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L36058 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe VorarlbergNorm
BAO §224Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2019/15/0033 E 28.05.2019Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der M L in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 11. Jänner 2019, Zl. LVwG- 358-7/2017-R11, betreffend u.a. Kriegsopferabgabe für August 2012 bis Jänner 2015 samt Säumniszuschlag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird - soweit mit ihm über die Festsetzung der Kriegsopferabgabe zuzüglich eines Säumniszuschlags für den Zeitraum Februar 2013 bis Februar 2014 sowie Mai 2014 bis Jänner 2015 abgesprochen wird - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin war im Streitzeitraum Geschäftsführerin (später Liquidatorin) der mittlerweile im Firmenbuch gelöschten X GmbH.
2 Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 setzte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz gegenüber der Revisionswerberin Kriegsopferabgabe für die X GmbH für die Monate August 2012 bis Januar 2015 ("Internet-PCs" als Wettterminals an zwei Standorten) mit insgesamt 36.400 EUR und Säumniszuschläge von 728 EUR fest. Weiters wurde die Revisionswerberin für diese aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der X GmbH in Anspruch genommen. 3 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Festsetzungsbescheid. Sie machte insbesondere geltend, ab dem 31. Oktober 2013 habe die X GmbH keine Umsätze mehr erzielt. Es seien sodann keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen (weder für die Zahlung der Kriegsopferabgabe noch für sonstige Verbindlichkeiten). 4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Jänner 2017 gab der Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz der Berufung betreffend Haftung teilweise Folge und änderte den Haftungsbetrag auf 21.000 EUR an Kriegsopferabgabe für den Zeitraum August 2012 bis Jänner 2014 und die auf diesen Zeitraum entfallenden Säumniszuschläge in Höhe von 420 EUR ab. Betreffend Festsetzung der Kriegsopferabgabe wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde u. a. ausgeführt, ab dem 16. Februar 2014 könne davon ausgegangen werden, dass keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien; der Haftungszeitraum sei daher auf Abgabenzeiträume bis Jänner 2014 einzuschränken. 5 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde teilweise Folge. Betreffend Festsetzung der Kriegsopferabgabe entfiel die Abgabe für einen der beiden Standorte; für den anderen Standort wurde die Abgabe für die Monate Februar 2013 bis Jänner 2015 (ohne März und April 2014) mit insgesamt 15.400 EUR und der Säumniszuschlag mit 308 EUR festgesetzt. Die Haftung wurde für Kriegsopferabgabe für Februar 2013 bis Jänner 2014 in der Höhe von 8.400 EUR sowie für Säumniszuschlag von 168 EUR geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision gemäß § 25a VwGG unzulässig ist.
7 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei seit dem 14. Dezember 2011 selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der X GmbH gewesen. In der Generalversammlung am 31. Oktober 2013 hätten die Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft beschlossen; gleichzeitig sei die Revisionswerberin zur Liquidatorin bestellt worden. Am 6. November 2014 sei die X GmbH im Firmenbuch gelöscht worden.
8 Die X GmbH habe von Februar 2013 bis Februar 2014 und von Mai 2014 bis Jänner 2015 (22 Monate) an einem Standort in Bregenz ein Wettterminal aufgestellt. Die X GmbH habe keine Kriegsopferabgabe an die Stadt abgeführt. Ob die X GmbH an dem zweiten im Bescheid des Bürgermeisters genannten Standort ein Wettterminal aufgestellt habe, habe nicht festgestellt werden können. Die X GmbH habe bis Anfang 2014 über Mittel verfügt, um die Kriegsopferabgabe zumindest teilweise zu begleichen. Die Revisionswerberin habe nie dafür gesorgt, dass die X GmbH Kriegsopferabgabe an die Stadt abführe.
9 Mit dem von der X GmbH aufgestellten PC sei es möglich gewesen, den Wettgegenstand und den Wetteinsatz festzulegen; auch ein Computer sei als Wettterminal anzusehen, wenn er zu dem Zweck aufgestellt worden sei, die Teilnahme an Wetten zu ermöglichen. 10 Die Abgabe sei bei der X GmbH uneinbringlich. Die Revisionswerberin habe schuldhaft ihre Pflichten verletzt, weil sie als Geschäftsführerin nie dafür gesorgt habe, dass die Kriegsopferabgabe an die Stadt entrichtet werde, obwohl finanzielle Mittel vorhanden gewesen seien. Sie habe nie vorgebracht, bei der Abgabenbehörde Erkundigungen eingeholt oder die Auskunft erhalten zu haben, es liege keine Abgabepflicht vor. Ab Februar 2014 seien keine liquiden Mittel vorhanden gewesen; die Revisionswerberin hafte daher für die Kriegsopferabgabe bis Jänner 2014.
