (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0180, mwN).
9 Die Revision ist mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Recht, dass das LVwG im Revisionsfall keine wie immer gearteten Feststellungen zum Spielablauf der beschlagnahmten Geräte getroffen hat. Das angefochtene Erkenntnis erschöpft sich in weitwendigen Ausführungen zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, enthält jedoch bezogen auf die konkret beschlagnahmten Geräte einzig in der Darstellung des Verfahrens der belangten Behörde die Aussage, im Zuge der durchgeführten glücksspielrechtlichen Kontrolle seien "sieben dort ohne erforderliche behördliche Konzession betriebsbereit aufgestellte Geräte, hinsichtlich deren ein Verdacht dahin entstanden war, dass damit nach entsprechender Geldeingabe unterschiedliche Spiele, die als Glücksspiele (virtuelle Walzenspiele) zu qualifizieren seien, durchgeführt werden können, vorläufig in Beschlag genommen" worden. Diese Ausführungen ersetzen, wie die revisionswerbende Partei in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend aufzeigt, nicht die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest ansatzweise erforderliche Darstellung des Spielablaufes der Geräte (vgl. nochmals VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0180, mwN.) 10 Das LVwG hat bereits in dieser Rechtsfrage die Rechtslage verkannt und das angefochtene Erkenntnis damit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass hinsichtlich der Frage der Glücksspieleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Geräte im Zusammenhang mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 2018, Ra 2018/17/0018, keine Bindungswirkung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG besteht, da eine Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes nur in den Fragen besteht, zu denen sich dieser bereits geäußert hat. Da es das LVwG aufgrund seiner diesbezüglich offenkundig zugrundegelegten unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, entsprechende Feststellungen zum Spielablauf der Geräte zu treffen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor (vgl. hierzu wiederum VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0180, mwN).
11 Die Revision rügt in ihren Zulässigkeitsgründen auch die neuerliche Unterlassung der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.
12 Der Verwaltungsgerichthof hat für die vorliegende Rechtssache im Erkenntnis vom 21. Juni 2018, Ra 2018/17/0018, bereits ausgesprochen, dass das LVwG im ersten Rechtsgang rechtswidrigerweise ohne Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung von deren Durchführung abgesehen hat. Dass sich die relevante Sach- bzw. Rechtslage in Bezug auf das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes geändert hätte, sodass diesbezüglich keine Bindungswirkung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bestünde (vgl. erneut VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0180), ergibt sich aus den Ausführungen des LVwG im angefochtenen Erkenntnis nicht und ist nach Lage des Falles auch nicht ersichtlich.
13 Indem das LVwG entgegen der Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes erneut die Durchführung einer Verhandlung ohne Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen davon unterlassen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis auch insoweit mit Rechtswidrigkeit belastet.
14 Das angefochtene Erkenntnis war somit bereits aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war. 15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 9. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170177.L00Im RIS seit
12.08.2019Zuletzt aktualisiert am
12.08.2019