TE Vwgh Beschluss 2019/5/21 Ra 2018/19/0538

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Veröffentlicht am 21.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A R, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. August 2018, W172 2139668-1/39E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 27. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er habe Afghanistan im Alter von zwölf Jahren verlassen, um im Iran zu arbeiten, und habe wegen der Sicherheitslage und wegen drohender Verfolgung durch die Taliban nicht zurückkehren können. Im Laufe des Verfahrens brachte er auch vor, er sei von unbekannten Männer geschlagen und mit dem Tod bedroht worden, weil er ihnen die Adresse eines Polizisten nicht genannt habe. Er habe auch Angst gehabt, weil die Taliban das Trinkwasser in der Schule vergiftet hätten.

2 Mit Bescheid vom 19. Juli 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Anforderungen an Sachverständigengutachten abgewichen. Auch seien die für die Länderfeststellungen verwendeten Länderberichte veraltet; das BVwG hätte vielmehr die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Richtlinien des UNHCR heranziehen müssen. Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative weise einen Begründungsmangel auf, da ausreichende Feststellungen dazu fehlten.

8 Insoweit sich die Revision gegen die Heranziehung der Ausführungen des Sachverständigen wendet, hängt die Entscheidung über die Revision von der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Rechtsfrage nicht ab. Das BVwG hat nämlich auch - in nicht unvertretbarer Weise - das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers insgesamt als nicht glaubwürdig beurteilt, weil dieser sein Fluchtvorbringen im Laufe des Verfahrens geändert und gesteigert habe. Diesen für sich tragenden Ausführungen tritt die Revision nicht entgegen (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei einer tragfähigen Alternativbegründung VwGH 26.3.2019, Ra 2019/19/0034, mwN).

9 Insoweit die Revision behauptet, das BVwG habe in Zusammenhang mit der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul die im Entscheidungszeitpunkt aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 nicht berücksichtigt, macht sie einen Verfahrensfehler geltend.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann in Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0336, mwN).

11 Eine solche Relevanz kann die Revision mit der Behauptung, das BVwG hätte angesichts des Inhalts der genannten UNHCR-Richtlinien von der Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul ausgehen müssen, nicht darlegen. Die Einschätzung des BVwG, der Revisionswerber als gesunder, arbeitsfähiger, junger Mann mit Schulbildung und Arbeitserfahrung finde in Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, ist - in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Erkenntnisses - im Hinblick auf die insoweit einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0277, mwN).

12 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird auch mit dem Vorbringen, es fehlten Feststellungen zur Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan, zumal das BVwG dieser Beurteilung - wenn auch disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - nähere Feststellungen zu den persönlichen Umständen des Revisionswerbers zu Grunde gelegt hat.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 21. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190538.L00

Im RIS seit

23.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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