11 Gegen dieses Erkenntnis - soweit der Beschwerde keine Folge gegeben wurde - wendet sich die Revision. Die Revisionswerberin erachtet sich in ihren Rechten verletzt, dass ihr gegenüber nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Kriegsopferabgabe zuzüglich eines Säumniszuschlags festgesetzt wird und dass sie nicht zur Haftung für eine gegenüber der X GmbH zu Unrecht festgesetzte Kriegsopferabgabe zuzüglich eines Säumniszuschlages herangezogen wird.
12 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, zur Beurteilung des Vorliegens eines Wettterminals seien fallbezogene Feststellungen zu treffen, ob die technische Einrichtung - hier der Personal Computer - auch zur Ermöglichung der Wettteilnahme (und zur Erzielung von Einnahmen daraus) oder etwa nur zum Zweck des Internetsurfens aufgestellt worden sei (Hinweis auf VwGH 19.12.2018, Ra 2018/15/0044). Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von einem unzutreffenden Bedeutungsinhalt des Begriffes "Wettterminal" keine näheren Feststellungen zur technischen Einrichtung getroffen. Hätte das Verwaltungsgericht entsprechende Feststellungen getroffen, hätte sich ergeben, dass es sich um kein "Wettterminal" handle. Allenfalls liege hiezu ein Begründungsmangel vor. Schließlich liege ein Widerspruch insoweit vor, als das Verwaltungsgericht feststelle, dass die X GmbH am 6. November 2014 im Firmenbuch gelöscht worden sei, anderseits aber davon ausgehe, dass die X GmbH bis Jänner 2015 ein Wettterminal aufgestellt habe; es sei auch bis Jänner 2015 Kriegsopferabgabe vorgeschrieben worden.
13 Der Verwaltungsgerichtshof leitete daraufhin das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG). Sowohl die belangte Behörde (Bürgermeister) als auch die weitere Partei (Vorarlberger Landesregierung) haben Revisionsbeantwortungen eingebracht.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revision ist - soweit sie die Festsetzung von Kriegsopferabgabe zuzüglich eines Säumniszuschlags betrifft - zulässig; sie ist auch berechtigt.
16 Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (vgl. dazu VwGH 25.4.2019, Ra 2019/13/0032).
17 Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (vgl. VwGH 10.5.2010, 2009/16/0226). 18 Durch § 248 BAO ist dem Haftenden allerdings ein eigenständiger Rechtszug gegen den seiner Haftungsinanspruchnahme zugrundeliegenden Abgabenbescheid eingeräumt.
19 Dazu bringt die Revisionswerberin im Wesentlichen vor, der in der (nicht von der X GmbH betriebenen) Tankstelle aufgestellte revisionsgegenständliche PC sei kein Wettterminal und unterliege daher auch nicht der Kriegsopferabgabe.
20 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zur Vorarlberger Gemeindevergnügungssteuer ergangenen Erkenntnis vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/15/0044, mwN, ausgesprochen hat, reicht zwar für das Vorliegen eines Wettterminals die abstrakte Eignung der technischen Einrichtung zur Wettteilnahme aus. Ein für viele verschiedene Zwecke einsetzbares Gerät, wie es ein Computer oder ein Mobiltelefon ist, ist jedoch nicht in jedem Fall als Wettterminal zu behandeln. Hiefür ist es notwendig, dass die technische Einrichtung (auch) zum Zweck der Ermöglichung der Wettteilnahme (und der Erzielung von Einnahmen daraus) aufgestellt wurde.
21 Mangels konkreter Feststellungen kann fallbezogen nicht abschließend beurteilt werden, ob die technischen Einrichtungen von der X GmbH auch zur Ermöglichung der Wettteilnahme (und zur Erzielung von Einnahmen daraus) oder - wie von der Revisionswerberin behauptet - nur zum Zweck des Internetsurfens aufgestellt wurden, wobei die Revisionswerberin auch in der Revision offen lässt, worin diesfalls das geschäftliche Interesse der X GmbH an der Aufstellung eines PCs in einer nicht von ihr betriebenen Tankstelle gelegen wäre. Dass keine Internetseite eines Wettanbieters als Startseite vorinstalliert war, schließt die Annahme eines Wettterminals - entgegen den Revisionsausführungen - nicht bereits aus.
22 Ausführungen in den Revisionsbeantwortungen vermögen fehlende Sachverhaltsfeststellungen des LVwG nicht zu ersetzen. 23 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z l VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Fehlen wesentlicher Feststellungen auf Grund unrichtiger Rechtsansicht) aufzuheben.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am 28. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150032.L00Im RIS seit
08.08.2019Zuletzt aktualisiert am
08.08.2019