TE Vwgh Beschluss 2019/5/20 Ra 2019/20/0061

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Veröffentlicht am 20.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG §133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des M A in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Kinner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Opernring 9/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Jänner 2019, Zl. W105 2152585-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 6. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu brachte er vor, sein Vater habe infolge Grundstücksstreitigkeiten den Bruder des Stammesältesten seines Heimatdorfes getötet, weshalb er von dem Stammesältesten verfolgt worden sei. In Afghanistan drohe dem Revisionswerber als schiitischen Hazara der Tod.

2 Mit Bescheid vom 21. März 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte eine zweiwöchige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0028, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht dargelegt. Das BVwG hat sich nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen auseinandergesetzt und ist in einer nicht als unschlüssig zu bezeichnenden Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, das Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubwürdig.

8 Wenn die Revision weiters rügt, das BVwG habe keine konkreten Feststellungen zur Situation des Revisionswerbers "als Sohn, dessen Vater den Bruder des Stammesältesten getötet habe" bzw. überhaupt keine Feststellungen zu den Fragen getroffen habe, mit welcher Häufigkeit Verfolgungen durch Clans auch noch Jahre nach der Tat stattfinden könnten, welcher Mittel sich Clans hierbei bedienen würden und ob der Revisionswerber staatliche Hilfe erwarten könne, so ist dem zu entgegnen, dass das BVwG bereits das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers für unglaubwürdig befunden hat. Entfernt sich die Revision aber von den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, ist sie insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/20/0090, mwN).

9 Werden Verfahrensmängel - wie hier hinsichtlich der mangelnden Aktualität der Berichte über die Lage im Herkunftsstaat und der Nichtberücksichtigung der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225, mwN). Dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung lässt sich keine Relevanzdarstellung im Sinn der zitierten Rechtsprechung entnehmen.

10 Entgegen dem Revisionsvorbringen setzte sich das BVwG mit den Richtlinien des UNHCR vom 30. August 2018 auseinander und traf konkrete, sowohl die persönliche Situation des Revisionswerbers als auch die allgemeine Lage (Sicherheits- und Versorgungslage) im Herkunftsstaat betreffende Feststellungen. Das BVwG befasste sich auch mit der Situation der schiitischen Hazara und der Frage einer drohenden Verfolgung aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit des Revisionswerbers und kam - gestützt auf die anhand der Länderberichte getroffenen Feststellungen und die Rechtsprechung des EGMR - zum Ergebnis, dass nicht von einer Gruppenverfolgung ausgegangen werden könne und dem Revisionswerber bei einer Rückkehr keine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Dass sich das BVwG hierbei von den Leitlinien der Judikatur entfernt habe, vermag die Revision nicht darzulegen (vgl. etwa zuletzt VwGH vom 28.3.2019, Ra 2018/14/0428, mwN). 11 Insoweit sich der Revisionswerber gegen die Erlassung der Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0028, mwN). Eine diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200061.L00

Im RIS seit

24.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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