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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §3Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/14/0191Ra 2018/14/0192Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, in den Revisionssachen des 1. A B, der 2. C D, des 3. E F, alle in G, alle vertreten durch Dr. Michael Drexel, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schörgelgasse 68f/11, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 5. September 2018, 1) W123 2160149-1/9E, 2) W123 2160154-1/10E und
3) W123 2160153-1/6E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
I. Die Revisionen werden, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerden betreffend die Versagung der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten richten, zurückgewiesen.
II. Im Übrigen werden die Revisionen als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.
Der Bund hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40, somit insgesamt EUR 3.319,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerber sind Staatsangehörige Afghanistans. Die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber sind miteinander verheiratet und die Eltern des minderjährigen Drittrevisionswerbers.
2 Die Revisionswerber stellten am 3. Oktober 2015 Anträge auf internationalen Schutz und brachten zu den Fluchtgründen vor, dass sie als Sikhs aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit belästigt worden und durch Drohungen mehrfach dazu gedrängt worden seien, zum muslimischen Glauben zu wechseln.
3 Mit den Bescheiden vom 11. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten ab. Die Behörde erteilte den Revisionswerbern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen vom 5. September 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Die vorliegenden außerordentlichen Revisionen machen zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend, dass die Begründung der Erkenntnisse unschlüssig und schablonenhaft sei. Die Revisionen seien "wegen der Klärung des Begriffs der Verfolgungsprognose gerechtfertigt". Es stellte sich die Rechtsfrage, ob bei der "derzeitigen Ländersituation" nicht schon die Gefahr von irreparablen Folgen genüge, um die Überlebensprognose der Revisionswerber als derartig gering einzuschätzen, dass die von den Revisionswerbern gestellten Anträge jedenfalls gerechtfertigt seien.
6 Gegen diese Erkenntnisse hatten die Revisionswerber auch beim Verfassungsgerichtshof Beschwerden eingebracht. Darüber entschied der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Februar 2019, E 4076-4080/2018-20, dass die Revisionswerber durch die angefochtenen Erkenntnisse, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, sowie gegen die rechtlich davon abhängenden Aussprüche abgewiesen wurden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden seien. Unter einem hob der Verfassungsgerichtshof die Erkenntnisse des BVwG insoweit auf. 7 Im Übrigen - somit hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab.
Ad I.:
8 Die somit nur noch in diesem Punkt vom Verwaltungsgerichtshof zu behandelnden außerordentlichen Revisionen (siehe unten II.) erweisen sich jedoch als nicht zulässig.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 12 Nach ständiger Rechtsprechung ist in den gesondert darzustellenden Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 30.4.2018, Ra 2018/01/0173, 9.2.2018, Ra 2017/20/0344, mwN). Den Revisionen gelingt es mit ihrem pauschalen Vorbringen in Bezug auf die hier noch maßgeblichen Aussprüche nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.
13 Soweit die Revisionen sich gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wenden, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.11.2018, Ra 2018/14/0166, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermögen die Revisionswerber nicht aufzuzeigen.
14 Ad II.
15 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. 16 Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt (u.a.) dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. etwa VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0004). Der Vertreter der Revisionswerber - diesem wurde vom Verwaltungsgerichtshof Gelegenheit gegeben, sich zu äußern - gab zur Frage der Klaglosstellung keine Stellungnahme ab.
17 Die Revisionen waren daher in Anwendung der genannten Bestimmung des VwGG im von der Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse durch den Verfassungsgerichtshof erfassten Umfang als gegenstandslos geworden zu erklären und die Verfahren einzustellen.
18 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf dessen § 55 iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140190.L00Im RIS seit
26.08.2019Zuletzt aktualisiert am
26.08.2019