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34 MonopoleNorm
GSpG 1989 §53Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der U s.r.o. in B, vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Julia Eckhart in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 28. November 2018, E 018/07/2017.083/008, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart wurden gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) sechs Glücksspielgeräte, drei "Multi Grafik-Fernsteuerungen" sowie ein Stiftschlüssel mit näherer Begründung "gemäß § 52 Abs. 2 Glücksspielgesetz vorläufig" beschlagnahmt.
2 Die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Wortfolge "gemäß § 52 Abs. 2 Glücksspielgesetz vorläufig" entfällt. Das LVwG traf nähere Feststellungen (u.a. zur Beurteilung des Vorliegens eines Verdachtes gemäß § 53 GSpG sowie zur Glücksspielsituation in Österreich), erläuterte seine Beweiswürdigung und würdigte den festgestellten Sachverhalt rechtlich. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich nach Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Zu ihrer Zulässigkeit wird vorgebracht, dass mit dem bekämpften erstinstanzlichen Bescheid nur eine "vorläufige" Beschlagnahme der Geräte ausgesprochen worden sei; die Abänderung durch das LVwG sei unzulässig gewesen, da die Geräte bereits vorläufig beschlagnahmt gewesen seien und der Bescheid daher ins Leere gelaufen sei. Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Erlassung eines Bescheides über eine vorläufige Beschlagnahme. Überdies liege ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz vor: Das LVwG habe Aussagen von Zeugen verwertet, die es nicht selbst gehört habe und an die die revisionswerbende Partei keine Fragen hätte stellen können. Die Einvernahme des Finanzpolizisten, der die Geräte in eingeschaltetem Zustand gesehen habe, sei notwendig gewesen, um sich einen Eindruck von dessen Glaubwürdigkeit zu verschaffen und um Fragen zu stellen. Es habe kein Hindernis für die Ladung der Zeugen vorgelegen. Bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift wäre das LVwG zu einem günstigeren Ergebnis gelangt, nämlich, dass kein Verdacht vorliege, dass verbotene Ausspielungen veranstaltet worden seien, weshalb der Verfahrensmangel für die rechtliche Beurteilung relevant sei. Weiters habe das LVwG den Akteninhalt nicht verlesen, sich jedoch bei seinen Feststellungen darauf gestützt;
es dürfe jedoch bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht genommen werden, was in der Verhandlung vorgekommen sei;
diesbezüglich existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es habe keine unmittelbaren Beweisergebnisse gegeben, wonach Walzenspiele angeboten worden seien.
5 Die Revision erweist sich als unzulässig:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet.
10 Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Bestimmung sowie dem Verhandlungsprotokoll, nach dessen Inhalt die Vertreterin der revisionswerbenden Partei erklärt hat, dass ihr die Gesamtakten der ersten und zweiten Instanz bekannt seien und sie auf deren Verlesung verzichte, ist aus dem Vorgehen des LVwG, sich bei der Entscheidungsfindung auf Elemente zu stützen, auf deren Verlesung verzichtet wurde, nicht zu erkennen, dass ein relevanter Verfahrensmangel stattgefunden hat.
11 Fraglich ist, ob aufgrund des diesbezüglich in der Beschwerde gestellten Antrages, alle Kontrollorgane zu vernehmen gewesen wären. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben: Soweit die Revision nämlich durch die Unterlassung der Einvernahme von Zeugen in der mündlichen Verhandlung einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze bzw. eine konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet (vgl. zum Unmittelbarkeitsgrundsatz jüngst VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0159), ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 3.4.2019, Ra 2019/17/0021, mwN). Mit ihrem Vorbringen zeigt die revisionswerbende Partei die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf. 12 Die Revision erblickt weiters eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darin, dass im Spruch des erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheids eine "vorläufige" Beschlagnahme ausgesprochen werde und eine solche durch Bescheid unzulässig sei.
13 Gemäß § 53 Abs. 2 GSpG sind die Organe der öffentlichen Aufsicht berechtigt, unter näher genannten Voraussetzungen die in § 53 Abs. 1 GSpG genannten Gegenstände vorläufig in Beschlag zu nehmen. Die Behörde hat sodann ein Verfahren gemäß § 53 Abs. 3 GSpG einzuleiten und allenfalls gemäß § 53 Abs. 1 GSpG die Beschlagnahme mit Bescheid zu verfügen. Die Frage, ob eine vorläufige Beschlagnahme durch Organe der öffentlichen Aufsicht vorliegt oder eine Beschlagnahme mit Bescheid verfügt wurde, ist hinsichtlich des Rechtsschutzes von Bedeutung (vgl. VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0100).
14 Bei jeder Beschlagnahme handelt es sich jedoch um eine vorläufige Maßnahme der Entziehung eines Gegenstandes aus der Verfügungsmacht eines Betroffenen mit dem Zweck der Sicherung während des Verfahrens darüber, was mit dem Gegenstand endgültig zu geschehen hat. (VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0103, Rn. 28). Die Verwendung des Wortes "vorläufig" allein bewirkt daher nicht, dass die Erlassung eines Bescheides durch die Behörde, die sich im Spruch auch explizit auf § 53 Abs. 1 GSpG stützt, unzulässig wäre:
Gegenstand des Beschlagnahmeverfahrens waren nach dem eindeutigen Spruch dieses Bescheides die am 1. Juni 2017 von Organen eines bestimmten Finanzamtes vorläufig beschlagnahmten Gegenstände (vgl. zur Zulässigkeit der Anordnung einer Beschlagnahme durch die Rechtsmittelbehörde, selbst wenn die erstinstanzliche Behörde die Aufhebung der Beschlagnahme verfügt hatte: VwGH 15.11.2012, 2012/17/0334). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht.
15 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.
16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 23. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170053.L00Im RIS seit
13.08.2019Zuletzt aktualisiert am
13.08.2019