TE Vwgh Beschluss 2019/5/13 Ra 2018/18/0506

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Veröffentlicht am 13.05.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z23
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des A H T alias H A, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 2018, Zl. L516 2133322- 3/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 25. April 2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, er habe in seinem Herkunftsort eine Verfolgung durch die Taliban befürchtet. Deshalb sei er nach Peshawar und später nach Quetta gezogen, wobei auch dort die Lage sehr schlecht gewesen sei.

2 Dieser Antrag wurde im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 10. Jänner 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

3 Am 17. November 2017 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag. In diesem brachte er zusammengefasst vor, es habe am 24. Oktober 2013 in Quetta eine "Schießerei" mit mehreren Toten gegeben. Er werde seither von der Polizei als Verdächtiger gesucht, was er jedoch erst im Zuge eines Telefonats mit einem Freund am 20. August 2017 erfahren habe. Zur Untermauerung seines Vorbringens legte der Revisionswerber ein mit 24. Oktober 2013 datiertes Schreiben einer pakistanischen Polizeibehörde vor.

4 Mit Bescheid vom 17. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Folgeantrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurück, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und hielt fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. 5 Mit Beschluss des BVwG vom 21. Februar 2018 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der Bescheid vom 17. Jänner 2018 aufgehoben. Begründend führte das BVwG dazu aus, das BFA habe es unterlassen, das im Folgeantrag erstattete Vorbringen auf das Bestehen eines glaubhaften Kerns zu prüfen. Die Behörde habe nicht dargelegt, ob sie das vom Revisionswerber vorgelegte Schreiben für echt und authentisch halte.

6 Mit Eingabe vom 14. Juni 2018 machte der Revisionswerber geltend, der verfahrensführende Referent des BFA sei befangen, weil er im ersten Verfahrensgang eine auf aktenwidrige Annahmen gegründete Beweiswürdigung vorgenommen und nur eine 24- stündige Frist für eine Stellungnahme zu den Länderberichten eingeräumt habe.

7 Mit Bescheid vom 20. Juli 2018 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz vom 17. November 2017 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurück.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig. 9 Das BVwG teilte die Rechtsansicht des BFA, wonach entschiedene Sache vorliege. Das Vorbringen im Folgeantrag, wonach der Revisionswerber von der Polizei seit 24. Oktober 2013 gesucht werde, weise keinen glaubhaften Kern auf. Das BFA habe aus näher dargestellten Gründen schlüssig dargelegt, warum es das vorgelegte Schreiben vom 24. Oktober 2013 sowie das vom Revisionswerber ebenfalls übermittelte YouTube-Video für eine Fälschung halte. Weiters sei der verfahrensführende Referent des BFA allein aufgrund der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Umstände nicht als befangen anzusehen.

10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend macht, über den Befangenheitsantrag sei ein Vorgesetzter des verfahrensleitenden Referenten des BFA nachweislich in Kenntnis zu setzen gewesen; der Vorgesetzte habe sodann über die Befangenheit des Referenten entscheiden müssen. Das BVwG, das zwar die polizeiliche Verfolgung als neues Vorbringen beurteilt habe, sei in weiterer Folge zu Unrecht vom Vorliegen von "res iudicata" ausgegangen. Im Übrigen seien durch das BVwG sowohl die Verhandlungspflicht als auch das Parteiengehör verletzt worden.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Zunächst ist festzuhalten, dass der Revisionswerber seinen Folgeantrag auf einen Vorfall vom 24. Oktober 2013, und somit auf Tatsachen stützte, die bereits zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über seinen ersten Asylantrag mit Erkenntnis des BVwG vom 10. Jänner 2017 vorlagen. Somit war der Folgeantrag, weil es schon aus diesem Grund an einem maßgeblich geänderten Sachverhalt im Sinn der zu § 68 Abs. 1 AVG ergangenen Rechtsprechung fehlte, als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 3.4.2019, Ra 2019/20/0104; VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010, mwN).

15 Darüber hinaus gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, weshalb das fallbezogen in Bindung (vgl. VwGH 2.5.2018, Ra 2017/18/0433) an den gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG ergangenen Beschluss des BVwG zu prüfende Vorliegen eines glaubhaften Kerns des Fluchtvorbringens durch das BFA bzw. das BVwG auf Basis einer als unvertretbar zu qualifizierenden Beweiswürdigung verneint worden wäre. Wenn die Verletzung des Parteiengehörs im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht wird, ist somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ersichtlich.

16 Ferner legt die Zulässigkeitsbegründung nicht dar, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG geboten gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers durfte das BVwG, das im Rahmen einer am Prüfkalkül des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstandenden (einzelfallbezogenen) Beurteilung eine Befangenheit des den Bescheid erlassenden Referenten des BFA verneinte, vom Vorliegen eines durch das BFA ordnungsgemäß geführten Ermittlungsverfahrens ausgehen (vgl. zur Aufhebung der in einem vorangegangenen Verfahren erlassenen Entscheidung, durch die eine Befangenheit des jeweils tätig gewordenen Organwalters im fortzusetzenden Verfahren nicht begründet wird VwGH 30.6.2015, Ro 2015/03/0021, mwN). 17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018180506.L00

Im RIS seit

05.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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