TE Vwgh Beschluss 2019/5/20 Ra 2019/20/0071

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Veröffentlicht am 20.05.2019
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Index

E3L E19103010
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG §133 Abs4
FlKonv Art1 AbschnA Z2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
32011L0095 Status-RL Art9 Abs3

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision der N V in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Andreas Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwarzenbergstraße 1-3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2018, Zl. W196 2194971-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist ukrainische Staatsangehörige und stellte am 30. November 2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte sie zusammengefasst aus, die Ukraine aufgrund des Krieges verlassen zu haben. Sie sei auch von einem ukrainischen Soldaten vergewaltigt und mit dem Tod bedroht worden, weil sie Russisch spreche.

2 Mit Bescheid vom 10. April 2018 idF des Berichtigungsbescheides vom 20. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Revisionswerberin eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Ukraine zulässig sei und sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, sowie dass einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2018 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der Zulassungsbegründung wird vorgebracht, es fehle eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob auch Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK sein könne, wer innerhalb seines Heimatstaates einer Verfolgung durch seine eigenen "Mit-Staatsangehörigen" ausgesetzt sei. Des Weiteren habe sich das BVwG über die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinweggesetzt, weil die Revisionswerberin ausreichend dargetan und behauptet habe, dass ihr in ihrer Heimat Verfolgung aufgrund der Rasse, Religion und Nationalität drohe, dass in ihrer Heimat bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten und eine Gefährdung der Revisionswerberin vorliege, die über die gleichermaßen die anderen Staatsangehörigen treffenden Unbilligkeiten hinausgehe. Zudem habe das BVwG nicht im Sinne der Rechtsprechung ermittelt, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative gerade hier nicht bestehe.

9 Dem ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zukommt, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0177- 0180, mwN). Es besteht daher entgegen den Revisionsausführungen Rechtsprechung zur Asylrelevanz von Verfolgungsmaßnahmen durch Privatpersonen. Der Zulassungsbegründung lässt sich nicht entnehmen, inwiefern das BVwG - das dem Verfolgungsvorbringen der Revisionswerberin insgesamt keinen Glauben geschenkt hat - diese Frage im konkreten Verfahren falsch gelöst habe.

10 Sofern die Revisionswerberin ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung behauptet, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 11.2.2019, Ra 2019/20/0031- 0034, mwN). Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, da - obwohl ein mehrfaches Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird - nicht dargelegt wird, worin konkret die Abweichungen bestünden.

11 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 11.2.2019, Ra 2019/20/0009, mwN). Sofern die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung daher vorbringt, das BVwG habe nicht im Sinne der Rechtsprechung ermittelt, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe, und dazu lediglich die hg. Erkenntnisse vom 8.9.1999, 99/01/0126, und vom 16.2.2000, 99/01/0149, zitiert, wird dadurch die erforderliche Relevanz nicht dargelegt.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung - zurückzuweisen.

Wien, am 20. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200071.L00

Im RIS seit

24.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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